Nationalsozialismus und Biopolitik: Deutsche Bevölkerungspolitik in Ostoberschlesien 1939-1945

Nationalsozialismus und Biopolitik: Deutsche Bevölkerungspolitik in Ostoberschlesien 1939-1945

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783959350129
Untertitel:
Deutsch
Genre:
Zeitgeschichte (1946 bis 1989)
Autor:
Steffen A. Wasko
Herausgeber:
disserta verlag
Anzahl Seiten:
116
Erscheinungsdatum:
2015
ISBN:
978-3-95935-012-9

Alles, was dem Volke nützt, ist Recht, alles, was ihm schadet, ist Unrecht.
Dieses Zitat Hans Franks, Hitlers Kronjurist und Generalgouverneur, bekannt als Schlächter von Polen , konzentriert Prinzipien, Anspruch und Praxis nationalsozialistischer Bevölkerungspolitik in einem Satz. Hierarchisierung und Selektion, Integration und Ausschluss, Förderung und Reduzierung sind die Logiken eines solchen Denkens einer permanenten Evolution des Volkes.
Doch was ist dieses Volk? Eine stichhaltige Definition sucht man in den zeitgenössischen Quellen vergebens.
Die vorliegende Arbeit stellt die Frage, wie die Deutschen den Begriff des deutschen Volkes in der Praxis in einem ethnisch heterogenen Mikrokosmos anwendeten. In Ostoberschlesien lebten Deutsche, Polen und Tschechen zwischen Neiße und Warthe zusammen mit Slonzaken, Wasserpolen und Oberschlesiern.
Hitler, der die Zukunft Deutschlands in jenem Osten sah, hatte schon immer für eine Germanisierung plädiert, die nur am Boden vorgenommen werden kann, niemals an Menschen. Damit wird deutlich: Die Fragen der Bevölkerungspolitik mussten mit der Annexion Ostoberschlesiens 1939 komplexer werden und die gefundenen Antworten umso radikaler.

Autorentext
Steffen A. Wasko, geboren in Heilbronn, studierte in Freiburg, Berlin und Patras Geschichte, Philosophie, Geographie und Latein. Nach verschiedenen Auslandsaufenthalten, u.a. in Paris, Jerusalem, Tripolis, legte er 2014/15 das erste Staatsexamen in Geschichte, Philosophie und Geographie ab. Während seines Studiums spezialisierte er sich auf Deutschland und Polen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, im Besonderen auf die deutsche Besatzungspolitik 1939-45. In der Philosophie gilt sein Forschungsinteresse den kritischen Theorien der Moderne, insbesondere den Frühschriften Karl Marx', der Kritische Theorie und auch der Kritik Heideggers an der Moderne. Momentan arbeitet Wasko in Freiburg i.Br. an seiner Promotion zu den Verbindungen Heideggers Zeug- und Dingbegriffs zu den Marxschen Frühschriften.

Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 4, Felder der Bevölkerungspolitik im Regierungsbezirk Kattowitz:
Nachdem die Ausgangslage der Besatzungspolitik erörtert worden ist, sollen nun im Folgenden zwei Felder der biopolitischen Bevölkerungspolitik im Regierungsbezirk Kattowitz untersucht werden. Den ersten Teil bildet der Themenkomplex räumliche Exklusion und Integration . Meines Erachtens wurde bereits allein durch die Grenzziehung nach Außen wie nach Innen bestimmt, welche Bevölkerungsteile in das Deutsche Reich integriert und welche ausgeschlossen werden sollten. Der darauf folgende Themenkomplex beschäftigt sich mit der Erfassung der Bevölkerung im Regierungsbezirk Kattowitz.
4.1 Räumliche Exklusion und Integration:
4.1.1 Die Grenzziehung:
Die Frage nach dem konkreten Grenzverlauf gab im Herbst 1939 Anlass für eine weitläufige Kontroverse in der nationalsozialistischen Führungsriege. Denn wie weit die Grenzen nach Osten ausgeweitet werden sollten, war noch unklar geblieben. Angesichts der Tatsache, dass eine weitgehende Annexion West- und Nordpolens neben einer größeren Autonomie in der Lebensmittelversorgung, auch einen erheblichen unerwünschten Bevölkerungszuwachs mit sich brachte, sollte die Grenzfrage zu einer Gratwanderung zwischen antagonistischen Prämissen werden. Hitler hatte schon mehrfach deutlich gemacht, dass die Wiederherstellung der Grenzen von 1914 nicht ausgereicht hätte, um die innere Geschlossenheit des deutsche Volkes und seine Ernährung sicherzustellen, geschweige denn, dass diese militärisch gesehen sinnvoll gewesen wäre. Der Fortbestand des deutschen Volkes könne nur durch die Erweiterung seines Lebensraums gesichert werden.
Es standen verschiedene Konzepte im Raum, die von maximalistischen, von Seiten des Wehrwirtschaftsstabes unter General Thomas, bis hin zu eher verhaltenen Vorschlägen seitens der Zivilverwaltung reichten. Mit der genauen Ausarbeitung des Grenzverlaufes beauftragte man eine Kommission im RMdI unter Dr. Ernst Vollert, dem Leiter der Abteilung für Volkstumsfragen im RMdI. Vollert hatte, ähnlich wie auch Albert Forster und Josef Wagner, Bedenken das Reichsgebiet über das ehemalige preußische Territorium hinaus zu erweitern, da er vor allem hinsichtlich Westpreußens die Aussiedelung von über fünf Millionen Polen für ein zu großes und schwieriges Unterfangen hielt. Dass das Reichsgebiet ethnisch homogen werden sollte, war durch alle Reihen hindurch Konsens. Daher sprach sich auch Vollert in seinem Memorandum Vorschlag zur territorialen Begrenzung von Westpreußen dafür aus, das Reichsgebiet auf die Grenzen von 1914 zu beschränken, da auf diesem Weg die vornehmste Aufgabe [ ] dieses alte deutsche Land möglichst schnell wieder zu einem deutschen Lande zu machen, am effektivsten und erfolgreichsten erfüllt werden könnte.
Was Vollert für Westpreußen forderte, wollte Wagner in Oberschlesien durchsetzen. Ihm war aufgrund seiner Erfahrungen in Westoberschlesien in der Zwischenkriegszeit durchaus bewusst, dass sich die Germanisierung in Ostoberschlesien als ein weitaus komplizierteres Unterfangen herausstellen sollte, als der Volkstumskampf in Westoberschlesien. Das ethnisch zerklüftete Ostoberschlesien war von Bevölkerungsgruppen bewohnt, die sich in ihrem Selbstverständnis als Polen, Tschechen, Deutsche, Juden und/oder Schlesier wahrnahmen und wie bereits weiter oben erwähnt, sich auch zum Teil rassisch als eigenblütige[s] Einheitsvolk slavo-germanischer Blutmischung wahrgenommen hatten. Mit dem Wissen um diese komplizierte ethnische Gemengelage, musste Wagner die Forderung nach einer rigorosen Erweiterung Oberschlesiens angesichts des Germanisierungsauftrags wie eine Zumutung erscheinen. Zusammen mit dem Präsidenten des Zivilstabes, Otto Fitzner, erhob er Protest. Für Fitzner war die Annexion der Gebiete östlich der Reichsgrenze von 1914 ebenso nicht tragbar. Er vertrat die Ansicht, dass man eine Eingliederung der Kreise zwischen Tschenstochau (Cz stochowa) u


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