Bunker

Bunker

Einband:
Paperback
EAN:
9783593386034
Untertitel:
Kriegsort, Zuflucht, Erinnerungsraum
Genre:
Kulturgeschichte
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 06.2008
Anzahl Seiten:
328
Erscheinungsdatum:
30.06.2008
ISBN:
978-3-593-38603-4

Bunker - Alptraum aus Beton oder Mahnmal?

Seit Flugzeuge in den Kriegen des 20. Jahrhunderts die Möglichkeit boten, Städte in weiter Entfernung anzugreifen, sollte am Boden der Bunker Schutz gegen die todbringenden Bomben bieten. Für einige, die in Kriegszeiten darin eine zweifelhafte Zuflucht fanden, bleibt der Bunker als Ort des Schreckens in Erinnerung, für andere wird er zu einem originellen Veranstaltungsort; einige würden den Betonklotz gern abreißen, andere möchten ihn als Mahnmal und Museum umgestalten. In zwanzig Beiträgen erkunden Historikerinnen, Künstler und Architekten die Geschichte des Bunkers, seiner Erbauer und seiner Nutzer in verschiedenen Ländern. Sie rücken ins Bewusstsein, dass die ungeliebten Riesen ein wichtiger Teil der Geschichte des 20. Jahrhunderts sind.

Vorwort
Bunker Alptraum aus Beton oder Mahnmal?

Autorentext
Prof. Dr. Inge Marszolek ist Historikerin und Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bremen. Marc Buggeln, Historiker, promoviert dort als Stipendiat der Heinrich- Böll-Stiftung.

Klappentext
Seit Flugzeuge in den Kriegen des 20. Jahrhunderts die Möglichkeit boten, Städte in weiter Entfernung anzugreifen, sollte am Boden der Bunker Schutz gegen die todbringenden Bomben bieten. Für einige, die in Kriegszeiten darin eine zweifelhafte Zuflucht fanden, bleibt der Bunker als Ort des Schreck­ens in Erinnerung, für andere wird er zu einem originellen Veranstaltungsort; einige würden den Betonklotz gern abreißen, andere möchten ihn als Mahnmal und Museum umgestalten. In zwanzig Beiträgen erkunden Historikerinnen, Künstler und Architekten die Geschichte des Bunkers, seiner Erbauer und seiner Nutzer in verschiedenen Ländern. Sie rücken ins Bewusstsein, dass die ungeliebten Riesen ein wichtiger Teil der Geschichte des 20. Jahrhunderts sind.

