Hochfliegende Ambitionen

Hochfliegende Ambitionen

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783593512198
Untertitel:
Die Bundesregierungen und das Airbus-Projekt (19691981)
Genre:
Politik & Wirtschaft
Autor:
Thomas Raabe
Herausgeber:
Campus
Anzahl Seiten:
175
Erscheinungsdatum:
17.01.2020
ISBN:
978-3-593-51219-8

Boeing, der weltweit größte Hersteller ziviler und militärischer Flugzeuge, beherrscht von den USA aus seit den 1950er Jahren den Markt der Luft- und Raumfahrttechnik. 1969 machte sich Europa auf, diesem Monopolisten entgegenzutreten. In enger Kooperation zwischen Frankreich und Deutschland wurde das Unternehmen Airbus aufgebaut, das trotz widriger Umstände Boeing schon bald das Fürchten lehrte. Dieses Buch schildert den mühevollen und kostspieligen Weg der Bundesregierungen von den Anfängen bis 1981, eine einheitliche Industriepolitik für die zivile und die militärische Luftfahrt zu implementieren.

Autorentext
Thomas Raabe, Dr. phil. Dr. rer. pol., war Pressesprecher u.a. für die Senatsverwaltung für Inneres in Berlin sowie für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und als Regierungssprecher des Freistaates Sachsen tätig.

