Die Arbeit des Gelehrten

Die Arbeit des Gelehrten

Einband:
Paperback
EAN:
9783593394336
Untertitel:
Der Nationalökonom Karl Bücher (18471930)
Genre:
Neuzeit bis 1918
Autor:
Beate Wagner-Hasel
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 03.2011
Anzahl Seiten:
405
Erscheinungsdatum:
31.03.2011
ISBN:
978-3-593-39433-6

Karl Bücher gilt als Pionier der empirischen Sozialwissenschaft und als Initiator einer Debatte über die antike Wirtschaft, die vor allem von Max Weber aufgegriffen wurde. Beate Wagner-Hasel schildert in ihrer Biografie sowohl das wissenschaftliche Wirken als auch das bürgerliche Leben Büchers. Anhand der umfassenden Briefe seiner Ehefrau rekonstruiert sie den Leipziger Gelehrtenalltag um 1900: zwischen bürgerlicher Sparsamkeit und Konsum, zwischen akademischen Ehren und streitbaren Auseinandersetzungen mit den Kollegen. Gleichzeitig führt sie vor Augen, dass Büchers Arbeiten auch heute noch mit Gewinn gelesen werden können.

Karl Bücher (18471930) gilt als Pionier der empirischen Sozialwissenschaft und als Initiator einer Debatte über die antike Wirtschaft, die vor allem von Max Weber aufgegriffen wurde. Beate Wagner-Hasel schildert in ihrer Biografie sowohl das wissenschaftliche Wirken als auch das bürgerliche Leben Büchers. Anhand der umfassenden Briefe seiner Ehefrau rekonstruiert sie einen Leipziger Gelehrtenalltag um 1900: zwischen bürgerlicher Sparsamkeit und Konsum, zwischen akademischen Ehren und streitbaren Auseinandersetzungen mit den Kollegen. Gleichzeitig führt sie vor Augen, dass Büchers Arbeiten auch heute noch mit Gewinn gelesen werden können.

»Mit der Biographie liegt ein Werk vor, das eine unverzichtbare Grundlage für die weitere Bücherforschung bildet und diese zugleich inspirieren vermag.« Comparativ, 01.09.2012

Autorentext
Beate Wagner-Hasel ist emeritierte Professorin für Alte Geschichte an der Universität Hannover.

