Das Geschlecht der Wissenschaften

Das Geschlecht der Wissenschaften

Einband:
Paperback
EAN:
9783593391489
Untertitel:
Zur Geschichte von Akademikerinnen im 19. und 20. Jahrhundert
Genre:
Kulturgeschichte
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 03.2010
Anzahl Seiten:
337
Erscheinungsdatum:
31.03.2010
ISBN:
978-3-593-39148-9

Ist Geschlecht in der Wissenschaft heute ein Unterschied, der keinen Unterschied mehr macht? Die Autorinnen und Autoren werfen einen Blick auf die letzten hundert Jahre, in denen Frauen in der Wissenschaft tätig waren, und diskutieren den Zusammenhang von Wissenschaft, Macht und Geschlecht aus historischer, wissenschaftskritischer und geschlechtertheoretischer Perspektive.

Autorentext
Ulrike Auga, Claudia Bruns, Levke Harders und Gabriele Jähnert forschen und lehren im Bereich Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Universität Bielefeld.

Zusammenfassung
Diesem innovativen Band ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zu wünschen. (Das Historisch-Politische Buch, 01.07.2011)

Leseprobe
Ein Schwerpunkt der vorliegenden Publikation ist die Geschichte von Frauen an der Berliner Universität Unter den Linden. Der Band knüpft damit an die in den vergangenen 15 Jahren erschienenen Studien an, die die Geschichte des Frauenstudiums einzelner Hochschulen im Rahmen von Ausstellungen und Sammelbänden aufarbeiten. Preußen war vor Mecklenburg (1909) der letzte Staat im Deutschen Reich, der 1908 die reguläre Immatrikulation von Studentinnen erlaubte. Auch die (Königliche) Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin (FWU), die heutige Humboldt-Universität zu Berlin, ließ Frauen als voll immatrikulierte Studentinnen zum Wintersemester 1908, das heißt 100 Jahre nach ihrer Gründung, zu. Diese Geschichte und die der Akademikerinnen an dieser Universität ist - zumindest bis 1945 - inzwischen gut erforscht. Die Aufsätze von Falko Schnicke über den Historiker Heinrich von Treitschke, von Ulrike Auga über die Theologie und von Christina Altenstraßer über das Fach Nationalökonomie untersuchen bislang eher vernachlässigte, disziplinenspezifische Aspekte der Berliner Universitätsgeschichte. Alexandra Tischels Beitrag verbindet biographische Forschung über eine Berliner Wissenschaftlerin mit einem wissenschaftsgeschichtlichen Ansatz. Die schwierigen Bedingungen wissenschaftlicher Arbeit der ersten Studentinnengeneration diskutiert sie anhand des Lebens- und Berufsweges der Germanistin Helene Herrmann, die als Jüdin in Auschwitz ermordet wurde. Frauen konnten im Deutschen Reich zwar nach 1900 studieren, blieben aber aus der universitären Gemeinschaft zumeist ausgeschlossen und konnten daher nur Wissenschaft jenseits des Berufs betreiben. Tischel erklärt, inwiefern Herrmanns inhaltliche und methodische Neuorientierung von einer historisch-philologischen Germanistik zu geistesgeschichtlichen Ansätzen auch als Strategie zu verorten ist, an der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu partizipieren. Silke Helling skizziert hingegen in Schlaglichter auf eine frühe Journalistin und politische Lobbyistin exemplarisch das Studium einer später überzeugten Nationalsozialistin. Else Frobenius war in der Phase des Übergangs zur Immatrikulationsberechtigung für Frauen als Gasthörerin in Berlin eingeschrieben und nach ihrem Studium außerhalb der Wissenschaft tätig. Auf Basis ihrer autobiographischen Schriften untersucht Helling die Studienzeit der Publizistin, ihre Lebens- und Studienbedingungen, wie auch ihre Aussagen zu jüdischen Förderern - darunter Max Herrmann, dem Ehemann von Helene Herrmann - und geschlechtlich segregiertem Bildungszugang. Viele Wissenschaftlerinnen arbeiteten an außeruniversitären Einrichtungen, da die universitäre Laufbahn einer Frau bis weit in das 20. Jahrhundert eine seltene Ausnahme blieb. Diese speziellen Bedingungen weiblicher akademischer Erwerbsarbeit sind für die Preußische Akademie der Wissenschaften (PAW) und teilweise auch für die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) erforscht und dargestellt worden. Eine detaillierte Analyse unternimmt hier Petra Hoffmann in Der Übergang vom universitären Ausbildungs- ins Wissenschaftssystem. Nach 1900 beschäftigte die PAW auch Nachwuchswissenschaftlerinnen in ihren Unternehmungen. Anhand der Berufswege von 90 Mitarbeiterinnen erläutert Hoffmann differenziert die Organisationsstrukturen der Akademiearbeit, die Bedingungen in den verschiedenen Unternehmungen, die familiären Voraussetzungen für die Karriereverläufe von Wissenschaftlerinnen und skizziert so eine der frühen Integrationsmöglichkeiten von Frauen in die Wissenschaft. Nach der weiblichen Teilhabe an der Wissensproduktion in der Zeit des Nationalsozialismus fragt Christine von Oertzen in ihrem Aufsatz Ausschluss und Aufbruch, transnational. Die 1919 gegründete International Federation of University Women (IFUW) stellte ein internationales akademisches Netzwerk dar, das europäische und US-amerikanische Frauen in den 1920er Jahren aufbauten und ab 1933 zur Flucht- und Flüchtlingshilfe nutzten. Von Oertzen hat dazu umfangreiche Archivmaterialien erstmals ausgewertet und kann so genau beschreiben, wie die IFUW verfolgten Akademikerinnen zwischen 1933 und 1945 zur Flucht verhalf und sie bei der Fortführung ihrer wissenschaftlichen Arbeit unterstützte. Die Situation von Studentinnen und Wissenschaftlerinnen in der Nachkriegszeit ist sowohl für die BRD wie auch die DDR bisher wenig erforscht. Massimo Perinellis Analyse des Filmes Studentin Helene Willfüer widmet sich der filmischen Repräsentation der wissenschaftlich tätigen Frau im Westdeutschland der Nachkriegszeit und beschreibt die 1950er Jahre als eine Zeit voller innerer Widersprüche. Die scheinbare Biederkeit der beginnenden Wirtschaftswunderzeit wird bei genauerer Betrachtung als funktionale Distanzierung zum Nationalsozialismus verstanden, unter deren Oberfläche erstaunlich deviante Praktiken der Sexualität, der Lebensarrangements und vergeschlechtlichter - wissenschaftlicher - Arbeit entstanden. Der Film ist dabei eine Quelle, die die verschiedenen Impulse der nachklingenden Vergangenheit, umkämpften Gegenwart und anvisierten Zukunft auffängt und diskursiv miteinander in Beziehung setzt.

