Der geheimnisvolle Fremde

Der geheimnisvolle Fremde

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783981348255
Untertitel:
Die Abenteuer des jungen Satan
Genre:
Fantastische Literatur
Autor:
Mark Twain
Herausgeber:
Pandämonium
Anzahl Seiten:
164
Erscheinungsdatum:
31.10.2012
ISBN:
978-3-9813482-5-5

Österreich im Mittelalter: In Eselsdorf taucht eines Tages ein fremder Junge auf, der über geheimnisvolle Kräfte verfügt. Er gibt sich den Jugendlichen des Dorfes als ein Neffe Satans zu erkennen, und mit seiner Ankunft häufen sich seltsame Ereignisse. Doch was er dem jungen Theodor, der zu seinem besten Freund wird, über die Welt und den Sinn des Lebens zu berichten hat, ist voller Tiefe und Weisheit.

Autorentext
Mark Twain, geboren am 30. November 1835 in Florida, Missouri, hieß mit bürgerlichem Namen Samuel Langhorne Clemens. Sein erstes Geld verdiente er sich als Schriftsetzer und Journalist; mit 20 Jahren wurde er Steuermann auf einem Mississippi-Dampfer. Seine ersten literarischen Erfolge feierte er als etwa 30-jähriger. Sein namhaftestes Werk der legendäre Huckleberry Finn erschien im Jahre 1884; es setzt sich, wie viele Werke Mark Twains, auf kritische Weise mit Heuchelei, Verlogenheit und Rassismus auseinander. Der Schriftsteller

