Das Ende eines Kolonialreiches

Das Ende eines Kolonialreiches

Einband:
Paperback
EAN:
9783593391847
Untertitel:
Ostafrika im Ersten Weltkrieg
Genre:
Regional- und Ländergeschichte
Autor:
Michael Pesek
Herausgeber:
Campus Verlag GmbH
Auflage:
1. Aufl. 10.2010
Anzahl Seiten:
419
Erscheinungsdatum:
31.10.2010
ISBN:
978-3-593-39184-7

Der Erste Weltkrieg war auch ein Krieg um Kolonien. Ostafrika gehörte zu den am längsten umkämpften Schlachtfeldern. Die Mehrzahl der Kriegsbeteiligten waren, neben den Europäern, Afrikaner und Inder. Ohne die Hunderttausende afrikanischer Arbeiter und Träger hätte der Krieg von keiner Seite geführt werden können. Michael Pesek schildert das Los der afrikanischen Soldaten und das Leben der Zivilbevölkerung, wo Zwangsarbeit und Kriegsverbrechen alsbald Teil des Systems waren.

Autorentext
Michael Pesek, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am SFB 640 an der Humboldt- Universität zu Berlin.

Klappentext
Der Erste Weltkrieg war auch ein Krieg um Kolonien. Ostafrika gehörte zu den am längsten umkämpften Schlachtfeldern. Die Mehrzahl der Kriegsbeteiligten waren, neben den Europäern, Afrikaner und Inder. Ohne die Hunderttausende afrikanischer Arbeiter und Träger hätte der Krieg von keiner Seite geführt werden können. Michael Pesek schildert das Los der afrikanischen Soldaten und das Leben der Zivilbevölkerung, wo Zwangsarbeit und Kriegsverbrechen alsbald Teil des Systems waren.

