Totenkulte

Totenkulte

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783593380964
Untertitel:
Kulturelle und literarische Grenzgänge zwischen Leben und Tod
Genre:
Sonstige Ethnologie-Bücher
Autor:
Konstanze Baron, Eva Blome, Patrick / Ghanbari, N Eiden
Herausgeber:
Campus
Auflage:
1. Aufl. 09.2006
Anzahl Seiten:
376
Erscheinungsdatum:
18.09.2006
ISBN:
978-3-593-38096-4

Die Anwesenheit der Toten Die Art, wie die Lebenden mit den Toten umgehen, und der Raum, den sie ihnen zugestehen, sagen viel über das Selbstverständnis einer Gesellschaft. Dieser Band schildert die Bedeutung von Totenritualen in verschiedenen Kulturen seit dem Mittelalter bis heute: Grabmalkulte und Jenseitsvorstellungen, der Umgang mit körperlichen Überresten, die Literatur als Form des Totengedenkens, Filme über Zombies und Wiedergänger sowie die Konservierung des Todes in der umstrittenen Körperweltenausstellung. Mit Beiträgen von Burkhard Gladigow, Klaus- Peter Köpping, Albrecht Koschorke, Susanne Küchler, Johanna Offe u. a.

Die Art, wie die Lebenden mit den Toten umgehen, und der Raum, den sie ihnen zugestehen, sagen viel über das Selbstverständnis einer Gesellschaft. Dieser Band schildert die Bedeutung von Totenritualen in verschiedenen Kulturen seit dem Mittelalter bis heute: Grabmalkulte und Jenseitsvorstellungen, der Umgang mit körperlichen Überresten, die Literatur als Form des Totengedenkens, Filme über Zombies und Wiedergänger sowie die Konservierung des Todes in der umstrittenen Körperweltenausstellung. Mit Beiträgen von Burkhard Gladigow, Klaus- Peter Köpping, Albrecht Koschorke, Susanne Küchler, Johanna Offe u. a.

Vorwort
Die Anwesenheit der Toten

Autorentext
Die Herausgeber sind Stipendiaten im Graduiertenkolleg »Die Figur des Dritten « der Universität Konstanz.

