Untertitel:
Neun Erzählungen und eine Novelle
Genre:
Historische Romane & Erzählungen
Herausgeber:
Dagyeli Verlag
Erscheinungsdatum:
28.02.2025
Anoush Sargsyan schreibt unverblümt über das, was Frauen an der postsowjetischen Peripherie, in einem armen Land im permanenten Ausnahmezustand widerfährt. Ihre Heldinnen sind selbstbewusst und trotzen dem lähmenden Gefühl, keinen Ausweg aus bedrückenden, bleiernen Verhältnissen zu finden; sie überstehen komplizierte Geburten, lieblose Ehen, abwesende Männer in der Arbeitsmigration, Selbstmord der Kinder, patriotische Nachbarinnen mitsamt Heldengesängen, unerfülltes Begehren, missglückte Fluchten in Social-Media-Welten. Anoush Sargsyan ist die erste auf Armenisch schreibende Autorin, die ins Deutsche übersetzt wurde. Sie gehört zu einer neuen Generation von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die sich aus den sowjetischen Erzählmustern gelöst haben und eine eigenständige, nachkoloniale armenische Kultur vertreten.
Autorentext
Anoush Sargsyan wurde am 10. März 1971 im georgischen Tbilisi geboren, wuchs im armenischen Kirowakan auf und studierte in Jerewan Journalistik. Sie arbeitete als Reporterin und stellvertretende Chefredakteurin, gründete und leitete die monatliche Kulturzeitschrift »Barepasht Sesad« (2007 2012) und die Zeitung »Oragir« (2000 2004). Sie ist seit 1999 Mitglied der Journalistenvereinigung der Republik Armenien und seit 2022 der Armenischen Sektion des PEN International. Ihre Kurzgeschichten und Essays wurden bislang ins Englische, Georgische, Russische, Arabische, Persische und Rumänische übersetzt. Ihr Erzählband »Ano« gewann den ersten Preis in der Kategorie Prosa des 3. Jerewaner Bücherfestes 2019 und stand 2021 auf der Shortlist der fünf armenischen Kandidaten für den Literaturpreis der Europäischen Union. Sie ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Leseprobe
Die Menschen in Kleinstädten werden einfach sehr schnell erwachsen. Es fehlt ihnen an Plätzen, wo sie sich hinter den bequemen Kissen großer Cafés, hinter Wolkenkratzerträumen, im Smog aus Autohupen und Verkehrsstaus verstecken können. Verlässt ein Kleinstadtbewohner sein Haus, weiß er, dass die »Menge« ihn im Blick hat, ihm überall hin folgt und, die Straße im Auge behaltend, auf seine Rückkehr am Abend wartet. Der Nachtwächter am Markt, der Lehrer, der Grabsteinmetz und der Bäcker gleich nebenan: Sie wissen mehr über die Straße als der Bürgermeister. Kleinstädte sind Theaterbühnen, auf denen jeder Schauspieler, und je nach Saison Held oder Opfer ist. Am schwierigsten ist es, still auf den Zuschauerplätzen zu sitzen und nur zuzuschauen, denn das Theater braucht die Publikumskritik, zumindest dessen Emotionen. Ein Zuschauer ist immer aufmerksamer und kritischer, er bemerkt Dinge, die die Menschen auf der Bühne noch gar nicht verstanden haben. Hier ist der Zuschauerraum fast leer, denn alle wollen auf der Bühne stehen. Die Frauen in Kleinstädten sind großartig. Sie reifen früh heran. Sobald sie zu Erwachsenen werden, beginnt ihre Heldinwerdung. Für eine Frau in der Kleinstadt ist der wesentliche Sinn ihres Lebens, eine Heldin zu sein. Von Zeit zu Zeit sieht man die immer gleichen Frauen mit der gleichen Frisur, der gleichen Haarfarbe und den gleichen Taschen, wie sie an den Bushaltestellen der Stadt von einem Fuß auf den anderen treten und auf ein öffentliches Verkehrsmittel warten. Die tragenden Säulen einer Kleinstadt sind sie, die sich Tag für Tag verbiegen, verbiegen lassen, grau und zahnlos werden, und dennoch Heldinnen bleiben. Zugleich könnten sie als Opfer bezeichnet werden. Aber ganz ehrlich, wo ist da der Unterschied? Es ist ein Schwingen von einem Extrem zum anderen, nach Prinzipien, die von der Antike an bis heute ungebrochen weiterwirken. Diese Frauen könnten einer Welt im Aufbruch mit ihren Prinzipien eine Lektion erteilen: Warten, sich hingeben, selbst das Unliebsame lieben. Bis der Gedanke an Unbescholtenheit und Anstand endlich ihre Geduld erschöpft und Gott im Himmel zu zweifeln beginnt, ob nicht Mann und Frau die verbotene Frucht sich nur zum Ausprobieren erschaffen haben.
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