Mädchen- und Frauenbildung in Europa

Mädchen- und Frauenbildung in Europa

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783593399553
Untertitel:
Von 1500 bis zur Gegenwart
Genre:
Geschichts-Lexika
Autor:
Juliane Jacobi
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 10.2013
Anzahl Seiten:
509
Erscheinungsdatum:
27.09.2013
ISBN:
978-3-593-39955-3

Neuere Gesamtdarstellungen der deutschen Bildungsgeschichte berücksichtigen die Mädchenbildung allenfalls marginal. Auch europäische Perspektiven werden in ihnen fast gar nicht eingenommen. In ihrem komparativ angelegten Buch - der Summe ihrer langjährigen wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Mädchen- und Frauenbildung - folgt Juliane Jacobi einem anderen Ansatz: Sie bezieht die für die Bildungsgeschichte Europas besonders aufschlussreiche frühe Neuzeit mit ein und greift bis ins 20. Jahrhundert mit seinen veränderten Geschlechterordnungen aus. Im Fokus steht dabei die Entwicklung der Mädchen- und Frauenbildung in Deutschland, Frankreich und England; Blicke nach Süd- und Osteuropa sowie nach Skandinavien und in die Niederlande ergänzen das Bild.

Autorentext
Juliane Jacobi war von 1996 bis zu ihrer Emeritierung 2010 als Professorin für Historische Pädagogik an der Universität Potsdam tätig.

Klappentext
Neuere Gesamtdarstellungen der deutschen Bildungsgeschichte berücksichtigen die Mädchenbildung allenfalls marginal. Auch europäische Perspektiven werden in ihnen fast gar nicht eingenommen. In ihrem komparativ angelegten Buch - der Summe ihrer langjährigen wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Mädchen- und Frauenbildung - folgt Juliane Jacobi einem anderen Ansatz: Sie bezieht die für die Bildungsgeschichte Europas besonders aufschlussreiche frühe Neuzeit mit ein und greift bis ins 20. Jahrhundert mit seinen veränderten Geschlechterordnungen aus. Im Fokus steht dabei die Entwicklung der Mädchen- und Frauenbildung in Deutschland, Frankreich und England; Blicke nach Süd- und Osteuropa sowie nach Skandinavien und in die Niederlande ergänzen das Bild.