Leseprobe
Städtische Haushaltsführung und Abendgesellschaften Auch wenn Emilie Bücher am eigenen Komfort ungern spart, so erscheinen ihr die Kosten des gesellschaftlichen Lebens, die in Leipzig im Vergleich zu Karlsruhe steigen, als hoch. »Gerade die städtische Bürger-Gesellschaft der Zeit vor 1914 übte eine enorme soziale Kontrolle aus, der sich der Einzelne kaum entziehen konnte, ohne Gefahr zu laufen, gesellschaftlich, beruflich und geschäftlich ins Abseits zu geraten«, meint Schäfer im Hinblick auf die Leipziger Verhältnisse. Die Zugehörigkeit zur bürgerlichen Welt musste auch in der Bildungselite, der die Büchers angehörten, »regelmäßig einem mehr oder minder umfangreichen Kreis von Gleichgestellten demonstriert« werden. Dies geschah über Einladungen zu festlichen Abendessen in der eigenen Wohnung, die eine repräsentative Ausstattung verlangte, um diese Funktion der Inszenierung bürgerlicher Häuslichkeit erfüllen zu können. Die Gewährleistung einer solchen bürgerlichen Statusdemonstration fiel in den Aufgabenbereich der Ehefrauen, die über eine entsprechende geschmackliche und ästhetische Bildung verfügen mussten. Nicht ohne Sinn für Humor schildert Emilie Bücher in ihren Briefen gegenüber Eltern und Schwester ihre vielfältigen Aufgaben als Gastgeberin. In den Anfangsjahren beschreibt sie detailliert den Aufwand für Köchin, Servierfrau und Speisen für die Abendgesellschaften. Sie unterscheidet zwischen »Reformgesellschaften« mit jüngeren Kollegen und Gesellschaften für ältere Geheimräte. Für Abendgesellschaften mit Geheimräthen werden eine Köchin und eine Servierfrau eingestellt, die dem fest angestellten Dienstmädchen zur Seite stehen; bei den Reformgesellschaften kocht die Magd. Emilies Schilderungen zeigen, wie weit dieses Leben von der ländlichen Eigenwirtschaft der Jugendjahre Büchers entfernt ist: »Nächsten Donnerstag 31st. haben wir unsere 6te Einladung«, schreibt sie im Frühsommer 1894 an Mutter und Schwester, »4x ohne Köchin. Das nächste mal, weil es fast lauter Geh[eim]Räthe sind, wird wieder ein Küchendrache draußen regieren, den Kochlöffel schwingen!« Die Einstellung von zusätzlichem Küchenpersonal empfindet sie als Entlastung. »Wißt ihr mühsam ist die Geschichte auf diese Weise nicht, Karl richtet das Geschirr etc., die Servierfrau deckt den Tisch, holt die dessert u. compotteller, Tassen etc. aus dem Schrank heraus, ich übersehe das Ganze, Karl zahlt's. Wie gesagt, es geht ganz gut, ist aber theuer. Namentlich die Kochmadame.« Die Speisenfolge umfasst mehrere Fleisch- und Fischgerichte, die heute einem Gourmetessen im Drei-Sterne-Restaurant entsprechen. »Erst will sie«, so berichtet Emilie, »ein ragoût aus 6 Kalbszungen, 4 Barschen mit 24 Krebsen« kochen. Dann folgen »Rehrücken, Salat. Eis. Butter. Käse.« Wiederholt betont sie die Entlastung durch das Personal. »Den Thee erst u. den Kaffee zuletzt besorgt auch die Dienerschaft, ich brauche mich nicht darum zu bekümmern.« Nur wenn es um die Kosten geht, offenbart sich Emilies sparsamer Sinn. »Wie gesagt, das Geld reut mich, eine solche Gesellschaft von 19 Pers. kommt bald auf 100 M. mit Wein etc. Die jüngeren Damen haben ausgemacht, die Geschichte viel einfacher zu machen. Ich habe auch schon eine solche Reformgesellschaft gegeben. Ohne Köchin etc. Werde es auch immer thun, wenn es jüngere Leute sind. Bei den Alten will Karl keine Experimente. Einladen muß sein. Ich glaube, ich habe es Euch schon mündlich erklärt.« Da die Büchers nicht nur eine Abendgesellschaft pro Semester geben, müssen die Kosten für die Geselligkeit beachtlich gewesen sein. Ausgaben in Höhe von 400 Mark hat Erna Meyer-Pollack für den Haushalt eines Berliner Justizbeamten für das Jahr 1888, dem Jahr seines Umzuges nach Berlin, ermittelt, in dem viele Antrittsbesuche und Gegeneinladungen anfielen. Etwa drei bis fünf Prozent des verfügbaren Jahresbudgets wurde in der Regel für derartige Geselligkeiten ausgegeben. Das Budget für Geselligkeiten im Bücher'schen Haus wird kaum darunter gelegen haben. Im nächsten Sommer rapportiert Emilie Bücher wieder über die unangemessenen Kosten: »Also unsere Gesellschaft ist recht gut und hübsch abgelaufen, aber theuer kommt es mit der Kochfrau, diese bekommt 8 Mark u. spart natürlich gar nicht, der Abend mit 16 eingeladenen Personen mit uns 18 kommt ungefähr mit Wein und allem auf 100 Mark. Das ist vielleicht für viele Leute nicht zu hoch, für meine bisherigen Begriffe jedoch viel zu viel.« Die Köchin findet sie »sehr bequem, denn sie macht alles, richtet die Speisen her, kocht auch den Thee u. Kaffee. Ich kam mir selbst wie eine Eingeladene vor.« Die Speisenfolge ist wieder aufwendig: »Wir hatten erst Filet mit Trüffel u. Kartoffeln u. Spargelgemüse garniert, 2. Forellen (20 Stück 25 Mark) mit Butterküglein, [] dann Käse, zuletzt Dessert. Umständlich ist es, daß man vorher Thee geben muß, zuletzt im Salon Kaffee, dann Sodawasser u. Bier.« Die Forellen will sie nie mehr geben, »das ist sündhaft theuer, ein anderer Fisch thut's auch.« Auf eine Köchin kann sie dagegen nicht verzichten, da »lauter Geheimräthe« geladen sind, »d. h. nur Roschers sind wirklich Geheimrath, die anderen alle Geh. Hofrath u. lassen sich doch der Abkürzung wegen Geheimrath schimpfen.« Wenn »einfachere kleinere Leute« kommen, müssen diese »Karolines Kocherei essen«. Als auf einer Gesellschaft, zu der die Büchers geladen sind, Champagner serviert wird, meint Emilie, dass eine arme Familie davon das ganze Jahr leben könne. Von den Bewirtungskosten in Höhe von 100 Mark hätte sie sich selbst zusammen mit Sohn und Ehemann eine Woche Urlaub in einer kleinen Pension leisten können. Gesellschaften für Studenten gestalten sich preisgünstiger und machen der Hausfrau mehr Vergnügen. Am 26. Februar 1904 hält sie im Brief an die Schwester Mathilde fest: »Morgen ist letztes Winterprofessorium. Dienstags Gesellschaft bei uns. Lauter alte Geheimräthe, so daß es mir ein bisserl unbehaglicher ist als sonst, ich mache nicht gerne gr. Umstände, weiß aber nicht, ob diese meine Einfachheit nicht krumm auffassen. Die Studentengesellschaft fiel gut aus. Es ist immer ein Vergnügen, den guten Appetit zu sehen!« Meist serviert sie Bohnen, Kalbsschlegel oder Hammelkeulen sowie Käse, Obst und Kuchen. »Wenn es nicht die Mühe wäre«, schreibt sie ihren Eltern im Dezember 1894, »sollte man diese armen jungen Leute wirklich öfter einladen; sie scheine…


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