Modernisierung der funktionalen Selbstverwaltung

Modernisierung der funktionalen Selbstverwaltung

Einband:
Paperback
EAN:
9783593385969
Untertitel:
Universitäten, Krankenkassen und andere öffentliche Körperschaften
Genre:
Staatslehre & politische Verwaltung
Autor:
Tanja Klenk
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 06.2008
Anzahl Seiten:
279
Erscheinungsdatum:
30.06.2008
ISBN:
978-3-593-38596-9

Schriften des Zentrums für Sozialpolitik, Bremen

Durch die Reform der Selbstverwaltung im Hochschulbereich sind die Probleme neuer Leitungsstrukturen ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Über die bisherige Diskussion hinaus beleuchtet Tanja Klenk anhand von Fallstudien zur Selbstverwaltung im Bereich der Bildung und Sozialen Sicherung nun erstmals Leitungsreformen als eigenständiges Handlungsfeld der Verwaltungsmodernisierung. Dabei fragt sie auch nach der Zukunft eines für den deutschen Verwaltungsaufbau zentralen Organisationstypus.

"Wer künftig mit Fragen der funktionalen Selbstverwaltung befasst ist, wird an der Studie von Frau Klenk nicht vorbeigehen können.", Deutsches Verwaltungsblatt, 15.02.2012

Vorwort
Schriften des Zentrums für Sozialpolitik, Bremen

Autorentext
Tanja Klenk ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) in Bremen.

