Asymmetrische Kriege

Asymmetrische Kriege

Einband:
Paperback
EAN:
9783593503141
Untertitel:
Eine politiktheoretische Untersuchung zur Kriegführung im 21. Jahrhundert
Genre:
Politische Ideengeschichte & Theorien
Autor:
Felix Wassermann
Herausgeber:
Campus
Anzahl Seiten:
357
Erscheinungsdatum:
31.05.2015
ISBN:
978-3-593-50314-1

Asymmetrische Kriege bilden die größte sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit. Doch was ist ein asymmetrischer Krieg und wodurch unterscheidet er sich von konventionellen Staatenkriegen? Wie kann er geführt, wie verhindert werden? Felix Wassermann sichtet die jüngere politikwissenschaftliche Asymmetrie-Diskussion und bringt Klarheit in die unübersichtliche Sicherheitslage nach dem Ende des Kalten Krieges. Unter ideengeschichtlichem Rückgriff auf Metaphern und Theorien der Asymmetrie rekonstruiert der Autor den Asymmetrie-Diskurs vom Scheitern der USA im Vietnamkrieg über die Terroranschläge vom 11. September 2001 bis zu den globalen, transnationalen Risiken des 21. Jahrhunderts.

»Die Analyse [] ist durchgehend ebenso originell wie aktuell gehalten. Sie will einer gewissen Systematisierung im Diskurs dienlich sein, was gelingt.« Martin Schwarz, Portal für Politikwissenschaft, 10.11.2016 »Sehr empfehlenswerte theoretische Abhandlung.« A. Manutscharjan, Zeitschrift für Innere Führung, 15.01.2016 "Die Außen-, Sicherheits- und Weltordnungspolitik und die gesamtgesellschaftliche Sicherheitsdiskussion [dürften] gut beraten sein, auf Wassermanns klugen Rat zu hören." Thomas Speckmann, Der Tagesspiegel, 23.09.2015 »Felix Wassermann gibt einen kundigen Einblick in den Diskurs des asymmetrischen Krieges.« Barbara Kuchler, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.09.2015 »Eine Studie, die die umlaufenden Theorien mit begrifflicher Klarheit und auf originelle Weise systematisiert.« Gero von Randow, DIE ZEIT, 13.08.2015

Autorentext
Felix Wassermann, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Theorie der Politik des Instituts für Sozialwissenschaften der HU Berlin.

Leseprobe
I. Das Terrain des asymmetrischen Krieges: Der Dschungel

"[] in der ganzen Bedeutung des französischen Ausdrucks Terrain[,] haben wir Gegend und Boden hier zu betrachten."
Carl von Clausewitz

