Soziologie im Zeitalter der Komposition

Soziologie im Zeitalter der Komposition

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783942393577
Untertitel:
Koordinaten einer relational-dynamischen Netzwerktheorie
Genre:
Soziologie
Autor:
Henning Laux
Herausgeber:
Velbrueck GmbH
Anzahl Seiten:
320
Erscheinungsdatum:
30.04.2014
ISBN:
978-3-942393-57-7

Netze sind überall, sie breiten sich aus wie ansteckende Viren. Sämtliche Stockwerke der spätmodernen Gesellschaft sind befallen. Alle anderen Beziehungsformen werden zersetzt. Besonders die Systeme sind betroffen. Und die Wissenschaft mischt kräftig mit. Sie multipliziert die Netzwerke und überflutet den Diskurs mit merkwürdiger Metaphorik. Netzwerkforschung boomt, gar keine Frage. Doch sie gerät ins Straucheln, es gibt ein Problem. Der Signifikant ist leer, seine Position ist vakant. Was Netzwerke sind, bleibt vollkommen offen. Jeder beschreibt sie auf seine Weise. Woher sie kommen, wird nicht untersucht. Die Transformation des Sozialen erweist sich als Rätsel. Die Gegenwart verdampft und niemand weiß warum.

Das Buch entsteht aus einer dreifachen Verwunderung über den aktuellen Forschungsstand. Netzwerkforschung boomt, aber es ist nicht klar, was mit dieser Vokabel eigentlich gemeint ist. Worauf referieren Autoren wie Castells, Latour, Law, Putnam, Granovetter, Coleman, White, Holzer, Fuhse, Böhme, Mol, Serres, Bourdieu, Urry, Watts, Foucault oder Burt, wenn sie über Netzwerke sprechen? Lässt sich aus dem autopoietischen Stimmengewirr eine Schnittmenge destillieren? Es ist zweitens ziemlich grotesk zu protokollieren, welche Zauberkräfte dem Netzwerk mittlerweile zugesprochen werden. Es fungiert als Ordnungsprinzip zwischen Markt und Hierarchie, Beziehungstyp jenseits von Gemeinschaft und Gesellschaft, Governancemechanismus, internetbasiertes Kommunikationsgefüge, parasitäre Strukturbildung, neuartige Differenzierungsform, Kulturtechnik, kollektive Vertrauensressource, individuell verfügbare Kapitalsorte, triadische Kontaktbeziehung, Scharnier zwischen Mikro- und Makroebene, Sinnstruktur, transnationales Interdependenzgeflecht oder formallogische Erklärungsperspektive. Das Potenzial der Netzwerkperspektive lässt sich angesichts dieser heterogenen Liste offenkundig nur selektiv bestimmen. Schließlich kommt noch erschwerend hinzu, dass aus den bisherigen Studien überhaupt nicht hervorgeht, warum in der Spätmoderne plötzlich überall Netzwerke entstehen. Ist diese semantische Revolution also ein bloßer Zufall? Angesichts der skizzierten Probleme konzentriert sich das Buch auf die Beantwortung von drei Leitfragen: Was ist ein Netzwerk? Welche theoretischen Positionen, Vorzüge und Potenziale ergeben sich aus der Netzwerkperspektive? Und welche Entwicklungen sorgen für das plötzliche Auftauchen der Netze? Der I. Teil zeigt das 'Laboratorium der Netzwerktheorie'. An diesem Ort wird an der Integration der beiden wichtigsten Stränge der zeitgenössischen Netzwerkforschung gearbeitet. Ein Gedankenaustausch von Bruno Latour und Harrison C. White hat bisher nicht stattgefunden. In ihren Werken schlummern jedoch Potenziale, mit denen die lähmende Spaltung überwunden werden kann. Die beiden Galionsfiguren dienen als Ausgangspunkt, um die zentralen Elemente einer integrativen Netzwerktheorie zu destillieren. Der II. Analyseteil bestimmt die 'sozialtheoretischen Koordinaten der Netzwerkforschung'. Auf dem Fundament des Theorievergleichs wird eine integrative Netzwerktheorie entwickelt, die dazu in der Lage ist, die unscharfen Grenzen und multiplen Relationen der spätmodernen Gegenwart präzise zu erfassen. Die erkenntnistheoretischen, methodologischen, handlungstheoretischen und ordnungstheoretischen Umrisse der Netzwerkforschung werden ausbuchstabiert und auf ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und soziologischer Dilemmata befragt. Der III. Untersuchungsteil taxiert die 'gesellschaftstheoretischen Koordinaten der Netzwerkforschung'. Drei kulturhistorisch dominante Assoziationsformen werden unterschieden: Gemeinschaft (Vormoderne), Gesellschaft (Moderne) und Netzwerk (Spätmoderne). Netzwerke sind Strukturen in der Bauphase. Als temporäre Übergangsstadien geraten sie in Vergessenheit, sobald das Soziale in einen stabilen Zustand übergeht. Die spätmoderne Freilegung der Netze ist demzufolge ein Indiz für ein 'Zeitalter der Komposition', in dem Routinen zerfließen, Identitäten wanken, Grenzen verschwimmen und Basisinstitutionen verdampfen.