Inhalt
Inhalt Einleitung: Das Geschlecht der Wissenschaften Ulrike Auga, Claudia Bruns, Levke Harders, Gabriele Jähnert, Katrin M. Kämpf 9 I. Wissen, Macht und Weiblichkeit Die schlauen Frauen: Dignitas, Auctoritas, Nobilitas Ist die Wissenschaft geschlechtsreif? Friederike Hassauer 25 Vertreibt der weibliche Zugang zum Logos den Eros? Zu einer erstaunlich aktuellen Debatte unter Studentinnen der 1920er Jahre Claudia Bruns 43 "Merely Cultural"? Geschlechterforschung und Kulturkritik Renate Hof 75 Interventionen in der Akademie: Gleichstellung in der Wissenschaft im 21. Jahrhundert Susanne Baer 91 II. Von Aufbruch und Ausschluss Die erste Generation von Studentinnen und die Zulassung der "besseren Elemente" 1890-1914 Patricia Mazón 113 Wissenschaft jenseits des Berufs - Teilhabe und Ausschluss am Beispiel der Germanistin Helene Herrmann Alexandra Tischel 127 Schlaglichter auf eine frühe Journalistin und politische Lobbyistin: Else Frobenius (1875-1952) Silke Helling 141 Der Übergang vom universitären Ausbildungs- ins Wissenschaftssystem: Das Beispiel der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin Petra Hoffmann 157 Ausschluss und Aufbruch, transnational: Die Fluchthilfe der akademischen weiblichen Weltgemeinschaft, 1933-1945 Christine von Oertzen 183 Studentin Helene Willfüer - Liebe und Arbeit in Zeiten der Beherrschtheit Massimo Perinelli 203 III. Disziplinenspezifische Mechanismen von Hegemonie und Dissidenz "Obrigkeit ist männlich" - Zur Systematik kultureller Suspendierung von Frauen in Heinrich von Treitschkes Vorlesungen über Politik Falko Schnicke 219 Umstrittene Anerkennung: Habilitation und Geschlecht Das Beispiel der Berliner Staatswissenschaften 1920-1933 Christina Altenstraßer 237 Disziplin(ierung) und Geschlecht in den Geisteswissenschaften in den USA und Deutschland Levke Harders 259 Von der weiblichen Lust am Studium der Theologie - Frauen Gestalten Geschichte Rajah Scheepers 281 "Stiefschwestern" - Zum Verhältnis feministisch-theologischer Ansätze aus Ost- und Westdeutschla…


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