Raumplanung nach 1945

Raumplanung nach 1945

Einband:
Paperback
EAN:
9783593503066
Untertitel:
Kontinuitäten und Neuanfänge in der Bundesrepublik Deutschland
Genre:
Landschafts- & Stadtplanung
Herausgeber:
Campus
Anzahl Seiten:
419
Erscheinungsdatum:
31.10.2015
ISBN:
978-3-593-50306-6

Raumplanung und Raumforschung sind bislang in Deutschland, vor allem für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, nur ungenügend historisch aufbereitet. Wie viele andere Innovationen setzten sie sich in Deutschland aber erst nach 1945 dauerhaft durch - als Teil eines verwissenschaftlichten Konsenses zur Modernisierung, Rationalisierung und Demokratisierung der Gesellschaft, der zunächst zu oft die
Verbindungen zu den auch völkischen Wurzeln der Ordnung ausblendete. Der Band schließt somit nicht nur eine Lücke der Forschung, sondern setzt auch die Aufarbeitung eines wichtigen Stücks deutscher Nachkriegsgeschichte fort.

»Die Beiträge eröffnen interessante, zum Teil auch recht originelle Zugänge zu einem Forschungsfeld und berichten zum Wandel einer politischen Aufgabe im Zeitablauf 1945/1947 bis etwa 1980.«, Raumforschung Raumordnung

Autorentext
Wendelin Strubelt, Dr. rer. pol, war Vizepräsident und Professor des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung. Detlef Briesen, PD Dr. phil., ist Dozent für Zeitgeschichte an der Universität Gießen.

Leseprobe
Vorwort und ein persönlicher Dank

1.
Habent sua fata libelli - nicht nur Bücher haben ihre eigene Geschichte, sondern auch das Entdecken von Themen, Themenfeldern. Die Einsicht in die Wichtigkeit der Verbindung von Analysen der gegenwärtigen räumlichen Entwicklungen der Gesellschaft mit Analysen der historischen Entwicklungen von Räumen, Regionen und Städten, nicht zuletzt um aus der Vergangenheit die Gegenwart besser zu verstehen, verdanke ich einer Kritik von Jürgen Reulecke. Er kritisierte im Rahmen einer Veranstaltung der damaligen Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BfLR) unsere Beschränkung auf empirische Analysen der räumlichen Entwicklung der Bundesrepublik, trotz ihrer analytisch breiten Basis beruhend auf Statistiken über viele gesellschaftliche Sektoren mithilfe der Laufenden Raumbeobachtung. In der Vernachlässigung von Analysen des historischen Herkommens und der Entwicklung des jeweils gegenwärtig ablaufenden räumlichen Geschehens sah Reulecke Gefahren, wenn nicht gar gravierende Defizite für ein wirkliches Verstehen räumlicher Entwicklungen.
Aus dieser Kritik entstand der gemeinsame Wunsch, historische Entwicklungen und Erträge der Geschichtswissenschaft stärker mit gegenwärtiger Raumforschung zu verbinden. Eine Frucht dieser Idee waren zwei Hefte der "Informationen zur Raumentwicklung", die sich diesem thematischen Zusammenhang stellten. Hier entstand auch die Zusammenarbeit zwischen Detlef Briesen und mir, die bis heute anhält. Sein wissenschaftliches Interesse an einer Zusammenarbeit mit mir als einem "Raumwissenschaftler" ist maßgeblich dadurch geprägt, dass die heutige Zeitgeschichte vor deutlich anderen methodischen und heuristischen Herausforderungen steht als die Erforschung weiter zurückliegender Epochen: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehen große Mengen von zeitgenössischer Forschung zu allen Themenkomplexen zur Verfügung, mit denen sich eine theoriegeleitete Geschichtswissenschaft befassen kann. Außerdem spielt das durch die zeitgenössischen Wissenschaften jeweils akkumulierte Wissen eine viel größere Rolle für die gesellschaftliche Entwicklung der Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg als jemals zuvor. Eine Zeitgeschichte auf entsprechendem Niveau ist ohne intensive Befassung mit den jeweiligen zeitgenössischen Fachwissenschaften kaum noch möglich. Die Zeitgeschichte muss daher neue Wege einschlagen und den Dialog mit den Fachdisziplinen suchen, wenn sie sich auch weiterhin und kompetent mit den gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte befassen will. Ansonsten setzt sie sich der Problematik aus, mit großem Aufwand empirische Studien zu betreiben, die es längst gibt.

