Die Zeit der Stürme

Die Zeit der Stürme

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783885713975
Untertitel:
Band 1
Genre:
Politik-, Gesellschafts- & Wirtschafts-Biografien
Autor:
Nicolas Sarkozy
Herausgeber:
Morstadt, A.
Anzahl Seiten:
396
Erscheinungsdatum:
28.02.2021
ISBN:
978-3-88571-397-5

Nicolas Sarkozy, von 2007 bis 2012 Präsident der Französischen Republik, blickt zurück auf die Jahre seiner Amtszeit. Er lässt Ereignisse Revue passieren, von denen auch hierzulande viele in Erinnerung geblieben sind, wie z. B. die Befreiung von Ingrid Betancourt aus der Hand der kolumbianischen FARC-Rebellen, an der er maßgeblichen Anteil hatte, oder die Gründung der Mittelmeerunion, die eines seiner Herzensprojekte war. Er schildert sowohl seine mitunter amüsanten Begegnungen als auch die manchmal schwierigen Verhandlungen mit den großen Akteuren des politischen Welttheaters, allen voran George W. Bush, Wladimir Putin und Angela Merkel, deren Charaktere und politische Strategien er analysiert. Und er gibt tiefe Einblicke in den persönlichen und politischen Alltag eines französischen Staatschefs, der in bester Absicht, Dinge voranzubringen und Lösungen zu finden, zuweilen die Grenzen des ihm von Verfassung und öffentlicher Meinung gesteckten Handlungsrahmens verließ und damit die strengen Wächter französischer Politikkultur gegen sich aufbrachte. Mit Optimismus, Pragmatismus und Verbundenheit mit den Menschen Frankreichs, Europas und der Welt die stets im Fokus seiner politischen Mission standen meisterte er seine Zeit der Stürme. Nicolas Sarkozy verfasste das Buch während des Corona-Lockdowns in Südfrankreich im Jahr 2020. Seine Erinnerungen nehmen direkten Bezug auf die Gegebenheiten und Geschehnisse der Gegenwart.

