Weimar

Weimar

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783608943085
Untertitel:
Die überforderte Republik 1918-1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur
Genre:
Neuzeit-Sachbücher bis 1918
Autor:
Ursula Büttner
Herausgeber:
Klett-Cotta Literatur
Auflage:
1. Aufl. 2008
Anzahl Seiten:
864
Erscheinungsdatum:
22.09.2008
ISBN:
978-3-608-94308-5

Das Trauma des Versailler Vertrages, die hohen Reparationen, das Desaster der Inflation, die agitatorische Unausgewogenheit und bedenkliche Zersplitterung der Parteien, die zahllosen Regierungskrisen und rasch wechselnden Kabinette, die Weltwirtschaftskrise 1929 bis hin zur Präsidialdemokratie: Ursula Büttner vermeidet bewusst, dieses kaum 14 Jahre dauernde Stakkato dramatischer und traumatischer Ereignisse mit seinem Ende gleichzusetzen.
Denn die Weimarer Republik, so ihre entschiedene These über die erste deutsche Demokratie, hätte nicht in den 30. Januar 1933 münden müssen.

Im Brennglas dieses einzigartigen Überblicks verdeutlichen Details und Zäsuren, wie sehr die erste deutsche Demokratie überfordert war: Von undemokratischen wie ideologischen, von konservativen wie revisionistischen Kräften, von links wie rechts missbraucht, wurde sie Beute der Skrupellosen.


Vorwort
»Eine für lange Zeit uneinholbare Darstellung der Weimarer Republik« Wolfgang Benz

Autorentext
Ursula Büttner, 1946 in Höxter/Weser geboren, studierte Geschichte und Germanistik in Hamburg, Heidelberg und Cambridge. Seit 1996 Professorin am Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Hamburg. Ihre Forschungsschwerpunkte: Geschichte der deutschen Gesellschaft im 20. Jahrhundert.