2.
Zuvor war ich bereits auf die Vergangenheit von Raumforschung und Raumordnung gestoßen, nämlich als ich 1981 mit der Leitung der BfLR auch die Mitverantwortung - zusammen mit der ARL - für die Heraus-gabe der gleichnamigen Zeitschrift übernommen hatte. Deren fortlaufen-des Erscheinen seit 1936 führte auf historische Ursprünge zurück, die auf eine eher dunkle Vergangenheit schließen ließen. Ich stellte eine Anfrage an den Präsidenten der ARL, ob wir nicht das Jahr 1985 - das fünfzigjährige "Jubiläum" der Gründung der Reichsstelle für Raumordnung - kritisch begehen sollten, gewissermaßen um an die gemeinsame dunkle Seite der institutionellen Vergangenheit aufarbeitend zu erinnern. Er ging auf diese Anregung nicht ein, indem er mich wissen ließ, dass noch zu viele aus der damaligen Zeit lebten.
In der Folgezeit standen für mich andere Themen und historische Er-eignisse - die Folgen für Stadt- und Raumentwicklung durch die voran-schreitende europäische Integration und insbesondere durch die deutsche Wiedervereinigung - im Vordergrund.
Außerhalb unserer Institutionen erschienen jedoch immer mehr Studien, viele Dissertationen, die sich mit der Thematik der "braunen Vergangenheit" von Institutionen und Personen aus Wissenschaft und Planung beschäftigten. Dies gipfelte in der Ausstellung und dem begleitenden Katalog, mit denen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Aufarbeitung ihrer Forschungsförderung im Dritten Reich begann, nämlich im Bereich der Raumforschung.
Ich war deshalb sehr dankbar, dass die ARL diesen Anstoß aufnahm und, initiiert durch Heinrich Mäding, eine Tagung zur nationalsozialistischen Vergangenheit von Raumforschung und Raumplanung durchführte, die auch vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), in dem die BfLR aufgegangen war, mitgetragen wurde. Obwohl nun schon fast keine Verantwortlichen aus der Vergangenheit mehr lebten, blieb auch diese Tagung, besonders weil sie sich mit einigen Wissenschaftlern beschäftige, die vor und nach 1945 in Deutschland an maßgeblicher Stelle "mitgewirkt" hatten, nicht ohne Kritik. Diese wurde nun von den akademischen Schülern dieser Personen vorgetragen. Wen erinnert das nicht an das Bibelwort der Schuld - wie auch immer betroffen - bis ins dritte, vierte Glied. Diesmal jedoch als Versuch, vermeintliche Unschuld zu behaupten oder zu retten!
Der Versuch von Detlef Briesen und mir, den Anstoß dieser Tagung zu nutzen, um mit Mitteln der DFG eine breitere Förderung solcher Forschungen durch einen Schwerpunk zu ermöglichen, scheiterte leider - vermutlich, weil wir quer zu den fachlichen Schwerpunkten und Perspektiven von Planungswissenschaftlern und Geschichtswissenschaft lagen.

3.
Umso erfreuter waren wir, dass die ARL unsere Anregung aufnahm, das Thema der Vergangenheit von Raumforschung und Raumordnung, nun jedoch zugespitzt auf die Entwicklung nach 1945 - was jedoch nicht ohne Berücksichtigung der Vorgänge vor 1945 geschehen konnte -, erneut aufzunehmen. So konnten wir im April 2014 in Bonn die Tagung durchführen, die die Basis für dieses Buch ist. Insbesondere dem früheren Präsidenten der ARL, Bernhard Heinrichs, gilt unser Dank dafür, dass er diese Tagung ermöglicht hat. Dankbar erinnern wir uns auch an die vorbereitenden und abstimmenden Treffen mit Hans Heinrich Blotevogel und Jürgen Reulecke.
Herzlich danken möchten wir allen, die an der Tagung selbst teilgenommen haben, insbesondere den Begrüßenden, den Vortragenden und den Moderierenden. Ihre Namen finden Sie in dem Programm, das hier abgedruckt ist. Vonseiten der Geschäftsstelle der ARL wurde die Tagung von Andreas Stefansky, Kathrin Kube und Angélique Griguhn organisatorisch vorbereitet und betreut - dafür herzlichen Dank.
Danken möchten wir der ARL auch dafür, dass sie es mit einer finanziellen Förderung ermöglicht hat, aus dieser Tagung das Buch zu entwickeln, das Sie jetzt in den Händen halten. Alle,
- die ARL, die das Lektorat (Cornelia Maria Hein und Heike Wegner) und den Satz der Manuskripte (Kathrin Kube) übernommen hat,
- der Verlag, der für Design und Layout verantwortlich zeichnet,
- die Auto…


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