Leseprobe
Böse Orte - gemeint sind damit die Stätten nationalsozialistischer Selbst-darstellung - nannten die Herausgeber Stephan Porombka und Hilmar Schmundt plakativ ihren Sammelband. Der erste Beitrag, verfasst von Henryk M. Broder, trägt den Titel: "Über dem Führerbunker". In gewohnt ironischer Manier thematisiert Broder, dass das Holocaust-Mahnmal durch die Nähe zum "tiefenttrümmerten Führerbunker" zum "authentischen Ort" werde: Das werde durch den Film "Der Untergang" verstärkt, weil dieser Millionen Deutschen gezeigt habe, wie es in der "Herzkammer des NS-Regimes" (Broder 2005: 20) ausgesehen habe. Broders kurzer Text endet mit der Frage, was eigentlich passiere, wenn ein Besucher des Holocaust-Mahnmals sich nach dem Ort des Führerbunkers erkundige: "Dann wird man ihm vielleicht antworten: Der ist alle, jetzt hamwa den Holocaust" Am 10. Dezember 2006 stand unter dem Titel "Diktatur in 3-D. Der Atombunker der DDR wird unter der Stresemannstraße in Berlin simuliert" folgende kurze Meldung in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: "Papier kann zynisch sein. Nachweis über den Einsatz von Kernwaffen, so ist der vergilbte Auswuchs sozialistischer Bürokratie überschrieben. Datum. Einsatzort. Menge. Unterschrift. Alles musste seine Ordnung haben in Geheimobjekt 17/5001, im Bollwerk des Ostens, vulgo Honecker-Bunker. 6.000 qm Schutz vor dem Westen, mitten im Wald nördlich von Berlin. Vierzehn Tage lang sollten die Top 30 der DDR unter sieben Meter dickem Stahlbeton den Ernstfall überleben, unter ihnen, na klar, der Staatsratsvorsitzende. Der Ernstfall, für jenen wohl der GAU, ist jetzt eingetreten - der Westen hat sich des Riesenkubus bemächtigt." Der Artikel berichtet weiter, dass der Bunker nun im Auftrag der Bundesregierung für immer versiegelt wird: Daher beamt der Verein Berliner Bunker Netzwerk das Bauwerk mit seinem Innenleben an die Innenwand eines anderen Tiefbunkers, dessen Eingang in der Stresemannstraße vor dem Martin-Gropius-Bau liegt. In diesem Bunker könnten im Ernstfall 532 Berliner Schutz finden. Jetzt dient er dem Verein als Museum. Gruppen können samstags nach Anmeldung diesen Bunker und die 3-D-Animation besichtigen. Unter der Überschrift "Kultur sprengt Beton" berichtete die FAZ am 21. Juli 2007 über den geglückten Umbau eines deutschen U-Boot-Bunkers in Saint-Nazaire im Norden Frankreichs, der als Vorposten zur Rückgewinnung des Hafenareals als Ort für Kultur und Kunst dient. Die neu gebaute Kuppel, bestehend aus 300 lichtdurchlässigen Dreieckspaneele stammt von einem anderen historisch aufgeladenen Ort, dem Berliner Flughafen Tempelhof. Bis 2004 beherbergte das Rundobjekt die Radaranlagen des Flughafens. Bunker als Heterotopien Drei Geschichten über Bunker, die von unterschiedlichen Zeiten und Orten handeln. Es sind drei, eigentlich vier Bunker, die zu verschiedenen Zwecken errichtet wurden, und es geht in all diesen Geschichten um die Lagerungen oder Platzierungen, die an diesen Orten aufzudecken sind. Michel Foucault entwickelte in einem kurzen Text von 1967 seine Vorstellungen einer Heterotopologie (Foucault 1990). Dieser nur acht Seiten umfassende Text wurde zu einem Kern vieler neuerer Überlegungen, die um die Wiederentdeckung des Raums in der Soziologie, der Geographie und in der Geschichtswissenschaft kreisen. Zugrunde liegt dem spatial turn, dass Räume und soziale Praktiken verbunden und die Bedeutungsanlagerungen erforscht werden. Für die Bunkergeschichten, die in diesem Band erzählt werden, kann der Text von Foucault, so meinen wir, als Klammer dienen: Bunker, so unsere Behauptung, sind Heterotopien. Für Foucault ist die Geschichte der Räume und ihrer (An-)Ordnungen (Löw 2001: 164) von der Geschichte der Machtpraktiken nicht zu trennen. Räume sind, so Foucault, von Lagerungsbeziehungen gekennzeichnet, wobei nicht - wie viele Raumsoziologen es tun (Löw 2001) - zwischen Räumen als Konstrukten und als realen Orten unterscheidet. Solche Lagerungen oder Platzierungen, die sich an den realen Orten spiegeln, binden auch die Utopien, die Nicht-Orte, an den Ort zurück. Neben der Utopie, die eine Gegenwelt entwirft, aber die keinen wirklichen Ort hat, steht für Foucault die Heterotopie. Die so bezeichneten Orte sind "gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können" (Foucault 1990: 39). Der andere und dennoch wirkliche Ort ist für Foucault eine kulturelle Gegenplatzierung. Diese Orte sind "realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind" (Foucault 1990: 39). Foucault begreift diese Orte als Abweichungsheterotopien, da in ihnen miteinander Unvereinbares thematisiert werde. Mit Marc Augé, einem französischen Kulturanthropologen, könnte man Bunker auch als "andere Orte" bezeichnen. Augé kennzeichnet diese Orte als Transiträume, da an ihnen Menschen jenseits ihrer sozialen beziehungsweise lokalen Bindungen zusammengeführt werden (Augé 1994; Knoch). Doch während Augé mehr von der Perspektive der Menschen, die an diesen Orten zusammentreffen, ausgeht, ermöglicht die Vorstellung der Heterotopie stärker, an den Orten selber Spurensuche zu betreiben und so Menschen, Orte, Fantasmen und Macht zusammen zu denken. Foucault gibt hierzu weitere Hinweise: Eine Heterotopie funktioniert in verschiedenen Systemen und Kulturen unterschiedlich - sie ist also zu historisieren. Sie vermag an einem einzigen Ort mehrere Räume und Platzierungen zusammenzulegen, die unvereinbar erscheinen. Sie folgt einer eigenen Zeit, beziehungsweise die Menschen brechen an diesem Ort mit der Zeit. Es gibt die akkumulierte Heterotopie eines Museums oder Archivs oder die der Flüchtigkeit. Heterotopien sind schließlich gekennzeichnet von Öffnungen und Schließungen. Sie beherbergen Illusionen oder Kompensationen, oftmals als Widerständigkeit oder als Devianz. Das bedeutet, dass in diesen Räumen Versprechen bzw. Imaginat…


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