Bukarest - Mythen, Zerstörung, Wiederaufbau

Bukarest - Mythen, Zerstörung, Wiederaufbau

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783944529172
Untertitel:
Eine architektonische Stadtgeschichte
Genre:
Architektur
Autor:
Paul Jeute
Herausgeber:
Schiller Verlag
Auflage:
1., Auflage
Anzahl Seiten:
134
Erscheinungsdatum:
01.10.2013

Bukarest ist eine Stadt, die polarisiert: Enorme Ausdehnung mehr horizontal als vertikal, kaum vorhandene historische Plätze, eine Mischung aus Klassizismus und Orient, Spuren der systematischen Zerstörung der Innenstadt durch Ceauescu, wuchernde Bauten des neuen Kapitalismus nach der sogenannten Revolution, eine enorme Vielfalt von Stilen und Straßenbildern. Was wir heute in Rumäniens Hauptstadt sehen, ist höchst faszinierend. Auch wenn 'KleinParis des Ostens' reichlich bemüht ist, so hat Bukarest doch einen ganz ureigenen Charakter, der neugierig macht auf die Entwicklung, die diese Stadt durchgemacht hat. Paul Jeute hat sich oft und lange dort aufgehalten, eine Magisterarbeit geschrieben und diese zu einem Buch umgearbeitet, das uns viele interessante Antworten liefert bei einem Gang durch diese durchaus verwirrenden Stadt. [AR]

Autorentext
Paul Jeute, 1981 in Dresden geboren. Studium der Geschichte und Kunstgeschichte in Dresden, Halle, Prag und Hermannstadt/Sibiu (Magister-Abschluss 2011). Derzeit Student am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Zwischen 2008 und 2012 dokumentarfotografische Ausstellungen im Kaukasus und Südosteuropa. Begründer und Betreiber der Offspace-Galerie Fischladen in Dresden (2010/12). Begründer und Mitglied der Literaturgruppe dreilaut. Nach dem Erscheinen zweier Lyrikbände, Hinwendung zur Prosa. Viele seiner Texte erscheinen unter Verwendung des Künstlernamens Micul Dejun; einige wurden bereits ins Bulgarische und Rumänische übertragen.