Leseprobe
1 Tendenzen und Aufgaben der Forschung Die Weimarer Republik gehörte schon bald, nachdem sie untergegangen und damit Geschichte geworden war, zu den bevorzugten Gebieten der jungen zeithistorischen Forschung. Sobald eine unabhängige wissenschaftliche Beschäftigung mit dieser Periode möglich war, bemühten sich Historiker und Politologen intensiv, Klarheit über die Entwicklung und die Probleme der ersten deutschen Demokratie zu gewinnen. Inzwischen liegen viele tausend Titel vor, die kaum noch erfaßt , geschweige denn gewürdigt werden können. Hier werden deshalb nur wichtige Tendenzen des Forschungsgangs skizziert und einige Wissenslücken aufgezeigt, die trotz aller Bemühungen noch immer bestehen. Zur genaueren Information sei auf die neuen Forschungsberichte von Andreas Wirsching und Dieter Gessner sowie den unübertroffenen Überblick von Eberhard Kolb verwiesen. 1 Bereits im Exil und vereinzelt in der »inneren Emigration« versuchten linksdemokratische und sozialistische Autoren, sich in Gesamtdarstellungen der Chancen der Republik zu vergewissern und die Gründe für ihr Scheitern zu erkennen. Indem sie die ihnen zugänglichen gedruckten Quellen im Licht ihrer politischen Erfahrungen deuteten und ihre Erklärungen mit ehemals einflußreichen »Zeitzeugen« diskutierten, kamen sie zum Teil zu bemerkenswerten Ergebnissen. Der Professor für Alte Geschichte, Arthur Rosenberg, aktives Mitglied der USPD und später, bis 1928, der KPD , von 1924 bis zu diesem Jahr deren Reichstagsabgeordneter, hatte schon 1928 eine Studie über Die Entstehung der Deutschen Republik aus dem Zusammenbruch der Gesellschaft des Kaiserreichs veröffentlicht und ließ ihr 1934 eine Geschichte der Deutschen Republik folgen. Deren Ende setzte er bereits für 1930 mit dem Übergang zum Präsidial regime an; denn nach seiner Überzeugung hatte »der Januar 1933 prinzipiell in Deutschland nichts Neues gebracht, sondern nur in außerordentlicher Verschärfung die gleichen Tendenzen hervortreten lassen, die schon seit Brünings Notverordnungen von 1930 maßgebend waren«. 2 In der Spaltung der Arbeiterbewegung sah er den entscheidenden Grund dafür, daß sie die fortschreitende Aushöhlung der demokratischen Institutionen nicht hatte verhindern können. Nach der Wiederauflage des Buches in Deutschland 1955 wurde es zu einem Klassiker. Ein anderer Politiker vom demokratischen Flügel der USPD , der Rechtsanwalt und spätere SPD -Bürgermeister von Berlin-Kreuzberg, Carl Herz, betonte in seiner Geschichte der Weimarer Republik vor allem die Fehler der SPD ; er fand für seine zornige Abrechnung aber weder im Exil noch in Deutschland einen Verleger. 3 Dagegen ging es dem einstigen Chefredakteur des Vorwärts , Friedrich Stampfer, in seinem 1936 in den U SA und 1947 in Deutschland erschienenen Buch Die vierzehn Jahre der Ersten Deutschen Republik besonders darum, die demokratischen Politiker Weimars gegen die Schmähungen der siegreichen Nationalsozialisten in Schutz zu nehmen und »die Verdienste jener Männer zu würdigen, die aus den Stürmen des Ersten Weltkrieges die Einheit des Reiches retteten und das Land von fremder Besatzung befreiten«. 4 Zum gleichen frühen Zeitpunkt wie Rosenberg vollendete auch der ehemalige Regierungspräsident Ferdinand Friedensburg, ein entschiedener Demokrat, seinen Versuch einer »sachlichen und unvoreingenommenen« Rückschau auf die Republik. Neben der politischen Geschichte schenkte er der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung besondere Beachtung. Friedensburg, der in Deutschland blieb, gab sich 1934 noch der Illusion hin, einen Verleger für sein Werk zu finden, und mußte bis 1946 warten. Bewußt verzichtete er darauf, sein Buch aufgrund der Erfahrungen mit der NS-Diktatur nun umzuschreiben, weil es die Weimarer Republik verdiene, nicht nur als Vorgeschichte des »Dritten Reichs«, sondern »als geschichtliche Schöpfung für sich gewürdigt zu werden«. 5 Dagegen ordnete der linksdemokratische Publizist Leopold Schwarzschild die Geschichte der Republik in seinem 1942 und 1947 in den Niederlanden veröffentlichten pessimistischen Buch Von Krieg zu Krieg in eine lange, nur von wenigen retardierenden Momenten unterbrochene verhängnisvolle Entwicklung ein, die unweigerlich auf den nächsten großen Waffengang zulief. Wie Rosenberg sah auch er 1933 keine deutliche Zäsur, sondern faßte die Jahre 1930 bis 1935 unter der Überschrift: »Fäulnis« zu einem Teil zusammen. 6 Im Londoner Exil, wenn auch etwas später, schrieb auch der Historiker und einstige Stadtverordnete der DDP in Berlin, Erich Eyck, »vom Standpunkt eines liberalen und demokratischen Anhängers der Republik« seine noch immer lesenswerte Darstellung dieses Geschichtsabschnitts. Die zwei Bände des Werks erschienen 1954 und 1956 in Zürich. Zu dieser Zeit, um 1955, kamen die ersten fundierten Untersuchungen einer neuen Generation von Historikern und Politologen heraus, die in der Weimarer Republik nicht mehr selbst politisch aktiv gewesen waren, sondern sich ausschließlich aus wissenschaftlichem Interesse mit der Periode befaßten . Durch die Gründung des Instituts für Zeitgeschichte 1950 7 und der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 1951 erhielt die Forschung starke Impulse. Wie bei den meisten im Exil entworfenen Studien standen zunächst die Fragen nach den Ursachen für den Aufstieg des Nationalsozialismus und für die Zerstörung der Demokratie im Mittelpunkt. Das Forschungsinteresse wurde von dem aufklärerischen Elan mitbestimmt, die Gründe für den Untergang der ersten demokratischen Staatsordnung Deutschlands zu erkennen, um eine Wiederholung zu vermeiden. Folgerichtig bezog sich die erste große zeitgeschichtliche Kontroverse auf die Funktion des Präsidial regimes und die Rolle Brünings in der Endkrise der Weimarer Republik. Während Werner Conze 1954 die weitgehende Entmachtung des Reichstags für die notwendige Reaktion auf die Selbstlähmung des Parteienstaats hielt, arbeitete Karl Dietrich Bracher im folgenden Jahr als Ergebnis einer gewaltigen Forschungsleistung heraus, wie grundlegende Strukturfehler und eine gezielte antidemokratische Politik konservativer Eliten bis hin zu Brünings bewußten Bemühungen, die 1919 geschaffene Ordnung in ein autoritäres, zentralistisches System umzuwandeln, zur »Auflösung der Weimarer Republik« führten. 8 Die Feststellung, daß Machtgruppen der alten Gesellschaft wie das Militär, die hohe Bürokratie, Richter, die Schwerindustrie und die ostelbischen »Junker« zum Schaden der Weimarer Demokratie zu viel Einfluß ausüben konnten, lenkte den Blick auf mögliche Versäumnisse während der Revolution. Seit dem Beginn …


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