Die Juni-Aktion 1938

Die Juni-Aktion 1938

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783593398235
Untertitel:
Eine Dokumentation zur Radikalisierung der Judenverfolgung
Genre:
20. Jahrhundert (bis 1945)
Autor:
Christian Faludi
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 04.2013
Anzahl Seiten:
420
Erscheinungsdatum:
2013
ISBN:
978-3-593-39823-5

Die erste Gesamtdarstellung zur »Juni-Aktion« 1938

»Nicht Gesetz ist die Parole, sondern Schikane«, wies Joseph Goebbels 1938 die Berliner Polizei an und umschrieb damit die von ihm gewünschte antisemitische Stoßrichtung der »Juniaktion«. Im Zuge dieser Aktion wurden neben sogenannten »Asozialen« erstmals auch zahlreiche Juden verhaftet und in Konzentrationslager überführt. Zugleich wurden lokale Übergriffe inszeniert und Geschäfte jüdischer Inhaber beschmiert und boykottiert. In Berlin mündeten die Krawalle in pogromartige Ausschreitungen. Christian Faludi präsentiert eine umfangreiche Auswahl von Dokumenten, die Planung, Verlauf und Folgen der Aktion sowie Motive und Interessen der Täter und die späteren Schicksale der Opfer schildern. Weitere Quellen zeigen, wie die Ereignisse im Ausland wahrgenommen wurden und wie jüdische Organisationen reagierten. In einer umfassenden Einleitung erläutert Christian Faludi überdies die historischen Hintergründe: Die »Juniaktion«, so das Fazit, markierte einen Wendepunkt in der Judenpolitik und stellte die Weichen für spätere Ereignisse wie die Novemberpogrome 1938.

Autorentext
Christian Faludi, M.A., ist Historiker und Doktorand an der Universität Jena. Während eines Projekts in der Gedenkstätte Buchenwald wurde er auf die bislang wenig erforschte »Juniaktion« aufmerksam. Er recherchierte weiter, sammelte Quellen, die in zahlreichen Archiven verstreut sind, und beschloss, diese und andere Dokumente zum Thema erstmals in einem Band zu publizieren.