Der asymmetrische Krieg gleicht einem Dschungel. Nicht nur geographisch führt er die regulären Soldaten staatlicher Armeen auf schwer zugängliches, unübersichtliches Terrain: die US-Truppen von 1965 an für zehn Jahre in die sumpfigen Wälder Vietnams, denen zuvor die Franzosen nach ihrer Niederlage bei Dien Bien Phu im Jahr 1954 entflohen waren; die von den Vereinigten Staaten angeführte Staatenkoalition im Jahr 2003 in die Wüste des Irak, der die "Koalitionäre der Willigen" im Winter 2011 nur zwischenzeitlich entkamen, bevor sie sich im Sommer 2014 als "Koalitionäre wider Willen" durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" zur Rückkehr in die irakisch-syrische Wüste gezwungen sahen; schließlich die internationale Staatengemeinschaft von 2001 bis 2015 und voraussichtlich weit darüber hinaus mit Mandaten der Vereinten Nationen und unter NATO-Führung in das Gebirge Afghanistans, aus dem sich bereits im Jahr 1989 die Sowjetarmee nach ihrerseits zehnjährigem Kampf hatte zurückziehen müssen. Doch nicht nur geographisch führt der asymmetrische Krieg in schwieriges, unübersichtliches Gelände. Auch politisch-strategisch und begrifflich-konzeptionell liegt sein Terrain jenseits des vertrauten, überschaubaren Gebiets, das die europäische Politik und Strategie sowie deren eurozentrierte Theorie seit dem Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück im Jahr 1648 nach Art der Gartenbaukunst zu kultivieren versucht hatten: jenseits des gehegten, geordneten und begrenzten Barockgartens des symmetrischen Krieges.
Der Barockgarten, der bis ins 18. Jahrhundert den europäischen Gartenbau dominierte, zeichnet sich insbesondere durch drei Charakteristika aus, die ihn als Bild des symmetrischen Krieges und also als Gegenbild des asymmetrischen Krieges geeignet erscheinen lassen: erstens durch seine symmetrische Anordnung, mit der er die Mannigfaltigkeit der Natur einer strengen Geometrie der Gleichartigkeit unterwirft; zweitens durch die Konzentration seiner Anlage auf den Fürstensitz hin, der den Mittelpunkt des Gartens bildet; und drittens durch die geradlinigen Alleen, entlang derer die Besucher diesen Garten auf direktem Weg passieren. In diesen drei Eigenschaften ähnelt dem Barockgarten der symmetrische Krieg, wie er vom 17. bis ins 20. Jahrhundert hinein die kriegshistorische und kriegstheoretische Landkarte Europas prägte. Erstens herrscht in diesem Krieg Gleichartigkeit vor. Nach den "geometrischen" Gesetzen der Gleichartigkeit regeln und entscheiden die Gegner, die einander wechselseitig als Gleiche anerkennen, ihr Kräftemessen, und mit Blick auf diese Gleichartigkeit hegen sie Ungleichgewichte jeglicher Art mittels Rüstungskonventionen und Sanktionen ein oder verringern sie durch wechselseitige Nachahmung, sofern sie doch einmal entstehen. Zweitens stehen im Mittelpunkt der "Gartenordnung" des symmetrischen Krieges souveräne Staaten. Als Monopolisten des Krieges führen die Staaten ihre regulären, uniformierten Armeen auf dem völker- und kriegsrechtlich geordneten, begrenzten, konventionellen Schlachtfeld gegeneinander. Drittens dominieren direkte, lineare Strategien die Kriegführung. Die Kriegsgegner verfolgen ihre politischen Zwecke und militärischen Ziele mittels räumlich und zeitlich konzentrierter Offensiven und rücken unter Einsatz großer Massen und Ressourcen auf direktem Wege bzw. auf geraden strategischen "Alleen" gegeneinander vor. Diese drei Merkmale kennzeichnen den symmetrischen Krieg, wie er innerhalb des Barockgartens des Westfälischen Staatensystems geführt und von der klassischen, eurozentrierten Politik- und Kriegstheorie reflektiert wurde: die Geometrie der Gleichartigkeit, die Zentralität der Staatlichkeit, die Linearität der Strategie.
Die symmetrische Ordnung dieses politisch-strategischen und theoretisch-konzeptionellen Barockgartens gerät seit Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend unter Druck. Insbesondere drei Entwicklungen tragen dazu bei, dass die symmetrische Gartenanlage allmählich von Asymmetrien untergraben und überwuchert wird. Erstens wachsen Ungleichartigkeiten und Ungleichgewichte im internationalen System. Das Wettrüsten während des Kalten Krieges führt dazu, dass die USA und die Sowjetunion sich von den übrigen internationalen Akteuren uneinholbar entfernen, bis schließlich nach der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 die USA als einzige Supermacht an der Spitze einer nunmehr "unipolaren", "hegemonialen" bzw. "imperialen" Weltordnung verbleiben, die der Geometrie des Westfälischen Staatensystems entwächst. Zweitens verlieren die Staaten auch gegenüber sub- und transnationalen Akteuren ihren angestammten und selbstverständlich beanspruchten Platz in der Mitte des globalen "Gartens". Partisanen, Befreiungskämpfer, Piraten, Warlords, Terroristen und andere Akteure und Profiteure der Entstaatlichung und des Staatsverfalls tragen dazu bei, dass die auf Staatlichkeit beruhende internationale Ordnung erodiert. Drittens verbreiten sich mit dem indirect approach und verwandten Methoden der "nichtlinearen" Kriegführung unkonventionelle Strategien wie die Guerilla und der transnationale Terrorismus. Deren Entdecker und ihre Nachahmer nutzen die indirekten Vorgehensweisen dazu, die geraden, breiten "Alleen" der direkten, linearen Strategie auf verschlungenen Pfaden zu umgehen und zu durchkreuzen. Diese drei Veränderungen bestimmen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in immer stärkerem Maße das Kriegsgeschehen: die sich vergrößernde Ungleichartigkeit der Kriegsparteien hinsichtlich ihrer Kräfte, die wachsende Ungleichheit ihrer staatlichen oder nichtstaatlichen Organisationsformen sowie die zunehmende Unterschiedlichkeit ihrer Strategien. Zusammen genommen führen diese drei Entwicklungen zum Übergang von - und Ausgang aus - dem Barockgarten des symmetrischen Krieges in den Dschungel des asymmetrischen Krieges.
Die Politikwissenschaften, die diesen "Wandel des Krieges" (Münkler 2006a) gegen Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit wachsender Aufmerksamkeit beobachte…


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