Autorentext
Henning Laux, Dr. phil, ist wiss. Mitarbeiter an der Universität Bremen am Lehrstuhl für soziologische Theorie von Uwe Schimank. Nach dem Studium in Mainz und Glasgow hat er bei Hartmut Rosa an der Universität Jena promoviert. Ausgehend von einer vergleichenden Lektüre soziologischer Theoreme erforscht er derzeit drei zentrale Phänomenkomplexe: Die Desynchronisation des Sozialen, die spätmodernen Attacken gegen das Konzept der individuellen Urheberschaft und die narrative Inszenierung von Wissenschaft. Wichtigste Veröffentlichungen: Gründungsszenen soziologischer Theorie (2013), The Time of Politics (2011), Theorien der Gemeinschaft (2010), Bruno Latour meets Harrison C. White (2009).

Inhalt
Einführung: Was ist ein Netzwerk? I. Laboratorium Netzwerktheorie 1. Problemstellung: Die Spaltung der Netzwerkforschung 2. Lösungsweg: Über Chancen und Schwierigkeiten eines Theorievergleichs 3. Grundbegriff: Der Netzwerkbegriff bei Latour und White 4. Theorie des Sozialen: Wer oder was gehört zum Analysebereich? 5. Theorie der Moderne: Die Zurückweisung des Gesellschaftsbegriffs 6. Latour meets White Bausteine einer integrativen Netzwerktheorie 7. Zwischenfazit I: Die Einheit der soziologischen Netzwerkforschung II. Die sozialtheoretischen Koordinaten der Netzwerktheorie 1. Problemstellung: Jenseits der Eindeutigkeit Für eine Soziologie der Unschärfen 2. Beobachter: Die Übersetzung der Wirklichkeit 3. Gegenstandsbereich: Gesellschaft () 4. Triebkräfte: Zur Umprogrammierung der Handlungstheorie 5. Ordnung: Wie ensteht das Soziale? Mechanismen der Strukturbildung 6. Praxistest: Illegale Pflegepraktiken in Deutschland 7. Zwischenfazit II: Koordinaten der relational-dynamischen Netzwerktheorie III. Die gesellschaftstheoretischen Koordinaten der Netzwerktheorie 1. Problemstellung: Vergemeinschaftung, Vergesellschaftung, Vernetzung? 2. Gemeinschaft als hegemoniale Form der Vormoderne 3. Gesellschaft als hegemoniale Form der Moderne 4. Netzwerk als hegemoniale Form der Spätmoderne 5. Zwischenfazit III Über vormoderne, moderne und kommende Kollektive IV. Baustellen und Potenziale 1. Problemstellung 2. Von der Spaltung zur Einheit? Schnittmengen zwischen ANT und PNT 3. Von der alten zur neuen Soziologie? Instrumente zur Inspektion von Black Boxes 4. Die Komposition einer neuen Zivilisation? Soziologie im Handgemenge des 21. Jahrhunderts


billigbuch.ch sucht jetzt für Sie die besten Angebote ...

Loading...

Die aktuellen Verkaufspreise von 6 Onlineshops werden in Realtime abgefragt.

Sie können das gewünschte Produkt anschliessend direkt beim Anbieter Ihrer Wahl bestellen.


Feedback