Leseprobe
Die "Juni-Aktion" der Aktion "Arbeitsscheu-Reich" 1938 ist heute weitgehend als Maßnahme zur Massenverhaftung sogenannter Asozialer im "Dritten Reich" bekannt. Tatsächlich bot die Aktion aber auch Anlass für antisemitische Handlungen. Diese äußerten sich in der tausendfachen Verhaftung von Juden, deren Überführung in Konzentrationslager und in organisierten, radauantisemitischen Ausschreitungen - insbesondere in der Reichshauptstadt Berlin. So unterschiedlich die einzelnen Bestandteile der Aktionen waren, so gleich gestalteten sich die dazugehörigen grundlegenden Motivlagen zum Vorgehen gegen Juden. Alle verantwortlich Beteiligten verfolgten ein gemeinsames Ziel: nämlich "die Juden ganz aus Deutschland heraus[zu]drängen". Den Kern der Untersuchung bildet die judenpolitische Komponente der "Juni-Aktion". Neben dem Ereignis selbst und dessen unmittelbaren Folgen gilt es aber auch, die Kontexte zu ergründen, die sowohl zu den radauantisemiti-schen Ausschreitungen als auch zu den Massenverhaftungen geführt haben. Dabei wird deutlich, dass für die Ausmaße der "Juni-Aktion" zwei nationalsozi-alistische Institutionen mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen zur "Lö-sung der Judenfrage" verantwortlich zeichneten. Träger dieser Handlungsmuster waren auf der einen Seite der Gauleiter von Berlin, Joseph Goebbels, und dessen Polizeipräsident, Wolf Graf Heinrich von Helldorff. Beide strebten ab der "Kampfzeit" mittels inszenierten radauantisemitischen Straßenkrawallen danach, die Juden Berlins zu segregieren. Auf eine gesamtstaatlich zentralisierte "Lösung" orientiert waren dagegen die Vertreter eines "sachlichen Antisemitismus" aus Heinrich Himmlers und Reinhard Heydrichs Polizei- und Geheimdienstapparat. Animiert durch den "Anschluss" Österreichs, begannen beide Parteien ihre Anstrengungen zu intensivieren und prallten dabei aneinander. Die Gewalt entwickelte eine eigene Dynamik, was dazu führte, dass der antisemitische Aktionismus nach den Aprilboykotten 1933 und den Ausschreitungen im Vorfeld der Nürnberger Gesetze 1935 im Sommer 1938 einen dritten Radikalisierungsschub erhielt. Nach fünf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft gelangte der Prozess der Judenverfolgung somit an einen Punkt, an dem antisemitische Geschäftsboykotte, Straßenkrawalle und physische Gewalt in ein neues, breiteres Stadium eintraten. Dazu kam nun auch, dass im Zuge der "Juni-Aktion" erstmals reichsweit systematisch Tausende Juden verhaftet und in Konzentrationslager überführt wurden. Letztlich setzte das Ereignis damit eine erneute juden-politische Entwicklung in Gang, die wenige Monate später mit den November-pogromen ihren Höhepunkt fand. Den Ursachen für die Ausbildung der unterschiedlichen Handlungsmuster, die bei der Gewalt gegen Juden im Sommer 1938 Anwendung fanden, wird im ersten Kapitel nachgegangen. Im Bezug auf den Radauantisemitismus in Berlin wird erörtert, in welchen Zusammenhängen diese Form der Judenverfolgung hier angewandt wurde. Daran anschließend wird der Vergleich zu den Metho-den des Geheimdienstapparates gezogen. Im Zentrum der Untersuchung steht der Sicherheitsdienst der SS (SD), wo die "Lösung der Judenfrage" ab Mitte der Dreißigerjahre institutionalisiert war. Gefragt wird danach: Wie grenzte man sich im SD von den Methoden des Radauantisemitismus ab? Welche Alternativen wurden erarbeitet und worauf basierten diese? An die Betrachtung der Ausgangslage schließt die Untersuchung der kon-kreten Verfolgungsmaßnahmen. Zunächst gilt es hier, die Zusammenhänge der Verhaftungsaktion vom Juni 1938 mit der "Asozialen"-Verfolgung generell und der Aktion "Arbeitsscheu-Reich" vom April 1938 im Besonderen aufzuzeigen. Welche Maßnahmen zur Verfolgung "Asozialer" wurden wann, von wem und zu welchem Zweck initiiert? Daran anschließend werden die für den Untersuchungsgegenstand relevan-ten Vorgänge rund um den "Anschluss" Österreichs in den Blick genommen. Wie dehnte sich der SD in den neuen Machtbereich aus? Wie entfalteten dessen Mitarbeiter ihre Vorstellungen von Judenpolitik? Und was führte letztlich dazu, dass Juden hier erstmals gezielt und massenhaft in Konzentrationslagerhaft genommen wurden? Daraus resultierend, wird aufgezeigt, dass die Ereignisse in Österreich einen Prozess in Gang setzten, dessen unmittelbare Folge die "Juni-Aktion" war. Ebenfalls im Kontext des "Anschlusses" wird untersucht, welche Effekte die damit einhergehenden radauantisemitischen Ausschreitungen insbesondere in Wien auf die "Alten Kämpfer" des Reiches hatten. Einmal mehr rücken dabei Joseph Goebbels und Graf von Helldorff in den Vordergrund. Es wird aufgezeigt, wie beide, von der Gewalt in Österreich stimuliert, ein eigenes "Berliner Antijudenprogramm" erarbeiteten, das in der Helldorff-Denkschrift, einem Programm zur Segregation der Juden Berlins, und erneuten Ausschreitungen Ausdruck fand. Ferner wird erörtert, wie diese Anstrengungen vonseiten Heydrichs Polizei- und Geheimdienstapparates zunächst vereitelt wurden. Der Vollzug der Massenverhaftung von "Asozialen" und Juden vom Som-mer 1938 steht im Mittelpunkt der daran anschließenden Abschnitte. Die reichsweiten Verhaftungen werden anhand des Fallbeispiels der Kriminalpoli-zeileitstelle Bremen untersucht. Wie setzte die Polizei die Vorgaben Heydrichs um und mit welcher Einstellung begegneten die Beamten ihrer Aufgabe? Unter anderem wird hierbei deutlich, dass die Polizei zwar mit besonderem Engage-ment versuchte, die Anweisungen des Sicherheitshauptamtes zu erfüllen, die Verfolgung von Juden in provinziellen Regionen jedoch nicht im Mittelpunkt der Maßnahmen stand. Anders gestaltete sich dieses in den Ballungszentren mit großen jüdischen Gemeinden. In Berlin, das sich rasch zum Epizentrum der Verhaftungen entwickelte, nutzten einmal mehr Goebbels und Helldorff die Aktion auch dazu, den "Volkszorn" im lokalen Machtbereich zu initiieren. Wie hat sich die Gewalt gegen Juden dort konkret geäußert? Welche Faktoren zeichneten für deren Steigerung verantwortlich? Welche Wirkungen gingen damit auf Initiatoren und Opfer einher und was hat zum Stopp der Maßnahmen geführt? In einem Exkurs wird diesen Dingen anschließend auch für weitere Regionen, insbesonde…


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