Leseprobe
Einleitung Heutzutage besteigen Millionen von Reisende weltweit Passagiermaschinen der Firma Airbus. Die wenigsten werden heute wissen, dass die Idee für das Flugzeug »Airbus« in den 1960er Jahren, also vor mehr als 50 Jahren, geboren wurde. Damals machten sich Ingenieure, Manager, Politiker und europäische Regierungen auf, ein Flugzeug in die Realität umzusetzen, das dem bis dahin durch die US-Flugzeugindustrie beherrschten Weltmarkt Paroli bieten sollte. Ein kühnes Unterfangen, bedenkt man, dass Mitte der 1960er Jahre die Flugzeuge der US-Firmen Boeing, McDonnell und Lockheed keine ernsthaften Konkurrenten kannten. Das Jahr 2019, in dem Airbus sein 50-jähriges Jubiläum beging, begann zunächst mit einer schlechten Nachricht. Der damalige Vorstandsvorsitzende der Firma, Tom Enders, teilte im Februar 2019 mit, dass Airbus sein »A-380-Programm« im Jahr 2021 auslaufen lassen werde. Der A 380, das größte Passagierflugzeug der Welt, von dem die Lufthansa im Mai 2010 das erste Modell am Frankfurter Flughafen im Empfang nahm, hatte sich als zu teuer erwiesen. Hinzu kam, dass er nur schwer auszulasten ist und mit seinen vier mächtigen Triebwerken vergleichsweise viel Kerosin verbraucht. Vom A 380 wurden bis Februar 2019 insgesamt 234 Stück ausgeliefert, allein die Lufthansa hat 14 Maschinen dieses Typs in ihrem Bestand. Die Bundesregierung hatte auch beim A 380-Programm der Firma Airbus im Jahre 2002 einen großzügigen Kredit gewährt. Es heißt, dass insgesamt 942 Millionen Euro geflossen seien. Damit hat der deutsche Staat eine Politik fortgesetzt, die er seit Bestehen der Firma Airbus verfolgt hatte: Er gab dem Flugzeughersteller Finanzhilfen, damit dieser am Weltmarkt, insbesondere gegenüber den US-Amerikanern, bestehen konnte. Im aktuellen Fall des A 380 könnte es jedoch sein, dass die deutschen Steuerzahler auf die vollständige Rückzahlung des Kredits vergeblich werden warten müssen. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hieß es, dass Airbus bis zur Ankündigung des »Aus« für den A 380 nur etwa ein Drittel des Kredits zurückgezahlt habe. Da die Rückzahlung an die Zahl der Auslieferungen der Flugzeuge gekoppelt ist und das Modell, von dem einst Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, es sei ein »riesiger Erfolg für die Innovationskraft europäischer Unternehmen«, sich schlecht verkauft, muss nur wenig getilgt werden. Natürlich hatten Frankreich, Großbritannien und Deutschland Ende der 1960er Jahre zunächst das Ziel, ein Flugzeug zu bauen, das sich am Markt würde behaupten können; sie wollten auf diesem Wege aber auch einen europäischen Integrationsprozess anstoßen. Die Luft- und Raumfahrtindustrie ruhte auch damals schon auf drei Pfeilern: dem militärischen (Kampf-)Flugzeugbau, dem zivilen Passagierflugzeugbau und der Weltraumtechnik. Diese drei Bereiche hatten jeweils ihre eigenen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen, doch wollten die Bundesrepublik und die europäischen Nachbarn die Luft- und Raumfahrtindustrie auch insgesamt fördern. Dabei ging es um die Förderung neuer Technologien, aber auch um Arbeitsmarktpolitik, Standortpolitik, also um Wirtschaftspolitik im Allgemeinen. Es handelte sich, gerade beim militärischen Flugzeugbau, schließlich auch um einen Kerngegenstand der Verteidigungspolitik und damit um Außen- und Sicherheitspolitik. Die deutsche und die europäische Luft- und Raumfahrtpolitik hatte also vielen Zielen zu dienen. In dieser Studie soll es um das Flugzeug »Airbus« gehen, also das Großraumtransportflugzeug für ca. 280 bis 330 Personen für Kurz- und Mittelstrecken. Es soll dargestellt werden, wie die ersten Diskussionen um das zu bauende Flugzeug begannen, wie sich die interessierten Luftfahrtunternehmen in Westdeutschland zusammenfanden und organisierten, und vor allem, welche Rolle dabei die Bundesregierung spielte und wie schließlich auch europäische Regierungen zusammenarbeiteten, um dieses Projekt zu verwirklichen. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt dabei auf der Bundesrepublik Deutschland, ihren Regierungen und ihren politischen Repräsentanten. Dies hat vor allem damit zu tun, dass durch den Zugang zu den Archiven in Deutschland ein umfassender Einblick in die Akten der Bundesregierungen möglich ist. Da beim Airbus-Projekt im Laufe der Jahre neben Frankreich noch weitere europäische Partner einstiegen, wäre eine Darstellung, die auch die Perspektiven der europäischen Staaten abbilden wollte, zu umfangreich. Aber auch bei der Darstellung der westdeutschen Sicht beschränkt sich der Verfasser zunächst auf die Regierungsbehörden. Die Perspektive der beteiligten westdeutschen Industriefirmen wäre sicherlich auch erkenntnisreich: Dazu müssten jedoch die privaten Firmenarchive um Genehmigung gebeten werden, die jeweiligen Akten einsehen zu dürfen. Im Gegensatz zu den staatlichen Archiven, bei denen es unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen einen freien Zugang für jedermann gibt, können die Firmenarchive frei darüber entscheiden, wer Zugang erhält und welche Aktenbestände eingesehen werden dürfen. Davon wollte sich der Verfasser dieser Studie nicht abhängig machen. Aber auch in den Beständen der staatlichen Archive finden sich zahlreiche Dokumente aus den am Airbus-Projekt beteiligten Industriefirmen und vor allem auch Dokumente der europäischen Partnerregierungen. Eine weitere wichtige Quelle stellen die verschiedenen Jahrgänge der edierten Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland (AAPD) dar. In der bisherigen wissenschaftlichen Literatur stechen vor allem drei Werke hervor, die einen guten, profunden Überblick über die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie geben. Ulrich Kirchner hat 1998 eine Abhandlung zur Geschichte des bundesdeutschen Verkehrsflugzeugbaus: der lange Weg zum Airbus vorgelegt, in der er den zivilen Flugzeugbau bis 1972 darstellt. Er berücksichtigte dabei sorgfältig die bis dahin erschienene Literatur und auch Archivmaterialien, konnte aber in den staatlichen Archiven, wie er selbst schreibt, »eine Freigabe über die gesetzliche 30-Jahres-Frist [hinaus] nicht erreichen«. Bei seiner Darstellung der Vorgänge über das Airbus-Projekt konnte er sich daher nur auf das staatliche Archivmaterial bis 1967 stützen. Eine zweite wissenschaftliche Darstellung von Christopher Magnus Andres beschäftigte sich mit der bundesdeutschen Luft- und Raumfahrtindustrie von 1945 bis 1970. Die ebenfalls sehr sorgfältig erarbeitete Monographie beruht vereinzelt auch auf Aktenbeständen von Industriefirmen, konnte aber wie Kirchner nur bis Ende der 1960er Jahre staatliche Aktenbestände sichten. Da sein Darstellungszeitraum ohnehin 1970 endet, konnte der Verfasser dieser Studie bei der Behandlung der Anfänge des Airbus-Projekts nur bedingt auf das Werk von Andres zurückgreifen. Beide Autoren haben es jedoch versäumt, drei amerikanische Monographien zu berücksichtigen, die sich mit dem »Zweikampf« zwischen Airbus und Boeing auseinandersetzen. Auch wenn Anfang der 1970er Jahre Boeing die junge Firma Airbus noch nicht als ernsthaften Konkurrenten ansah, bieten die drei amerikanischen Darstellungen jedoch auch interessante Einblicke in die Frühgeschichte von Airbus. …


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