Das Haus

Das Haus

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783608937770
Untertitel:
Roman
Genre:
Erzählende Literatur & Romane
Autor:
Mark Z. Danielewski
Herausgeber:
Klett-Cotta Literatur
Auflage:
4. Druckaufl., 2024
Anzahl Seiten:
802
Erscheinungsdatum:
29.05.2007
ISBN:
978-3-608-93777-0

Als der Pulitzer-Preisträger Will Navidson mit seiner Frau und den beiden Kindern in das Haus zieht, ahnt er nicht, wie hier sein Leben aus den Fugen geraten wird. Ganz beiläufig filmt er die alltäglichen Vorgänge in den Zimmern und Fluren; ganz beiläufig muss er feststellen, dass dieses Haus über Räume verfügt, die kein Grundriss verzeichnet.

Autorentext
Mark Z. Danielewski wurde 1966 als Sohn des polnischen Filmregisseurs Tad Danielewski geboren. Mit seinem Debütroman »House of Leaves«, an dem er über zehn Jahre gearbeitet hat, schuf er das erste Kultbuch des 21. Jahrhunderts.Seine Schwester, die Sängerin / Songwriterin Poe, hat zu dem Roman das Erfolgsalbum »Haunted« veröffentlicht.Sein zweiter Roman, »Only Revolutions«, wurde für den National Book Award nominiert.

Klappentext
»Ein großartiger Roman. Ein phänomenales Debüt. Hinreißend lebendig, auf erhabene Weise unheimlich, in erschütterndem Maße furchteinflößend, atemberaubend intelligent es lässt fast alle anderen Werke bedeutungslos erscheinen. Man kann sich vorstellen, wie Pynchon und Ballard, Stephen King und David Foster Wallace sich vor Danielewski verneigen, fassungslos vor Erstaunen und Uberraschung, Lachen und Ehrfurcht.« Bret Easton Ellis

