Gandhi

Gandhi

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783939045380
Untertitel:
Ich selbst bin Anarchist, aber von einer anderen Art
Genre:
Politik-, Gesellschafts- & Wirtschafts-Biografien
Autor:
Mohandas Karamchand Gandhi, Lou Marin, Horst Blume
Herausgeber:
Graswurzelrevolution e.V.
Auflage:
1., Aufl.
Anzahl Seiten:
136
Erscheinungsdatum:
04.10.2019
ISBN:
978-3-939045-38-0

In diesem Buch werden staatskritische und pro-anarchistische Stellungnahmen Gandhis in Texten aus drei Jahrzehnten dokumentiert. Sie machen auch deutlich, wie haltlos die Vorwürfe sind, Gandhi sei angeblich Rassist oder Verteidiger des Kastensystems gewesen. Abschließend wird anhand der aktuellen sozialen Bewegung für Landrechte am Beispiel von Ekta Parishad gezeigt, dass sich diese auf den Salzmarsch Gandhis bezieht und die gewaltfrei-libertäre Tradition noch immer relevant für die Kämpfe von unten im heutigen Indien ist.

Mohandas Karamchand Gandhi (1872-1948) und seine gewaltfrei-revolutionären Massenkampagnen in Indien gegen die britische Kolonialmacht sind noch immer eine weltweite Inspirationsquelle und ein emanzipatorischer Gegenpol zu gewaltverherrlichenden und kriegstreiberischen Tendenzen. In diesem Buch werden staatskritische und pro-anarchistische Stellungnahmen Gandhis in Texten aus drei Jahrzehnten dokumentiert. Auf dieser inhaltlichen Grundlage wird auch auf die Vorwürfe eingegangen, Gandhi sei angeblich Rassist oder Verteidiger des Kastensystems gewesen. Dass diese Vorwürfe haltlos sind, wird durch die hier vorliegenden Texte deutlich. Sie zeigen, wie sich Gandhis Positionen entwickelten und radikalisierten: bereits ab 1908 in Südafrika im Kollektiv mit jüdischen Gewaltfreien, ganz besonders aber während der drei Jahrzehnte des anti-kolonialen Kampfes in Indien. Abschließend wird anhand der aktuellen sozialen Bewegung für Landrechte am Beispiel von Ekta Parishad gezeigt, dass sich diese auf den Salzmarsch Gandhis bezieht und die gewaltfrei-libertäre Tradition noch immer relevant für die Kämpfe von unten im heutigen Indien ist.