Leseprobe
Sie war wundervoll, die Herrschaft Satans über Zeit und Raum. Für ihn existierte all das gar nicht. Er nannte es eine Erfindung der Menschen etwas künstlich Erdachtes. Oft reisten wir mit ihm zu den entlegensten Teilen dieses Planeten, um dort Wo-chen und Monate zu verbringen, und dennoch war bei unserer Rückkehr nicht mehr als der Bruchteil einer Sekunde vergan-gen. Die Uhr lieferte den Beweis. Eines Tages, als die Einwohnerschaft unseres Dorfes völlig aufgelöst war, weil die Kommission für Hexenverfolgung sich nicht traute, gegen den Astrologen und die Hausgemeinschaft von Pater Petrus vorzugehen, und überhaupt nur noch den Mut hatte, sich die Armen und Verlassenen vorzuknöpfen, war es mit der Geduld der Leute vorbei, und sie begannen auf eigene Faust mit der Hexenjagd. Sie verfolgten eine Frau aus gutem Hause, von der es hieß, sie würde andere mittels teuflischer Künste von ihren Krankheiten heilen, und zwar, indem sie sie badete, wusch und ihnen zu essen gab anstatt sie zur Ader zu lassen und ihnen Klistiere zu verabreichen. Sie kam die Straße hinabgerannt, eine johlende und schimpfende Menge ihr dicht auf den Fersen, und flehte an vielen Häusern um Zuflucht, doch man schlug ihr die Tür vor der Nase zu. Mehr als eine halbe Stunde liefen sie hinter ihr her, und wir folgten ihnen, um alles aus der Nähe zu sehen, doch irgendwann war sie zu er-schöpft, um weiterhin zu fliehen: Sie brach zusammen, und die Menge schnappte sie sich. Sie banden sie an einen Baum, war-fen einen Strick über ihren Körper, den sie zu einer Schlinge verknoteten, während andere sie festhielten, und sie schrie und bettelte, und ihr Töchterlein stand auch dabei und weinte, wag-te es aber nicht, etwas zu sagen oder zu tun. Dann henkten sie die Dame, und ich warf einen Stein nach ihr, auch wenn es mir in meinem Herzen leid um sie tat; aber schließlich warfen alle mit Steinen, und jeder hatte seinen Nebenmann fest im Visier, und hätte ich es ihnen nicht gleichge-tan, wäre das sicher aufgefallen, und man hätte über mich getuschelt. Satan brach in helles Gelächter aus. Alle, die in seiner Nähe standen, wandten sich zu ihm um, erstaunt, aber keineswegs erfreut. Es war nicht der passende Zeitpunkt, um zu lachen, denn seine freizügige und spöttische Art und der übernatürliche Hauch, der ihn umgab, hatten unter vielen Dorfbewohnern eine Art Misstrauen gegen ihn geweckt und ihm viele Feinde eingebracht. Nun war es der große, kräftige Schmied, der auf ihn aufmerksam geworden war und seine Stimme erhob, so dass jeder es hören konnte: Was gibt es da zu lachen? Sprich es aus! Und vor allem, erkläre den anderen, wieso du als einziger keinen Stein gewor-fen hast! Seid ihr euch sicher, dass ich keinen Stein geworfen habe? Ja. Du brauchst gar nicht erst versuchen, dich rauszureden. Ich habe dich genau beobachtet. Ich auch! Ich hab's auch gesehen! riefen zwei andere. Drei Zeugen also, sagte Satan. Müller, der Schmied; Klein, der Metzger; und Pfeiffer, der Webergeselle. Drei ganz gewöhnliche Lügner. Sonst noch jemand? Es spielt keine Rolle, ob es sonst noch jemand gesehen hat. Es spielt auch keine Rolle, als was du uns betrachtest. Drei Zeugen reichen, um über deinen Fall zu entscheiden. Beweise uns, dass du einen Stein geworfen hast, sonst wird die Sache für dich ein bitteres Ende nehmen. So ist es! schrie die Meute und drang so nahe wie möglich an den Ort des Geschehens vor. Und zunächst beantwortest du meine erste Frage, schrie der Schmied, zufrieden damit, als Sprachrohr der Menge und Held der Stunde in Erscheinung treten zu können. Worüber lachst du? Satan lächelte und antwortete freundlich: Ich lache darüber, drei Feiglinge zu sehen, die eine sterbende Dame steinigen, wo sie doch selbst dem Tod so nahe sind. Man konnte sehen, wie die abergläubische Meute in sich zusammensank und als Folge des unerwarteten Schreckens den Atem anhielt. Mit gespieltem Wagemut antwortete der Schmied: Pah! Woher willst du das denn wissen? Ich? Ich weiß alles. Ich bin von Beruf Wahrsager. Ich kann den Leuten aus der Hand lesen, und ich habe es getan, als ihr drei eure Hände hobt, um mit Steinen nach der Frau zu werfen. Einer von euch wird nächste Woche sterben, der andere heute Nacht, und der Dritte von euch hat nur noch fünf Minuten zu leben. Seht auf die Uhr da drüben! Diese Worte machten Eindruck. Die Gesichter der Anwesenden erblassten, und alle starrten sie wie gelähmt auf die Uhr. Der Metzger und der Weber wirkten auf einmal wie krank; nur der Schmied nahm all seinen Mut zusammen und tönte weiter herum: Na, für deine letzte Weissagung bleibt dir ja nicht mehr viel Zeit. Wenn sie nicht eintrifft, junger Meister, wirst du es sein, der die nächste Minute nicht überlebt, das versichere ich dir! Keiner sprach ein Wort; alle Blicke ruhten nur schweigend auf der Uhr. Es herrschte eine ehrfurchtsvolle Stille. Als vier-einhalb Minuten um waren, begann der Schmied auf einmal zu japsen, schlug sich mit den Händen auf die Brust und keuchte: Luft! Ich bekomme keine Luft mehr! Dann sank er zu Boden. Die Menge wich zurück, keiner bot seine Hilfe an, und wenig später war er tot. Die Leute starrten zuerst ihn an, dann Satan, dann einander. Ihre Lippen bewegten sich, doch sie brachten keinen Ton hervor. Und wiederum ergriff Satan das Wort: Drei von euch haben gesehen, dass ich keinen Stein gewor-fen habe. Sind da noch andere? Lasst sie sprechen! Eine Art Panik brach aus unter der Menge, und obwohl kei-ner auf Satans Frage antwortete, begannen sie nun, sich untereinander zu beschuldigen und zu sagen: Du hast auch behaup-tet, er hätte keinen Stein geworfen, worauf die Antwort kam: Was für eine Lüge! Das wirst du mir büßen. Und so entstand innerhalb weniger Sekunden ein lauter und wilder Aufruhr, und alle beschimpften sie sich und schlugen aufeinander ein. Nur eine nahm nicht mehr an dem Schauspiel teil die tote Frau, die an ihrem Strick baumelte, frei von Sorgen, in Frieden mit der Welt und sich selbst. Und so zogen wir von dannen, und obwohl mir unbehaglich zumute war, sprach ich doch zu mir selbst: Er sagte, er würde über die Menge lachen, aber das war eine Lüge er hat über mich gelacht. Das brachte Satan erneut zum Lachen, und er sagte: Ja, ich habe über dich gelacht. Weil du aus Angst vor dem, was andere über dich sagen könnten, selbst einen Stein nach ihr geworfen hast. In deinem Herzen jedoch war dir völlig anders zumute. Aber ich habe auch über die anderen gelacht. Warum? Weil es ihnen genauso ging wie dir. Wie meinst du das? Nun, es waren achtundsechzig Leute da, und ganze zweiundsechzig davon hatten im Grunde ebenso wenig Lust, die Frau zu steinigen wie du. Satan! Es ist wahr. Ich kenne euer Geschlecht. Ihr seid wie die Schafe. Nur einige wenige sind es, die den Ton angeben, der Rest schweigt und gehorcht. Sie unterdrücken ihre Gefühle, verstoßen gegen ihre Überzeugungen, und folgen denjenigen, die den größten Lärm veranstalten. Manchmal hat diese lautstarke Minderheit Recht, manchmal irrt sie sich; für ihre Gefolgschaft jedoc…


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