Leseprobe
Der Krieg in Ostafrika 19141918 Die ersten Kriegswochen waren in Deutsch-Ostafrika von einer gewissen Konfusion geprägt. In der Kolonie verfügte man nur über spärliche Nachrichten aus Europa. Am 1. August 1914 hatte das Gouvernement ein Telegramm aus Berlin bekommen, das den Ausbruch des Krieges in Europa vermeldete. Einen Tag später wurde dem Gouvernement in einem weiteren Telegramm zugesichert, dass das Kaiserreich nicht die Absicht habe, seine Kolonien in den Krieg hineinzuziehen. Mit Kriegsbeginn wurden Nachrichten aus der Heimat zunehmend zur Mangelware, denn die Briten taten alles, um die Deutschen von der Heimat abzuschneiden. Am 8. August bombardierte die Royal Navy Dar es Salaam, die Hauptstadt der Kolonie, und zerstörte den dortigen Funkturm. Gleichzeitig verhängte die Navy eine Blockade über die Häfen der deutschen Kolonie. Auch aus den entfernteren Winkeln der Kolonie, von den Grenzen, kamen zunächst nur spärliche Nachrichten: Einige Wochen war den Deutschen nicht klar, dass auch Belgien und damit der benachbarte Kongo zu den Kriegsgegnern gehören würden. Erst ein aus belgischer Gefangenschaft geflohener deutscher Kaufmann brachte den Behörden in der Kolonie die Meldung, dass auch das als neutral vermutete Belgien zu den Kriegsgegnern zu rechnen sei. Vom Einmarsch deutscher Truppen in Belgien hatte das Gouvernement bis dahin keine Kenntnis gehabt. Selbst als Nachrichten vom Krieg die Hauptstadt der Kolonie erreicht hatten, dauerte es mitunter mehrere Tage oder Wochen, bis diese Kunde auch in die entferntesten Winkel der Kolonie vorgedrungen war. Dass der Krieg dann auch in den Kolonien selbst ausgebrochen war, erfuhr ein deutscher Schiffskapitän auf dem Viktoria-See daher erst nach zwei Wochen und dies erst, nachdem ein englischer Dampfer sein Boot beschossen und die gesamte Besatzung gefangen genommen hatte. Ähnlich erging es einem englischen Zollangestellten an der Grenze zwischen Deutsch-Ostafrika und Britisch-Ostafrika. Wie wohl jeden Tag hatte er von seinem deutschen Gegenüber eine Zigarette erbetteln wollen. Anstelle einer Zigarette ereilte ihn der Tod durch die Kugel des Askari. Dem herbeigeeilten britischen Offizier des Grenzpostens bedeutete der deutsche Vorgesetzte des Askari, dass nunmehr beide Nationen im Krieg seien: auch in Ostafrika. Unter den Deutschen in der Kolonie, obwohl in der Mehrzahl eher national und konservativ gestimmt, begeisterte die Aussicht auf einen Krieg in Ostafrika nur Wenige. Europa war weit und viele legten ihre Hoffnungen in die Kongoakte; hatte sie doch im Fall von kriegerischen Ereignissen in Europa eine Neutralität der Kolonien vorgesehen. So dachte auch Gouverneur Heinrich Schnee, oberster Zivilbeamter der Kolonie und gleichzeitig nomineller Oberbefehlshaber über die Schutztruppen. Ihm zufolge habe die deutsche Regierung bis Ende August 1914 versucht, eine Neutralitätsvereinbarung für Afrika zu treffen, um militärische Auseinandersetzungen mit den benachbarten Briten und Belgiern zu vermeiden. Doch die Bemühungen der Diplomaten waren eher halbherzig und auch Schnee hatte kaum die Macht, die folgenden Ereignisse aufzuhalten. Dennoch waren seine Argumente gegen den Krieg in der Kolonie nicht von der Hand zu weisen. Die Deutschen, so der Gouverneur, seien von den Alliierten umzingelt: im Norden von den Briten, im Westen von den Belgiern und im Süden wiederum von den Briten und dann gab es auch noch die Portugiesen. Sie verhielten sich zwar anfangs neutral, jedoch spätestens im Jahre 1915 kam es immer wieder zu Grenzscharmützeln zwischen portugiesischen und deutschen Einheiten. Abgeschnitten vom Heimatland werde es den Deutschen unmöglich sein, gegen einen übermächtigen Feind lange zu bestehen, argumentierte Schnee. Die Deutschen müssten mit ihren afrikanischen Soldaten, den Askari, gegen europäische Truppen kämpfen. Dafür seien sie weder ausreichend ausgebildet noch ausgerüstet. Der Krieg der Europäer auf afrikanischem Boden berge unkalkulierbare Risiken für die Kolonialherrschaft nicht nur des Kaiserreiches, sondern aller europäischer Kolonialmächte. Wenn, wie zu erwarten, die koloniale Ordnung in den Wirren des Krieges zusammenbreche, bestehe die Gefahr, dass sich die Bevölkerung gegen die Europäer erheben werde. Schnee stand mit dieser Einschätzung nicht allein. Neben dem Gouverneur und der Zivilverwaltung waren es vor allem Missionare und Siedler, die dem Krieg auf ostafrikanischem Boden wenig abgewinnen konnten. Selbst unter den Militärs gab es erhebliche Meinungsverschiedenheiten. All diese Argumente konnte auch Lettow-Vorbeck, der wenige Monate zuvor zum kommandierenden Offizier der Kolonialtruppen ernannt worden und in der Kolonie angekommen war, nicht von der Hand weisen. Auch ihm war durchaus bewusst, dass, egal was immer er hier erreichte, der Krieg in Europa entschieden werden würde. Dennoch war er fest davon überzeugt, dass er in Ostafrika einen Beitrag für den deutschen Sieg in Europa leisten könne. Sein Plan war simpel: Er wollte so viele britische Truppen so lange als möglich in Ostafrika binden. Diese Haltung lag wenig im Sinne der Kolonialbehörden und des Außenministeriums, wohl aber im Sinne des deutschen Generalstabs. Bereits um die Jahrhundertwende hatten die Militärs in Deutschland, wie im Übrigen auch die des Empires, Pläne für den Kriegsfall in den Kolonien parat. So mag es wenig Zweifel darüber geben, dass Lettow-Vorbeck nicht umsonst kurz vor dem Krieg nach Ostafrika, der größten deutschen Kolonie, geschickt worden war. Er galt als des Kaiserreiches erfahrenster Kolonialoffizier. Wie Schnee war auch der Gouverneur der britischen Kolonie, Sir Henry Conway Belfield, kein Befürworter des Krieges. Und auch hier äußerten Missionare und Siedler große Vorbehalte. Aber die Verantwortlichen in London hatten eine andere Sicht der Dinge. Führende Militärs und Politiker, darunter zunächst auch der britische Kriegsminister Lord Herbert Kitchener, fürchteten, dass deutsche Häfen an der ostafrikanischen Küste als Basen von Kriegsschiffen genutzt werden könnten, die im Indischen Ozean Jagd auf britische Versorgungsschiffe aus Indien machten. Von dort kamen wichtige Kriegsmaterialien und auch Soldaten, die von den Briten in großer Zahl auf den europäischen Kriegsschauplätzen eingesetzt wurden. Für das Colonial Office und das Indian Office, die zu Kriegsbeginn in erster Linie für die militärischen Operationen in Ostafrika verantwortlich zeichneten, schienen die Deutschen und ihre afrikanischen Soldaten keine ernstzunehmenden Gegner zu sein. Im Sommer 1914 gingen die britischen Militärs von einem schnellen Ende der Kämpfe auf diesem Kriegsschauplatz aus. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatten britische Militärplaner Pläne für eine Invasion der deutschen Kolonie entworfen. Als der Krieg begann, ö…


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