Leseprobe
Gandhi als anerkannter Teil des Anarchismus in Indien Die Texte des ersten Teils dieses Buches dokumentieren ein bei Gandhi über die gesamte Zeit der Unabhängigkeitsbewegung von 1916 bis 1947 präsentes, positives Verständnis des Begriffes der Anarchie und der Kritik des Staates als am stärksten organisierte Form der Gewalt. Was sich viele europäische Linke noch immer wahrzunehmen weigern, ist im zeitgenössischen Anarchismus in Indien heute Konsens, dass Gandhis gewaltfrei-libertäre Philosophie und Praxis nämlich selbstverständlicher Teil und eine wichtige Strömung des indischen Anarchismus ist. Eine erste Phase der Propaganda der Tat: Savarkar und Bhagat Singh Für Indien lassen sich das gesamte 20. Jahrhundert hindurch zwei Traditionen des Anarchismus unterscheiden. Eine anarchistische Strömung europäischer Herkunft war dabei im Wesentlichen modernistisch ausgerichtet; das gilt für die Epoche der Propaganda der Tat, was vor allem gewaltsame Attentate beinhaltete, die von den anti-kolonialen indischen Revolutionären gegen britisch-koloniale Funktionsträger ausgeführt wurden. Diese Phase der anarchistischen Attentate wurde damals im europäischen Anarchismus Illegalismus genannt. Zweitens gab es anarchistische Strömungen indischer Herkunft, die im Wesentlichen durch indigene Begründungen geprägt waren; wobei ein Schwerpunkt bei der anti-modernistisch und gleichzeitig gewaltfrei ausgerichteten Strömung Gandhis und seiner Nachfolger*innen liegt. Im Jahr 1905 hat die britische Kolonialmacht die ostindische Region Bengalen gemäß der Zugehörigkeit der Bevölkerungsmehrheit entweder zum Islam oder zum Hinduismus zweigeteilt ihrem kolonialistischen Prinzip des Teile und Herrsche folgend , was eine Welle von Attentaten durch Studenten aus den gehobenen Klassen Indiens auslöste. Sie wurden von ihren Familien oft zur Ausbildung als Verwaltungsbeamte nach London geschickt. Hier und bald darauf auch in Paris begann eine Generation junger indischer Anarchisten britische Offiziere oder Kolonialverwalter anzugreifen. Am bekanntesten wurde das Attentat auf William Curzon-Wyllie 1909 in London. Der Attentäter war Madan Lal Dhingra. Er wurde sofort festgenommen und gehängt. Er war ein Schüler seines Auftraggebers, Vinayak Damodar Savarkar (1883-1996), genannt Veer Savarkar, dem es gelang, vor der juristischen Verfolgung zunächst nach Paris zu fliehen. Als er dann nach London zurückkehrte und doch festgenommen wurde, sollte er als Gefangener auf dem Schiff zur Verbüßung seiner Strafe nach Indien überführt werden. Bei einem Zwischenstopp in Marseille/Frankreich bereiteten französische anarchistisch-illegalistische Gruppen eine Befreiungsaktion für Savarkar vor, die jedoch scheiterte. Immerhin bezeugt die Aktion die engen Verbindungen und organisatorischen Verflechtungen der indischen anarchistischen Illegalisten mit den europäischen Vertretern einer anarchistischen Politik der Attentate. Gleichzeitig distanzierten sich auch europäische Anarchisten wie Guy Aldred, der gleichwohl ein Komitee gegen die Repression Savarkars gründete, sowohl von dessen Politik der Attentate als auch vom Nationalismus Savarkars, weil dieser einer Staatsgründung nur vorausgehe. In der bürgerlichen Öffentlichkeit wurde damals der Begriff des Anarchismus auch auf die Taktik der Attentate verengt, doch Savarkar war damals schon Nationalist und die Anarchist*innen waren anti-national. Savarkar sollte später darauf wird weiter unten in der Diskussion um die Mord-Verschwörung an Gandhi im Jahr 1948 zurückzukommen sein zum wichtigsten Begründer des rassistischen Hindu-Nationalismus und damit zum Ideengeber der Hindutva-Ideologie der heutigen Regierungspartei BJP (Bharatiya Janata Party; Indische Volkspartei) werden. Es gab damals neben London und Paris noch weitere Zentren des indisch-anarchistischen Illegalismus außerhalb Indiens, vor allem die Gruppe Ghadar (Revolte) in Berkeley mit den Aktivisten Santok Singh und Har Dayal, die u.a. durch die russischen Anarchist*innen Bakunin oder Wera Sassulitsch beeinflusst waren und lose Kontakte zur anarchosyndikalistischen Gewerkschaft IWW (Industrial Workers of the World) in den USA hielten. Die Verbindungen der Ghadar-Gruppe reichten bis nach Indien hinein, vor allem in die Region Punjab und die Großstadt Lahore. Dort, nunmehr innerhalb Indiens, schrieb der junge Atheist Baghat Singh (1907-1931) das bisher letzte Kapitel der Propaganda der Tat im indischen Anarchismus. 1928 arbeitete Bhagat Singh für eine Zeitung einer oppositionellen Strömung der Kommunistischen Partei Indiens (PCI) mit dem Titel Kirti (Arbeiter). Er schrieb darin eine erste Skizze der Geschichte des europäischen Anarchismus in einer indischen Zeitung. Sie schloss mit einer Eloge auf das Bombenattentat des Auguste Vaillant auf das französische Parlament, die Nationalversammlung, in Paris im Jahre 1893. Dadurch inspiriert wollten Bhagat Singh und seine Gruppe den britischen Polizeichef von Lahore, Scott, töten, aber sie verwechselten die Zielperson und ermordeten dessen Assistenten Saunders. Und im April 1929 folgten Bhagat Singh und einer seiner Genossen dem Beispiel Vaillants auf dem Fuße, indem sie zwei Bomben in die indische Nationalversammlung, ein Parlament mit vom Kolonialismus stark beschnittenen Rechten in Delhi, warfen, die einige Abgeordnete verletzten. Beide Attentäter wurden sofort verhaftet und Bhagat Singh wurde im März 1931 nach fast zweijähriger Gefängniszeit durch den Strang hingerichtet. In der Haft las er Lenin, Trotzki, Marx und Engels, verfasste eine marxistisch-leninistisch geprägte Schrift, in der er den individualistischen Anarchismus, der die Grundlage für die Attentatspolitik war, verwarf. Aufgrund dieser Schrift wurde Bhagat Singh posthum von der Kommunistischen Partei Indiens (CPI) als einer der ihren adoptiert und in deren Ikonographie aufgenommen. (1) M.P.T. Acharya: Sein Werdegang als Bindeglied zwischen europäisch und indisch geprägtem Anarchismus Eine Person des indischen Anarchismus, dessen beeindruckende Biografie eine Art Verbindung darstellt zwischen den beiden genannten Traditionen ist M.P.T. Acharya (1887-1954). Auch er begann seinen politischen Werdegang zunächst in Europa, in London, Paris und Berlin. Im Anschluss an die russische Oktoberrevolution wurde er 1919 überzeugter …


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