Leseprobe
Einleitung Wie die Lebenden mit den Toten umgehen, gibt wichtige Hinweise auf die Ordnung einer Gemeinschaft. Auch wenn Verwandte, Freunde, öffentliche Personen oder Fremde sterben, bleiben sie doch im sozialen Leben präsent. Die Lebenden schaffen kultische und rituelle Formen der Begegnung mit den Toten: Man erzählt von verstorbenen Menschen in Legenden, Geschichten und Alltagsgesprächen, gibt ihnen einen Platz im Kalender, glaubt sie durch Magie beschwören und bannen zu können, bewahrt ihr Andenken in Bildern und Filmen, besucht ihre Gräber oder gedenkt ihrer an besonderen Gedächtnisorten, ersetzt sie durch Masken oder Totemzeichen. Manche Tote werden in besonderer Weise erinnert: Man widmet ihnen Nachrufe oder Biografien, feiert ihre Geburts- und Todestage, verehrt sie als Heilige oder kanonisiert sie als Klassiker. Andere werden dagegen rasch vergessen oder bewusst aus dem Gedächtnis getilgt. Von der Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten hängt vieles ab: die Selbstdeutungen von Individuen und Gemeinschaften, ihr Verständnis von Tradition, Erbe und historischer Verantwortung, die sozialen Beziehungen der Lebenden untereinander, die Kontinuität ihrer Normen, Institutionen und Symbole. Die im vorliegenden Band versammelten Beiträge nehmen Umschlagplätze in Augenschein, an denen der Austausch zwischen den Abwesenden und den Anwesenden stattfindet. Diese Kontaktnahmen treiben vielfältige Figurationen des Dritten hervor: dritte Räume zwischen Diesseits und Jenseits; Medien, welche die Kluft zwischen dem Reich der Lebenden und dem der Toten markieren und zugleich überbrücken; Zwischenwesen, die sich der eindeutigen Zuordnung zu einer der beiden Welten entziehen; schließlich Zeiten des Übergangs von der einen Ordnung in die andere. Wenn, wie Thomas Macho schreibt, das "provozierende Rätsel des Todes [] nicht allein darin [besteht], daß der Tote fortgeht, sondern darin, daß er bleibt", dann nimmt der Band Totenkulte sich bewusst der Vielzahl von Ritualen und Repräsentationsformen an, mit denen dieses Rätsel in verschiedenen kulturellen Kontexten und zu verschiedenen Zeiten bearbeitet wurde und immer noch bearbeitet wird. Dabei steht nicht "der Tod" als großes Abstraktum im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern die konkreten kulturellen Praktiken, die jenes Abstraktum handhabbar machen sollen. Die "Grenzgänge", die im vorliegenden Band untersucht werden, lassen in ihrer rituellen Verfasstheit eine jeweils verschiedene "Materialität" des Todes und der Toten hervortreten, der die besondere rituelle Sorge gilt. Der tote Körper - das, was unübersehbar bleibt - wird zum Ausgangspunkt von Transformationsprozessen, welche ihren Ursprung nie ganz vergessen machen können: sei es im Grabmal oder der Fotografie, als Plastinat oder Videozombie, als Statue oder Schrift. Die Insistenz des Materiellen, die sich in den untersuchten Totenkulten bemerkbar macht, erfordert eine Ausdifferenzierung der methodischen Zugänge, welche auch die wissenschaftliche Beschäftigung selbst zu einem Grenzgang werden lässt - nicht zuletzt zwischen den Disziplinen. Der vorliegende Band nähert sich dem rituellen Umgang der Lebenden und Toten in einem weiten disziplinären Spektrum. Gemeinsam ist den Beiträgen, dass sie nicht von einem Allgemeinen ausgehen, das sich nur je verschieden zeigt, sondern dass sie an den irreduziblen Besonderheiten ansetzen. Neben Geschichte und Philosophie, Kunstgeschichte, Literatur- und Medienwissenschaft kommt hier der Ethnologie eine besondere Bedeutung zu. Die in der Ethnologie gepflegte und methodologisch betonte Aufmerksamkeit für die kleine Abweichung sowie die ethnologischen Techniken zur Aufzeichnung und Beschreibung minimer Differenzen stecken den Rahmen ab auch für die Untersuchung solcher Totenkulte, die gewöhnlich nicht in den Zuständigkeitsbereich der Ethnologie fallen. Die erste Sektion des Bandes handelt von "Grabmälern". Albrecht Koschorke schreibt in "Vor dem Bild: Der Grenzverkehr zwischen Leben und Tod" vom Kult um die altgriechischen colossoi als der Vorgeschichte einer ersetzenden Monumentalisierung des abwesenden Leichnams. Im Gegensatz zur abendländischen Vorstellung der Monumentalisierung eines Abwesenden, die immer schon eine (wenn auch minimale) Ähnlichkeit zwischen dem Repräsentierten und dem Repräsentierenden voraussetzt, zeugen die colossoi von einem Denken, das die durch Ähnlichkeit bestimmte Bild-Abbild-Relation noch nicht kennt. Olaf B. Rader bietet in "Neuer Sinn aus alten Knochen: Zur Konstruktion kollektiver Erinnerungen durch Gräberkulte" einen kurzen historischen Abriss der Bestattungsrituale und zeigt, welche Rolle Gräber und ihre Verwaltung bei der Autoritäts- und Legitimitätsstärkung spielten. Eine ähnliche Funktion von Gräbern bestimmt Philipp Zitzlsperger in "Das Grabmal als Zukunftsinvestition" für die Papst- und Kardinalsgräber im Rom der Frühen Neuzeit. Auch hier dient das Grabmal, dessen Errichtung mitunter erst nachträglich von den Familien des Verstorbenen in Auftrag gegeben wurde, zur Etablierung von Traditionslinien und damit der Bestärkung eines machtpolitischen Anspruchs. Das Grabmal ist daher, so Zitzlsperger, nicht lediglich Teil einer Erinnerungskultur, sondern immer auch eine "Zukunftsinvestition" der Mächtigen. Haiko Wandhoffs Beitrag über "Schrift, Bild und Animation des toten Körpers in Grabmalbeschreibungen des hohen Mittelalters" fokussiert die literarische Beschreibung von Grabmälern in Epen und Romanen des 12. und 13. Jahrhunderts. Wandhoff deutet die Ekphrasen als Orte, an denen die aristokratisch-klerikale Kultur des Mittelalters ihre Jenseitsvorstellungen in der Auseinandersetzung mit früheren, heidnischen Formen der Todesbewältigung in Szene setzt. Die Beiträge der Sektion "Erzählte Tode" handeln vom komplexen Verhältnis von Tod und Erzählung und den spezifischen (medialen) Zwängen, welche die literarischen Gattungen Roman, Gedicht und Drama auf das Erzählen vom Tode ausüben. Darüber hinaus untersuchen sie, wie gerade auch die Literaturwissenschaft als Totenkult verstanden werden muss: Ist diese doch vom widersprüchlichen Begehren angetrieben, einerseits den überlieferten Text vergangen sein zu lassen, anderseits aber die Stimme des abwesenden Autors im literaturwissenschaftlichen Gespräch präsent zu machen. Susanne Reichlin untersucht in "Ansteckung zum Tode: Diskontinuierliche Kommunikation zwischen Leben und Tod in Jörg W…


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