Leseprobe
Einleitung
Ich hab immer noch Alpträume. Oft sogar - so oft, dass ich mich langsam dran gewöhnt haben müsste. Hab ich aber nicht. An Alpträume gewöhnt man sich nicht.
Zuerst hab ich's 'ne Zeitlang mit allen nur erdenklichen Pillen probiert. Irgendwas, das die Angst eindämmen kann. Excedrin PM, Melatonin, L-Tryptophan, Valium, Vicodin, jede Menge Sachen aus der Familie der Barbiturate. Die Liste war ganz schön lang, häufig auch gemischt, oft eins zu eins, mit dem einen oder anderen Schuss Bourbon und paar Pfeifen Gras, um die Lunge aufzurauen, oder mitunter sogar mit 'nem wabernden Kokstrip ins Land des Selbstvertrauens. Hat alles nichts gebracht. Eins scheint jedenfalls ziemlich sicher: Das Labor, das clever genug ist, um den Chemikaliencocktail zusammenzurühren, den ich brauche, das gibt's überhaupt noch nicht. Wer dieses Schätzchen mal entwickelt, der hat echt den Nobelpreis verdient.
Ich bin so müde. Der Schlaf treibt mich jetzt schon so lange vor sich her, dass ich mich gar nicht mehr erinnern kann, wann das angefangen hat. Und daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern. Leider, denn das ist keine erfreuliche Aussicht. Ich sage "leider", weil es mal eine Zeit gab, da hab ich das Schlafen richtig genossen. Eigentlich hab ich permanent geschlafen. Das war, bevor mein Freund Lude mich früh um drei geweckt hat und meinte, ich soll mal eben rüberkommen. Wer weiß, vielleicht wär ja heute alles ganz anders, wenn ich damals das Telefon nicht gehört hätte. Ich denk da oft drüber nach.
Ungefähr einen Monat vor dieser schicksalhaften Nacht hatte Lude mir nämlich von dem alten Mann erzählt. (Stimmt das eigentlich? Schicksal? Mit Haft hatte es todsicher nichts zu tun. Oder eben doch?) Ich suchte damals grade eine neue Wohnung, weil ich Probleme mit meinem Vermieter hatte, der eines Morgens in der Überzeugung aufgewacht war, er wäre Charles de Gaulle. Als er mir das verkündete, war ich so was von baff, dass ich, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, erwiderte, meiner unmaßgeblichen Meinung nach habe er nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Flughafen, obwohl ich die Vorstellung, mit einer 757 auf ihm zu landen, eigentlich ganz hübsch fände. Worauf er mir prompt gekündigt hat. Ich hätte mich natürlich wehren können, aber das Haus war eh die reinste Irrenanstalt, und ich war froh, dass ich da rauskam. Die Woche drauf hat Chuckie de Gaulle die Immobilie übrigens in Brand gesteckt. Und der Polizei hat er erzählt, dass da eine 757 draufgestürzt ist.
In den folgenden Wochen suchte ich von meinem Sofa aus nach einer neuen Bleibe irgendwo in der Ecke zwischen Santa Monica und Silverlake und ließ mir dabei von Lude erzählen, was mit dem Alten bei ihm im Haus los war. Der Typ wohnte im ersten Stock mit Blick auf einen großen, verwilderten Hof. Er hatte Lude wohl erzählt, dass er bald stirbt. So richtig ernst hab ich das alles nicht genommen, obwohl es eigentlich auch nicht so was war, was man gleich wieder vergessen konnte. Ich hab damals einfach gedacht, Lude will mich verarschen. Er neigt nämlich zu Übertreibungen. Schließlich fand ich eine Wohnung in Hollywood und verfiel wieder in meinen geisttötenden Alltagstrott als Praktikant in einem Tattoo-Studio.
Das war Ende 96. Die Nächte waren kalt. Ich war grade dabei, so nach und nach über diese Frau namens Clara English hinwegzukommen, die mir erzählt hatte, sie will einen Freund, der an der Spitze der Nahrungskette steht. Also ehrte ich unerschlafft ihr Andenken, indem ich mich vom Fleck weg heillos in so eine kleine Stripperin verknallte, die direkt unterm Tanga, knapp zwei Zentimeter über ihrer rasierten Muschi oder ihres - wie sie immer sagte - Himmelreichs auf Erden - ein Tattoo von Thumper, dem Bambi-Kaninchen, hatte. Na, egal, jedenfalls verbrachten Lude & ich die letzten Stunden des Jahres solo und mit einer gnadenlosen Tour durch die Canyons, immer auf der Suche nach neuen Kneipen, neuen Gesichtern, wobei wir uns mächtig Mühe gaben, mit dem ganzen Scheiß, den wir erzählten, das Tiefdunkelblaue vom Mitternachtshimmel runterzuholen. Haben wir aber nicht. Ich meine runtergeholt.
Und dann ist der Alte gestorben.
Nach dem, was ich mir inzwischen so zusammengereimt hab, war er Amerikaner. Wie ich später erfahren habe, hatte er allerdings einen Akzent, der seinen Arbeitskollegen zwar aufgefallen ist, den aber keiner so richtig einordnen konnte. Er selber hat sich Zampanò genannt. Das war der Name, mit dem er seinen Mietvertrag unterschrieben hat und noch verschiedene andere Fragmente, die ich fand. Pass, Führerschein oder sonst irgendwelche amtlichen Schriftstücke sind mir nicht untergekommen, nichts, was eindeutig bestätigen konnte, jawoll, hier habt ihr's mit Brief & Siegel, dieser Mensch hat tatsächlich existiert. Wer weiß, wo sein Name in Wirklichkeit herkam. Kann sein, er war echt, kann sein, er hat ihn sich ausgedacht oder auch ausgeliehen, vielleicht ein nom de plume oder auch, was ich persönlich vorziehen würde, ein nom de guerre.
Nach dem, was Lude sagt, wohnte Zampanò schon ewig bei ihm im Haus und lebte sehr zurückgezogen, kam aber pünktlich jeden Morgen und jeden Abend aus seinem Bau, um auf dem total verwilderten Hof, der von kniehohem Unkraut überwuchert war und auf dem's damals über achtzig streunende Katzen gab, seinen Spaziergang zu machen. Die Katzen schienen den alten Mann regelrecht zu lieben, obwohl er nie irgendwelche Leckerlis für sie dabeihatte; sie kamen jedes Mal an und strichen ihm um die Beine, und dann flitzten sie wieder zurück ins staubige Mittelfeld des Hofes.
Also jedenfalls war Lude mit einer Frau, die er in seinem Salon kennengelernt hatte, aus gewesen und erst spät heimgekommen. Es war schon nach sieben, als er endlich auf den Hof getorkelt kam und trotz seines massiven Restalkohols sofort merkte, dass irgendwas fehlte. Lude kam nämlich oft erst morgens heim, und jedes Mal traf er dann den Alten, der da unten seine Runden drehte, sich durchs Unkrautgestrüpp kämpfte und sich hin und wieder auf einer von den in der prallen Sonne stehenden Bänken ausruhte, bevor er sich auf die nächste Runde machte. Auch einer alleinerziehenden jungen Mutter, die jeden Morgen um sechs raus musste, fiel auf, dass Zampanò nicht da war. Sie ging zur Arbeit, und Lude ging ins Bett, aber als es Abend wurde und ihr alter Nachbar sich immer noch nicht hatte blicken lassen, sind Lude und die junge Mutter zusammen zu Flaze, dem Hauswart, gegangen und haben ihm Bescheid gesagt.
Flaze ist halb Hispano, halb Samoaner. Ein ziemlicher Riese übrigens. Einsneunzig, hundertzwanzig Kilo, und buchstäblich kein Gramm Fett am Leibe. Egal, ob Randalierer o…


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