Godot hinter Gittern

Godot hinter Gittern

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783957321244
Untertitel:
Eine Hochstaplergeschichte
Genre:
Romanhafte Biografien
Autor:
Erika Tophoven
Herausgeber:
Verbrecher Verlag
Anzahl Seiten:
220
Erscheinungsdatum:
31.10.2015
ISBN:
978-3-95732-124-4

Karl Franz Lembke war ein Mann mit vielen Gesichtern. Für die einen, die ihn kennenlernten, war er der Dr. Allwissend, erfahren in Politik, Medizin, Pferdezucht und was immer gerade gefragt war, für andere, zu anderen Zeiten, ein mitleiderregender Zuchthäusler, doch stets ein Mann mit außergewöhnlichen Qualitäten. KFL wusste seine Talente geschickt zu nutzen in Deutschland ebenso wie in Frankreich. Als junger, mehrmals straffällig gewordener Mann verlässt er sein Heimatland, gelangt im Zuge der Emigrantenströme nach Paris, wo er sich mit Charme und Verführungskunst in höhere Regierungskreise einschmeichelt, Generäle und Verwaltungsbeamte düpiert, bei Ausbruch des Krieges nach Südfrankreich flüchtet und mit allerhand Hochstapeleien seine Haut vor dem Zugriff der deutschen Besatzer rettet. Nach dem Krieg vagabundiert er durch Westdeutschland, betört Frauen durch märchenhafte Geschichten und erdichtet sich immer neue Identitäten. Er landet im Knast, bringt eine Aufführung von 'Warten auf Godot' in eigener Übersetzung zustande, wechselt herzerweichende Briefe mit dem Autor Samuel Beckett und beschäftigt die deutsche und die französische Justiz nach seiner Freilassung noch jahrzehntelang. Erika Tophoven, deren Mann Elmar unmittelbar in das Geschehen involviert war, rekonstruiert in einem spannenden Text den kurvenreichen Weg dieser Beckett'schen Bühnenfigur. Es ist ihr gelungen, anhand von unveröffentlichten zeitgeschichtlichen Dokumenten einen Blick auf die Lebensverhältnisse des vorigen Jahrhunderts diesseits und jenseits des Rheins zu werfen.

Autorentext
Erika Tophoven-Schöningh, geboren in Dessau, hat vierzig Jahre lang, teilweise zusammen mit ihrem Mann Elmar Tophoven, Romane, Theaterstücke und Hörspiele aus dem Englischen und Französischen übersetzt, vorwiegend Werke von Samuel Beckett und Nathalie Sarraute. Ihr Hauptinteresse gilt Becketts Verhältnis zu Deutschland. Dazu erschienen der Kunstband "Alles kommt auf so viel an" (2003) und die Bücher "Becketts Berlin" (2005) und "Glückliche Jahre - Übersetzerleben in Paris" (2011).

Klappentext
Karl Franz Lembke war ein Mann mit vielen Gesichtern. Für die einen, die ihn kennenlernten, war er der Dr. Allwissend, erfahren in Politik, Medizin, Pferdezucht und was immer gerade gefragt war, für andere, zu anderen Zeiten, ein mitleiderregender Zuchthäusler, doch stets ein Mann mit außergewöhnlichen Qualitäten. KFL wusste seine Talente geschickt zu nutzen - in Deutschland ebenso wie in Frankreich. Als junger, mehrmals straffällig gewordener Mann verlässt er sein Heimatland, gelangt im Zuge der Emigrantenströme nach Paris, wo er sich mit Charme und Verführungskunst in höhere Regierungskreise einschmeichelt, Generäle und Verwaltungsbeamte düpiert, bei Ausbruch des Krieges nach Südfrankreich flüchtet und mit allerhand Hochstapeleien seine Haut vor dem Zugriff der deutschen Besatzer rettet. Nach dem Krieg vagabundiert er durch Westdeutschland, betört Frauen durch märchenhafte Geschichten und erdichtet sich immer neue Identitäten. Er landet im Knast, bringt eine Aufführung von »Warten auf Godot« in eigener Übersetzung zustande, wechselt herzerweichende Briefe mit dem Autor Samuel Beckett und beschäftigt die deutsche und die französische Justiz nach seiner Freilassung noch jahrzehntelang. Erika Tophoven, deren Mann Elmar unmittelbar in das Geschehen involviert war, rekonstruiert in einem spannenden Text den kurvenreichen Weg dieser Beckett'schen Bühnenfigur. Es ist ihr gelungen, anhand von unveröffentlichten zeitgeschichtlichen Dokumenten einen Blick auf die Lebensverhältnisse des vorigen Jahrhunderts diesseits und jenseits des Rheins zu werfen.