Autorentext
Ehemaliger Staatspräsident der Republik Frankreich

Leseprobe
Leseprobe: Die Zeit der Stürme, S. 253-268 Ich beendete das Jahr, indem ich mit Carla ein paar Tage in Ägypten verbrachte. Dies war vielleicht nicht die beste Idee, weder hinsichtlich der Medien noch politisch, vor allem wegen der Fotos. Die Presse war hinter uns her. Paris Match titelte: Die Verliebten vom Nil. Das war harmlos, aber ich verstehe, dass man sich darüber ärgern konnte. In Frankreich ist es ebenso verpönt, sein Glück zur Schau zu stellen wie seinen materiellen Reichtum. Von daher war es sicher unklug und unüberlegt. Doch diese fünf Tage sind für Carla und mich unvergesslich. Ich hatte einen ziemlich anstrengenden Wahlkampf hinter mir, vier knallharte Jahre in der Regierung mit Jacques Chirac und Dominque de Villepin, dann eine schwierige und schmerzliche Scheidung, allein deshalb, weil mein zehnjähriger Sohn Louis jetzt ein paar tausend Kilometer von mir entfernt war, und schließlich die wunderbare Begegnung mit Carla. Außerdem war ich seit ein paar Monaten für Frankreich verantwortlich! Ich brauchte wirklich ein wenig Luft zum Atmen. Ich dachte an das, was mir François Mitterrand über seine Liebe zu Ägypten gesagt hatte. Er wohnte regelmäßig im Palast-Hotel von Assuan, dem Old Cataract, am Ufer des Nils. Von außen betrachtet, kann ich verstehen, dass uns dies Kritik, Neid und Angriffe eingebracht hat. Von innen betrachtet waren es Momente von Glück, Frieden und Heiterkeit. Nach allem, was ich erlebt hatte, war ich sicher, in Carla mein perfektes Alter Ego getroffen zu haben. Viele Stunden betrachteten wir den dahinfließenden Nil, wir besuchten die drei Königstäler von Luxor, gingen in die große Cheops-Pyramide. Ich lebte wieder auf. Natürlich bildeten sich Menschenansammlungen, wenn wir ausgingen. Wer einmal im Leben die Liebe kennengelernt hat, weiß genau, dass der Dichter immer recht hat: Verliebte sind allein auf der Welt. Heftige Angriffe waren uns gleichgültig. Wir hatten nicht das Gefühl, irgendjemandem etwas wegzunehmen. Wir verhielten uns würdevoll. Nur jene konnten schockiert sein, die dachten und das war ihr gutes Recht , dass der Präsident kein Privatleben haben und noch weniger persönliche Gefühle zeigen durfte. Zu Recht oder zu Unrecht hatte ich mich entschieden, authentisch und transparent zu sein. Das Wort entschieden trifft es nicht ganz. Denn ich bin überzeugt, dass es keine Alternative gab. Da die Medien einfach überall sind, gibt es keine Grenzen zwischen privat und nicht privat. Man kann das bedauern, aber das ändert nichts. Davon zeugt das Missgeschick des Politikers Benjamin Griveaux. Er und seine Familie wurden durch die Veröffentlichung privater Fotos durch ein gieriges und skrupelloses Pärchen an den Pranger gestellt, aber die Medien, auch jene, die behaupteten, die Sache widere sie an, nutzten es zur Genüge aus. Ange-sichts der weiten Verbreitung dieser Geschichte wurde mir ganz übel. Sie empörten sich darüber und zugleich profitierten sie da-von. Auch die Fotos von François Hollande auf seinem Motorroller auf dem Weg zu Julie Gayet waren ein Beispiel für das Fallen jeglicher Grenzen. Im Nachhinein entsprach die Geschichte in der Rue du Cirque genau der Analyse, die Carla und ich damals vor-genommen hatten. Am 8. Januar 2008 gab ich eine Pressekonferenz im Élysée. Der zuverlässige Franck Louvrier leitete dieses sensible Ereignis, zusammen mit seinen Leuten von der PR-Abteilung, die immer effizient und professionell arbeiteten. Ihn unterstützte die unentbehrliche Véronique Waché. Sechshundert Journalisten waren anwesend. Zwei Stunden lang beantwortete ich ihre Fragen. Ich hatte mein Vorhaben angekündigt, der Politik eine zivilere Note zu geben. Wenn Politik nicht zum Ausdruck bringt, was für ein Bild vom Menschen wir haben, wie wir seine Freiheit, seine Verantwortung, seine Würde sehen, was bedeutet sie dann? Nichts. Ich erläuterte in meiner Einführung im Detail, wie in diesem Jahr die Politik der Regierung aussehen sollte. Was die Leute interessierte und was sie sich merkten, war die Beziehung zwischen Car-la und mir. Schon nach der zweiten Frage, die Roselyne Febvre von France 24 stellte, lagen die Karten auf dem Tisch: Herr Präsident, werden Sie Carla Bruni heiraten? Dieselben Beobachter, die mir meine Offenheit im Privatleben vorwarfen, interessierten sich für nichts anderes. Ich hatte mit dieser Haltung kein Problem, solange sie sie nicht ausnutzten, um mir Lektionen zu erteilen. Ich fragte sie sogar, ob sie die Zeit vorgezogen hätten, in der François Mitterrand mit seiner Freundin nach Assuan gefahren war. Damals hatten sie es alle gewusst und nichts dazu gesagt. Ich fand die Haltung, die Carla und ich gefunden hatten, würdiger und wesentlich demokratischer. Ich sagte an diesem Tag, dass meine Geschichte mit Carla ernst sei. Dann brachte Laurent Joffrin meine angebliche Neigung zu persönlicher Macht zur Sprache und meinen Willen, die V. Republik in eine Erbmonarchie zu verwandeln. Ich bat ihn daraufhin, mich darüber aufzuklären, wer mich auf den Thron gebracht habe. Und mir den Namen des Souveräns zu nennen, dessen Erbe ich sei. Ich hatte die Lacher auf meiner Seite. Seine Kollegen brachen in Gelächter aus. Er rächte sich am nächsten Tag in einem Leitartikel, in dem er meine wohlbekannte Kritikunfähigkeit anprangerte. Wenn man Laurent Joffrin Paroli bot, bedeutete das, dass er die Nerven verlor. Es war sehr nützlich, so sensible Gegner zu haben. In den ersten beiden Monaten mit Carla war der Umgang mit den Medien schwierig. Aber nach unserer Hochzeit am 2. Februar 2008 beruhigte sich alles wieder. Ich muss sagen, wie erstaunt ich darüber war, wie schnell Carla sich in die Rolle der First Lady hineinfand, mit außergewöhnlicher Natürlichkeit und Intelligenz. Es war für sie eine ganz neue Welt. Schon nach wenigen Wochen beherrschte sie alle ihre Gesetze. Das Jahr 2008 begann mit meiner Hochzeit im Élysée. Das war eine Premiere. Wir hatten beschlossen, schnell zu sein, sehr schnell. Wir waren uns unserer selbst sicher und brauchten keine Probezeit. Außerdem verbreitete die Presse zunehmend nicht sehr wohlmeinende Artikel. Wir mussten all diesen Spekulationen ein Ende machen, bevor wir nichts mehr kontrollieren konnten. Wir entschieden uns unter großer Geheimhaltung für den 2. Februar. Es war ein Samstagmorgen. Die Trauung fand im Grünen Salon statt, wo sich sonst viele wichtige Ereignisse abspielten. Wir hatten eine Befreiung vom öffentlichen Aushang eines Heiratsaufgebots erwirkt. …


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