Leseprobe
Wer würde der englischen Historikerin Catherine Macaulay (1731-1791) heute noch widersprechen, die im Zeitalter der Aufklärung die Vorstellung für "absurd" erklärte, "dass die Erziehung des weiblichen Menschen der des männlichen entgegengesetzt sein solle", und Eltern aufforderte, ihre Söhne und Töchter gemeinsam zu erziehen? Im 21. Jahrhundert werden Mädchen und Jungen in Europas öffentlichen Schulen überwiegend gemeinsam erzogen, um "der Vermischung der Geschlechter, die in allen europäischen Gesellschaften vorherrscht", angemessen Rechnung zu tragen. Dabei bestand in den meisten europäischen Ländern jahrhundertelang Konsens darüber, dass Mädchen und Jungen getrennt unterrichtet werden sollten; denn Mädchen mussten auf ein Erwachsenendasein vorbereitet werden, in dem Frauen in anderen rechtlichen, kulturellen und sozialen Verhältnissen lebten als Männer. Selbst heute ist die Debatte um die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Jungen nicht verstummt. Denn die Gleichheit aller Schülerinnen und Schüler, die die bildungspolitische Rhetorik seit den großen Bildungsreformen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beherrschte, hat sich spätestens in dem Moment als Fiktion erwiesen, als man die Geschlechterdimension empirisch einbezog: Die Zahlen zur Verteilung von Jungen und Mädchen auf Schultypen und Bildungsgänge und zur Entwicklung der Bildungsbeteiligung zeigen, dass weiterhin Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen bestehen. Dass die Mädchen gemessen an ihrer Leistung zudem in der Schule erfolgreicher als die Jungen sind, führt zu neuen Kontroversen. Weil das Geschlecht eines Kindes offensichtlich nach wie vor bei Bildungsentscheidungen, Bildungserfolg und Erwerbschancen eine, oft sogar die entscheidende Rolle spielt, werden Koedukation und neuerdings auch die wachsende Präsenz von Frauen als Lehrerinnen zum Gegenstand pädagogischer und bildungspolitischer Debatten. Wenn von Erziehungs- und Bildungsverhältnissen die Rede ist, bleibt das Geschlecht der betroffenen Personen also ein Thema. Dies wird in den wenigsten bildungsgeschichtlichen Darstellungen, die meist eine Geschichte der Jungen- und Männerbildung erzählen, angemessen berücksichtigt. Erst im Zusammenspiel mit einer Darstellung der Mädchen- und Frauenbildung kann die Bildungsgeschichte beleuchten, warum die Geschlechterverhältnisse bei allem Wandel von einem bemerkenswerten Beharrungsvermögen geprägt sind. Anders als in anderen europäischen Ländern wurde die Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung in Deutschland von der neueren historischen Bildungsforschung nie zusammenhängend dargestellt. Dabei haben zahlreiche Studien zu einzelnen Epochen der Mädchenbildung und zur Schulentwicklung, zu einzelnen bildungsgeschichtlich relevanten Personen, Schulen und Themen, zu einzelnen Städten oder Ländern in den letzten Jahrzehnten eine Fülle an neuen Informationen hervorgebracht - diese verlangen eine Synthese. Vier Gründe waren dafür ausschlaggebend, dass sich diese Darstellung nicht auf die deutsche Geschichte beschränkt. Erstens hat eine zunehmende Anzahl von Forschungen zur Mädchen- und Frauenbildung in Frankreich und England aus den letzten drei Jahrzehnten dazu geführt, die Bildungsgeschichte dieser Länder neu zu deuten. Davon haben auch die Forschungen zur deutschen Bildungsgeschichte als Geschlechtergeschichte profitiert. Zweitens schützt der Vergleich vor Verzerrungen, denen bildungsgeschichtliche Entwicklungen im Allgemeinen, die Mädchen- und Frauenbildung im Besonderen häufig unterliegen, weil die nationale Perspektive in der historischen Bildungsforschung besonders ausgeprägt ist. Wird doch etwas oft als "deutsch", "französisch" oder "englisch" wahrgenommen, was Mädchen und Frauen in ähnlicher Weise in ganz Europa betroffen hat. Ehe und Mutterschaft als Lebensaufgaben, auf die Erziehung vorbereiten sollte, sind nicht nur pädagogisches Erbe der deutschen Klassik, der "gemäßigten" Frauenbewegung oder wahlweise des Nationalsozialismus, sondern haben die Mädchenbildung überall in Europa geprägt. Drittens treten aber auch die nationalen Unterschiede durch den Vergleich stärker hervor. Und viertens schließlich ist die Zirkulation von Ideen selbst aufschlussreich, denn unser Bild von Europa und seiner Geschichte wird damit um zwei wesentliche Dimensionen vervollständigt, die leicht in Vergessenheit geraten: die ungleichen Lebenschancen von Menschen wegen ihres Geschlechts und der Kampf um Frauenrechte. Warum mit dem Jahr 1500 beginnen? Das Jahr 1500 liegt zwischen zwei Ereignissen, die das Gesicht Europas grundlegend veränderten und seine Geschichte bis heute prägen: der Entdeckung der Neuen Welt und dem Beginn der Kirchenspaltung im westlichen Christentum. Während die Entdeckung einer neuen Welt jenseits des großen Ozeans für unser Thema zunächst nur von marginaler und allenfalls indirekter Bedeutung ist, so ist es durchaus gerechtfertigt, eine Darstellung der Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung in Europa mit den Umbrüchen durch die Kirchenreform im 16. Jahrhundert zu beginnen. Zwar wird die Bedeutung der Reformation für die Bildungsgeschichte in Deutschland in mancher Hinsicht überschätzt, ihre Auswirkungen auf die europäische Geschlechterordnung waren jedoch epochal. Vor allem das neuzeitliche Eheverständnis bestimmt für die folgenden Jahrhunderte Ziele, Debatten und Inhalte der Mädchenbildung. Seit dieser Zeit wird die Frage nach gleichberechtigter Teilhabe an Wissen oder nach einer in Form und Inhalt besonderen Bildung von Mädchen und Frauen diskutiert. In der Erziehungspraxis fiel die Entscheidung meist zugunsten einer speziellen Mädchenbildung aus, wenn auch mit unterschiedlichen Auswirkungen auf deren institutionelle Verankerung in den verschiedenen Ländern. Eine starke eigenständige Tradition von Mädchenschulen, die von Frauen geleitet, deren Unterricht von ihnen getragen wurde und deren Spuren sich bis heute nicht nur in Europa, sondern auch auf den anderen Kontinenten verfolgen lassen, hat sich nach der Kirchenspaltung nur in der katholischen Welt etabliert. Im protestantischen West-, Mittel- und Nordeuropa ent…


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