Leseprobe
Paris, 1956 Es war ein sonniger Herbsttag. Ich erinnere mich, dass wir vor dem Toreingang der Nr. 179 Champs-Elysées standen, wo der Französische Rundfunk (ORTF) 1956 noch seinen Sitz hatte. Auch die deutsche Abteilung, von der aus allabendlich zwischen 19 und 20 Uhr die Sendung Ici Paris Im Brennpunkt des politischen Geschehens ausgestrahlt wurde. Elmar Tophoven, von Freunden und Bekannten kurz Top genannt, las dort die Nachrichten oder kulturellen Berichte aus der französischen Hauptstadt, und ich wurde schon bald, nachdem wir uns kennengelernt hatten, zu kleinen Reportagen und Synchronisationen hinzugezogen. Eine Gruppe von deutschsprachigen Journalisten bereitete in einem bescheidenen Büro des ORTF-Gebäudes die allabendliche Sendung vor, und es dauerte nicht lange, bis mein Kurzname Kiki die Runde machte und ich mit Voilà Kiki de Montparnasse begrüßt wurde in Anspielung auf die Muse vieler Montparnasse-Künstler der Zwanzigerjahre. Es war ein Glücksfall, kaum in Paris eingetroffen, durch Top hier und da kleine Jobs zu bekommen, Touristenbusse durch Paris zu begleiten oder Pilgergruppen, die auf der Durchreise nach Lourdes oder Lisieux in Paris Station machten. Eine andere willkommene Einnahmequelle bot sich bei Synchronisationen von Werbe- und Dokumentarfilmen, wenn eine weibliche Stimme gebraucht wurde. Von einer unglaublichen Bedeutung für mein späteres Leben sollte für mich bald die Übersetzung eines englischen Hörspieltextes werden. Der irische Autor Samuel Beckett, der seit 1937 in Paris lebte und seitdem französisch schrieb, hatte gerade für die BBC London das Hörspiel All That Fall geschrieben, was seinen Übersetzer Elmar Tophoven vor gewisse Schwierigkeiten stellte. Er stand seit der Übersetzung des französisch geschriebenen Theaterstücks En attendant Godot und der ersten Prosawerke in engem Kontakt mit dem Autor. Würde es bei englischen Texten so weiter gehen? Mit meinem gerade in München erworbenen Übersetzerdiplom fühlte ich mich stark genug, Top das Hörspiel mal eben zu übersetzen. So trafen wir uns denn an jenem Oktoberabend an den Champs-Elysées, um nach der Sendung einen ersten Blick in das Hörspielmanuskript zu werfen, als er mir beiläufig von einem Vorfall erzählte, der sich wenige Wochen zuvor eben dort abgespielt hatte. Top: Da stand er. Kiki: Wer? Top: Lembke. Kiki: Lembke? Top: Ja, Karl Franz Lembke, der Mann der Godot im Knast übersetzt hat. Kiki: Ein Kollege von dir gewissermaßen. Top: Könnte man sagen. Haha! Ich hier in meiner Mansarde im Hotel Bonaparte in Paris und Lembke in seiner Zelle in Lüttringhausen. Kiki: Lüttring was? Top: Lüttringhausen. In der Justizvollzugsanstalt Lüttringhausen unweit von Wuppertal. Kiki: Seit wann werden denn Übersetzer mit Zuchthaus bestraft? Top: Bestraft wurde er wohl wegen anderer Delikte. Aber was ihn auf die Idee brachte, Godot zu übersetzen, ist ein Rätsel. Der ganze Mann überhaupt. Ich war neugierig geworden, und an einem der nächsten Abende zeigte mir Top zwei Briefe, die in der Tat mehr als verblüffend waren. Da schrieb ein deutscher Zuchthäusler aus einer Strafanstalt im Rheinland in bestem Französisch einen zwei Seiten langen Brief an Samuel Beckett in Paris


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