Medienbildung in der Schule nein danke? Warum deutsche Lehrer in ihrem Unterricht den Computer meiden

Medienbildung in der Schule   nein danke? Warum deutsche Lehrer in ihrem Unterricht den Computer meiden

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783958204881
Untertitel:
Deutsch
Genre:
Soziologische Theorien
Autor:
Markus Niederastroth
Herausgeber:
Bachelor + Master Publishing
Auflage:
Erstauflage
Anzahl Seiten:
52
Erscheinungsdatum:
2015
ISBN:
978-3-95820-488-1

Seit über 30 Jahren empfiehlt die Kultusministerkonferenz, digitale Medien in die Lehr- und Bildungspläne zu integrieren, diese fächerübergreifend im Unterricht einzusetzen und die Lehrerinnen und Lehrer entsprechend fortzubilden. Trotzdem wird der PC in keinem Land so selten im Unterricht eingesetzt wie in Deutschland, so die ICILS 2013. Gründe für die seltene PC-Nutzung im Unterricht beleuchtet diese Arbeit. Neu ist, dass sich diese Untersuchung nicht nur auf die schulische IT-Ausstattung, die Fachkenntnisse der Lehrer und deren beruflichen Habitus beschränkt, sondern zusätzlich auch semiberufliche Motive, rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen betrachtet. Denn auch hier lassen sich Ursachen für die Medienabstinenz im Unterricht finden. Im Ergebnis zeigt diese Arbeit erdrückend viele Gründe dafür auf, warum Lehrer den PC im Unterricht nicht nutzen können, wollen und dürfen. Dabei erhebt die hier vorliegende Arbeit jedoch nicht den Anspruch, dieses komplexe Thema vollständig darzustellen. Vielmehr bietet sie viele Anregungen zum Weiterdenken und -forschen.

Autorentext
Markus Niederastroth, Jahrgang 1968, ist Diplom-Kaufmann und unterrichtet am Ludwig-Erhard-Berufskolleg der Bundesstadt Bonn. Herr Niederastroth hat die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe II in den Fächern Wirtschaftswissenschaft, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Absatz und Marketing. Digitale Medien bilden seit vielen Jahren einen festen Bestandteil seines Unterrichts. Projektarbeiten wurden 2006 von Schulen ans Netz, 2009 vom eco Verband der deutschen Internetwirtschaft und 2011 von der Gesellschaft für Informatik ausgezeichnet. Darüber hinaus arbeitete Herr Niederastroth an der Webseite Ethos mit, die 2012 den Max-Weber-Preis für Wirtschaftsethik in der Kategorie Schul- und Lehrbuchprojekte erhielt. 2014 erschien diese Arbeit dann als Schulbuch und wurde Ende desselben Jahres von der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT als Schulbuch des Jahres Ökonomische Bildung 2014/15 ausgezeichnet. An der FernUniversität in Hagen führt Herr Niederastroth im Master Bildung und Medien - eEducation seine praktischen Erfahrungen mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammen. Ein Ergebnis dieses Prozesses ist die vorliegende Arbeit, die 2015 für das Lehrgebiet Internationalisierung von Bildungsprozessen entstand und für diese Veröffentlichung überarbeitet wurde.

Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 5.2.5, Negative temporäre Anreize:
Neben dem privaten, finanziellen Engagement erwartet der Dienstherr auch ein erhebliches privates, zeitliches Engagement. Dass dieses Engagement zwingend privat sein muss, lässt sich daraus schlussfolgern, dass die Lehrer auch ohne IT-Fortbildungen bereits bis zu 50 Stunden pro Woche arbeiten (Mußmann & Riethmüller, 2014, S. 26) und während der Dienstzeit für umfangreiche Fortbildungen einfach keine Zeit ist.
Wie groß der vom Dienstherrn gewünschte private, zeitliche Einsatz tatsächlich ist, lässt sich erahnen, wenn man sich vor Augen führt, wie umfangreich sich Lehrer fortbilden müssten, um die KMK-Empfehlung im Unterricht umzusetzen:
Bereits in der ICILS 2013 wurde der unterrichtliche Einsatz von Übungssoftware oder Trainingsprogrammen, Textverarbeitungs- oder Präsentationsprogrammen, Simulations- und Modellierungsprogrammen, Sozialen Medien, Kommunikationsprogrammen und computerbasierten Informationsquellen abgefragt (Anlage 2).
Im Bereich der beruflichen Bildung sind darüber hinaus häufig Excel-, Outlook- und Access-Kenntnisse nötig. DATEV- oder SAP-Kenntnisse werden in Abhängigkeit vom Ausbildungsberuf genauso verlangt wie Programmierkenntnisse. Und falls im Unterricht mit Wikis gearbeitet wird, wäre es sinnvoll, wenn die Lehrer zumindest über rudimentäre HTML-Kenntnisse verfügten.
Wenn die Schüler im Unterricht mit ihren eigenen mobilen Endgeräten arbeiten, müssen die Lehrer zudem die Software der Schüler kennen, um die Lerner bei Bedarf unterstützen zu können. Das bedeutet, dass die Lehrer sich mit den diversen Microsoft-, Apple-, OpenOffice- und Linux-Produkten auskennen müssen, die ihre Schüler mit in den Unterricht bringen. Ergänzend scheinen Kenntnisse in der Menüführung der verschiedenen Smartphones sinnvoll, um BYOD auf allen Wegen unterstützen zu können. Denn auch wenn die Lehrer die Tasten der Schüler-Smartphones nicht selber drücken sollen (Kapitel 4.3.4), so sollen sie hier doch beraten können.
Dass Lehrer sich diese Kenntnisse neben einer bis zu 50-Stunden-Woche privat aneignen, scheint kaum möglich und ist vom Dienstherren auch nicht so gewollt. Denn eigentlich soll ein Beamter gemäß
2 Abs. 1 AZVO durchschnittlich nur 41 Stunden pro Woche arbeiten.
5.2.6, Faktor Alter:
Immer wieder werden Studien veröffentlicht, die eine negative Korrelation von ansteigendem Lebensalter und abnehmendem schulischen PC-Einsatz von Lehrern belegen (BITCOM, 2011, S. 16; Eickelmann, Gerick, & Bos, 2014, S. 20). Offen bleibt in diesen Studien jedoch, warum die Lehrer mit zunehmendem Alter den PC seltener nutzen.
Vor dem Hintergrund, dass ältere Menschen - unabhängig davon, ob sie Lehrer sind oder nicht - im Durchschnitt über weniger technisches Know-how als jüngere Menschen verfügen, erwecken solche Studien nicht selten implizit den Eindruck, dass ältere Lehrer wegen ihres unzureichenden technischen Verständnisses die PC-Nutzung scheuen. Ausgeschlossen werden kann diese Möglichkeit nicht. Doch handelt es sich hierbei sicher nicht um die einzige Erklärung.
So besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass insbesondere ältere Lehrer vom didaktischen Mehrwert digitaler Medien nicht überzeugt sind (Kapitel 5.2.1). Bis heute können sie sich auf Studien stützen, die einen durchschnittlichen Null-Effekt belegen (Falck, Mang & Wößmann, 2015, S. 22). Insofern besteht die Möglichkeit, dass gerade ältere Lehrer, die über viele Jahre erfolgreich ohne Medien unterrichtet haben, an ihren bewährten, medienlosen Unterrichtskonzepten festhalten - unabhängig von ihrem technischen Know-how (ISB, 2007, S. 33).
Ein weiterer Erklärungsansatz ist, dass die Berufszufriedenheit mit der schulischen PC-Nutzung korreliert. Denn nach einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach schätzen ältere Lehrer und Lehrer mit größerer Berufserfahrung ihren Beruf weniger attraktiv ein als jüngere und unerfahrenere Lehrer (2012, S. 14).


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