Leseprobe
Einführung Im April 2008 rückte die rumänische Hauptstadt für einige Tage in den Mittelpunkt weltweiter Berichterstattung: Das bis dahin größte NATO-Treffen tagte in der ehemaligen Casa Poporului' (dt.: Haus des Volkes) von Nicolae Ceauescu, dem heutigen Palatul Parlamentului (dt.: Parlamentspalast). Viel wurde geschrieben in Zeitungen und Zeitschriften, wobei der Fokus auch immer wieder auf das Gebäude selbst gerichtet war. Zahlen und Fakten dazu wurden fast ausschließlich in Gesprächen und Interviews mit der Chef-Architektin Anca Petrescu herausgearbeitet. Eine genaue und unabhängige Analyse der Geschichte des Baus fehlte hingegen völlig. Da die Chefarchitektin alle Pläne und Quellen zum Bau des Palastes unter Verschluss' hält, sind Touristenauskünfte, die bezüglich der Inhaltsvermittlung teils erheblich variieren, die einzigen offiziellen' Informationen, die einem Interessierten zugänglich sind. Oft erfährt der Besucher außer zahlreichen Detail-Beschreibungen zum Interieur des Palastes so gut wie nichts. Eine Einbettung in den historischen Kontext der Entstehungszeit und in die Geschichte der Stadt insgesamt fehlt bis heute. Dieses Desiderat ist der Ausgangspunkt des vorliegenden Buches. Es knüpft in wesentlichen Punkten an eine Studie aus dem Jahre 2008 an, in der untersucht wurde, inwieweit sich der Palatul Parlamentului einreihen kann in eine Liste mit weiteren großen' Nationalpalästen. Geschichte spielt nicht nur in der Zeit, sondern auch im Raum, lautet der erste Satz in Karl Schlögels viel beachteter Untersuchung zur Zivilisationsgeschichte.4 Die urbane Entwicklung der Stadt Bukarest soll hier als Spiegel der historischen Entwicklung und dazu dienen, im Raume die Zeit zu lesen. Ich werde versuchen, am Beispiel Bukarests die historischen Zusammenhänge von Topografie und räumlicher Ausgestaltung der Stadt ersichtlich und lesbar' zu machen, denn wo fragt Ingmar Ahl zu Recht spiegeln sich die europäischen Potenzen Osteuropas deutlicher als in den großen Städten, deren Gesichter von vielfältigen Aufbrüchen und Umbrüchen gezeichnet sind?6 Innerhalb einer chronologischen Abfolge komme ich daher immer wieder auf die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen zu sprechen. Die tradierte Geschichtsauffassung stellt eine selektive Spurensicherung dar, mit der je nach herrschendem politischen Leitbild entschieden wird, wer und in welcher Form in der Stadt gelebt und sie geprägt hat, welche Ereignisse und Persönlichkeiten und welche gesellschaftlichen Strukturen in der Geschichte der Stadt fortleben und welche ausgelöscht werden. Dem möchte ich meine Bestandsaufnahme entgegenstellen und helfen, eine multidimensionale Geschichtsauffassung zu vertiefen, denn eine Stadt wie Bukarest ist gerade nicht das wohlgeordnete Nacheinander, sondern das verwirrende Nebeneinander der Zeiten. Das erkenntnisleitende Interesse eines jeden Kapitels lässt sich in die Frage fassen, welche sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen den städtischen Raum' Bukarests prägten und wie sie sich auf das Selbstverständnis der Stadtbewohner im Verhältnis zu ihrer Umgebung auswirkten. Inwieweit also die Veränderungen der urbanen Strukturen und die damit verbundenen städtischen Entwicklungen einhergehen mit den wechselnden geopolitischen Einflussnahmen, denen Bukarest unterlag beziehungsweise bis heute unterliegt, und schließlich, ob sich eine mögliche Stadtgeschichte erst in der Summe der Ereignisse, die sich in der Stadtplanung im Allgemeinen wie auch in der Architektur und Topografie der einzelnen Gebäude und Stadtgebiete im Besonderen rekonstruieren lässt. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen das 19. und 20. Jahrhundert, sodass im ersten Kapitel ein chronologischer Abriss von den Anfängen der Stadtgeschichte bis zur Statuierung als rumänische Hauptstadt lediglich skizziert werden kann. Das zweite Kapitel thematisiert historische Mythen und ihre Darstellung im öffentlichen Raum und bietet eine Auseinandersetzung mit der visuellen Vergegenwärtigung rumänischer Geschichte, wie sie mithilfe städtischer Monumente und Denkmäler vermittelt werden soll. Die anschließenden vier Kapitel wurden chronologisch anhand für Bukarest wichtiger Ereignisse unterteilt und umfassen den Zeitraum von 1866 bis 1989 ein Zeitraum, in dem sich die Stadt aus ihrer traditionellen orientalischen Bindung löst, vorübergehend dem westeuropäischen Vorbild folgt und schließlich einen eigenen Weg als neue sozialistische Stadt geht. Dabei stellt ein erster Teil jeweils den gesamtgesellschaftlichen Rahmen dar, der wiederum jeweils im zweiten Teil mit der urbanen Entwicklung verwoben wird. Das letzte thematische Kapitel schließt mit einem Ausblick auf mögliche Neucodierungen nach 1989 die Untersuchungen ab. Für einen besseren Lesefluss werden Bezeichnungen und Namen in der jeweiligen ursprünglichen Sprache belassen und auch grammatikalisch deren Kasus und Genus verwendet, jedoch bei ihrer Erstnennung kursiv hervorgehoben. Städtenamen werden zunächst in der Landessprache, bei mehrmaliger Nennung mit dem deutschsprachigen Äquivalent verwendet. Deutschsprachige Anmerkungen oder Übersetzungen finden sich in Klammern oder dem Endnotenapparat. Die Abbildungen sind ausschließlich private Aufnahmen des Autors beziehungsweise historische Postkarten, die sich im Besitz des Autors befinden. Leipzig, Januar 2013

Inhalt
Einführung Die Entwicklung zur Hauptstadt Rumäniens Gründung und Mittelalter Die postbyzantinische Stadt (1500-1716) Das orientalische Bukarest (1716-1821) Emanzipation zwischen Russland und dem Osmanischen Reich (1821-1866) Mythen und ihre Darstellung im öffentlichen Raum Das bürgerliche Bukarest (1866-1918) Der gesellschaftspolitische Rahmen Die urbane Entwicklung und wichtige stadtprägende Bauten Die Stadt der Moderne (1918-1945) Der gesellschaftspolitische Rahmen Die urbane Entwicklung und wichtige stadtprägende Bauten Die sozialistische Stadt (1947-1968) Der gesellschaftspolitische Rahmen Die urbane Entwicklung und wichtige stadtprägende Bauten Die Herrschaft Ceauescus und der Umbau der Stadt (1968-1989) Der gesellschaftspolitische Rahmen Die urbane Entwicklung und wichtige stadtprägende Bauten Anhang


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