Leseprobe
Verwaltung ist, wie Max Weber es formuliert, Herrschaft im Alltag (Weber 1972: 126). Sie gehört zum exekutiven Teil der politischen Ordnung und bedarf in einer demokratischen Gesellschaftsordnung ebenso wie die ande-ren Teilelemente des politischen Systems, in denen öffentliche Gewalt ausgeübt und kollektiv bindende Entscheidungen getroffen werden, der Legitimation. Die Anerkennung einer politisch-administrativen Ordnung kann auf unterschiedlichen Geltungsgründen basieren: auf Zwang, Traditi-on, pragmatischem oder strategischem Sich-Fügen oder aber auf (demo-kratischer) Legitimation. Legitimation bzw. Legitimität zählen zu den Schlüsselkategorien so-wohl der Rechts- als auch der Politikwissenschaft. In einem normativen Sinne bezeichnet der Begriff der Legitimität die Anerkennungswürdigkeit einer politisch-administrativen Ordnung vor dem Hintergrund bestimmter Prinzipien. Als empirische Kategorie beschreibt Legitimation dagegen die faktische Anerkennung eines Herrschaftssystems. Diese begriffliche Unter-scheidung wird in der Literatur aber nicht durchgehend eingehalten. Im empirischen Sinne basiert Legitimation auf den Legitimitätsüberzeugungen oder dem Legitimitätsglauben der betreffenden Akteure. Diese Legitimi-tätsüberzeugungen unterliegen dem historischen Wandel und können je nach politischem oder kulturellem Kontext variieren. Von faktischer Aner-kennung einer Ordnung als legitim kann man nur sprechen, wenn ein Min-destmaß an Freiwilligkeit, Bewusstheit und normativer Prägung der Ord-nungsanerkennung vorhanden ist. Wirkliche Akzeptanz kann weder durch Zwang oder Drohung hergestellt werden noch ausschließlich auf einer unreflektierten Befolgung von Traditionen und Gewohnheiten beruhen. Als legitim gilt eine politisch-administrative Ordnung dann, wenn sie sich auf eine in diesem Sinne begründete Akzeptanz der betroffenen und betei-ligten Akteure stützen kann (Wiesner et al. 2006). Damit ein bestimmter Verwaltungstypus und die von seinen Organen getroffenen Entscheidungen als legitim anerkannt werden (können), ist aus verfassungsrechtlicher Perspektive die Übereinstimmung dieser Institution und ihrer prozessualen Regeln mit der geltenden Herrschaftsordnung von Be-deutung. Im Grundgesetz kommt dabei dem in Art. 20 II 1 GG veranker-ten Demokratieprinzip eine zentrale Stellung zu (Emde 1991; Kluth 1997). Der dort zum Ausdruck kommende Gedanke der Volkssouveränität - alle Staatsgewalt geht vom Volke aus - verlangt, dass jede Ausübung von Staatsgewalt durch staatliche Organe vom Volke abgeleitet ist. Das Volk ist der substantielle Träger der Staatsgewalt, staatliche Organe und Amtswalter handeln nur treuhänderisch im Namen des Volkes. Jedes amtliche Handeln muss durch das Legitimationssubjekt - das Volk - legitimiert sein. Dabei lassen sich zwei Legitimationsformen unterscheiden. Das Prinzip der per-sonellen Legitimation sieht vor, dass staatliche Entscheidungsträger ihre Stellung direkt auf das Volk zurückführen können. Amtsträger, die staatli-che Aufgaben wahrnehmen, müssen vom Volk bzw. vom Parlament gewählt oder aber von einem gewählten Amtsträger bestellt sein. Die per-sonelle Legitimation ist dann gegeben, wenn sich eine ununterbrochene "Legitimationskette" zum Volk rekonstruieren lässt. Die materielle Legiti-mation der Entscheidungen ist hingegen gegeben, wenn der Inhalt der Staatstätigkeit auf den Willen des Volkes rückführbar ist. Das Grundgesetz sieht unterschiedliche Mechanismen vor, um die materielle Legitimation sicherzustellen. Zum einen sind alle staatlichen Organe und Amtswalter an die beschlossenen Gesetze gebunden. Sie sind zum anderen weisungsab-hängig und ihr Handeln untersteht der Kontrolle der staatlichen Aufsichts-organe (Emde 1991: 34f.). Die beiden Legitimationsformen stehen in ei-nem engen Verhältnis: Sie können sich wechselseitig bis zu einem gewissen Grad substituieren, allerdings nicht vollständig ersetzen (Wolff/Bachof/ Stober 2004: 136ff.). Der Verwaltungstypus, der dem im Grundgesetz skizzierten Demokra-tiemodell am nächsten kommt, ist die hierarchisch gegliederte Ministerial-verwaltung. Sie gilt als Idealtypus der demokratischen Verwaltung. Funkti-onal verselbstständigte Verwaltungseinheiten, die aus der Hierarchie der Ministerialverwaltung ausgegliedert sind, in eigenem Namen handeln und an deren Entscheidungsprozessen in vielen Fällen private Akteure beteiligt sind, weichen vom Demokratiemodell des Grundgesetzes ab und nutzen andere Legitimationsmechanismen. Dies wird nicht nur daran deutlich, dass die Selbstverwaltungsakteure weisungsfrei handeln und in der Regel nur der Rechtsaufsicht unterstehen. Die Träger der funktionalen Selbst-verwaltung verfügen darüber hinaus über eigenständige "Parlamente", deren Repräsentanten entweder von den Organisationsmitgliedern gewählt oder von definierten gesellschaftlichen Gruppen entsandt werden. Die Entscheidungsträger in der funktionalen Selbstverwaltung erhalten ihre Legitimation also nicht durch das gesamte Volk, sondern lediglich durch ein "Teilvolk" - ein Verfahren, das, wie im folgenden Kapitel gezeigt wer-den wird, in den Rechtswissenschaften zum Teil sehr kritisch betrachtet wird. Im Unterschied zur Rechtswissenschaft sind in der Politikwissenschaft normative und empirische Perspektiven auf Legitimität bzw. Legitimation präsent. In normativer Betrachtungsweise (Anerkennungswürdigkeit einer politischen Ordnung) spielen Rechtmäßigkeit und Legalität auch in der politikwissenschaftlichen Legitimationsdebatte eine Rolle. Jedoch reflektiert die Demokratietheorie auf die Gesamtheit der Bedingungen, unter denen eine politische Ordnung als demokratisch und damit als legitim anerkannt wer-den kann. Neuere politikwissenschaftliche Ansätze im Übergangsfeld von normativer und empirischer Legitimationsforschung unterscheiden zwi-schen einer input- und einer outputorientierten Dimension demokratischer Legitimation (Scharpf 1999, 1970). Die input-orientierte Perspektive be-schreibt bzw. bewertet die Legitimation eines politisch-administrativen Systems anhand der institutionellen Strukturen zur Willensbildung und Entscheidungsfindung. Demokratisch-legitim ist ein institutionelles Arran-gement dann, wenn es den Akteuren hinreichende Chancen zur Partizipa-tion bietet und sie die Möglichkeit haben, vorgeschlagenen Maßnahmen zuzustimmen, sie abzulehnen oder ihren Inhalt zu beeinflussen. Neben offenen Partizipationsprozessen sind auch die Transparenz des Entschei-dungsprozesses und die Möglichkeit, Entscheidungen einem Entschei-dungsträger zuzurechnen und von diesem Rechenschaft einzufordern, für die demokratische Legitimation von Relevanz. Bei der output-orientierten Dimension wird die Legitimation der Ordnung hingegen an den Ergebnis-sen des politisch-administrativen Handelns gemessen: Eine kollektiv ver-bindliche Entscheidung ist dann legitim, wenn sie zur Steigerung des Ge-meinwohls beiträgt. Die Bewertung der Output-Legitimation erfolgt im Wesentlichen über die Kriterien der Effizienz und Effektivität. Gemein-wohl…


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