Otto Grotewohl (1894-1964)

Otto Grotewohl (1894-1964)

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783486590326
Untertitel:
Eine politische Biographie. Veröffentlichungen zur SBZ-/DDR-Forschung im Institut für Zeitgeschichte
Genre:
Zeitgeschichte (1946 bis 1989)
Autor:
Dierk Hoffmann
Herausgeber:
De Gruyter Oldenbourg
Anzahl Seiten:
721
Erscheinungsdatum:
16.09.2009
ISBN:
978-3-486-59032-6

Otto Grotewohl kommt in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung eine Schlüsselposition zu. Der Sozialdemokrat wirkte nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich an der Zwangsvereinigung von SPD und KPD mit, obwohl er ein solches Projekt anfangs abgelehnt hatte. Außerdem segnete er die innerparteiliche Verfolgung ehemaliger Sozialdemokraten sowie die Transformation der SED in eine kommunistische Kaderpartei ab. Grotewohls Wandlung vom Kritiker zum Befürworter der Zwangsvereinigung, die zur Beseitigung der SPD in der SBZ/DDR führte, und zum linientreuen Parteisoldaten lässt sich jedoch nur dann verstehen, wenn sein Aufstieg in der Weimarer Republik, seine Erfahrungen in der NS-Zeit sowie sein politisches Handeln nach 1945 eingehend analysiert werden. In Dierk Hoffmanns Biographie werden Zwangslagen und Handlungsspielräume des Politikers, der in der zweiten deutschen Diktatur zum Ministerpräsidenten aufstieg, sein persönliches Versagen und seine politische Verstrickung lebendig.

Autorentext
Dierk Hoffmann, geboren 1963, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, Abteilung Berlin und Lehrbeauftragter am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin.

Zusammenfassung
Man kann "viel über das Funktionieren der DDR-Diktatur lernen". Rolf Steininger, FAZ 14.10.2009 "Hoffmanns Grotewohl-Biografie dürfte bald zum Standardwerk werden.", "eine Studie, die mit ihrer Materialfülle Maßstäbe für andere politische biografien setzten dürfte." Bernd Rother, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 3/ 2010 "Mit großer Affinität zu den Quellen ist ihm ein großes Werk gelungen, das Maßstäbe für künftige politische Biografien zur SED - und DDR - Geschichte setzt." Deutschland Archiv, 43. Jg., 2/ 2010 "Dierk Hoffmann hat eine Arbeit vorgelegt, die über die Beschreibung der Persönlichkeit Grotewohls hinaus auch die aus der Kaiserzeit, der Weimarer Republik, dem Dritten Reich und den beiden Jahrzehnten nach 1945 resultierenden komplizierten und komplexen Gegebenheiten berücksichtigt." Konrad Fuchs, Das Historisch-Politische Buch, 57. Jg., 2009, Heft 4 "Dierk Hoffmann ist insgesamt eine sehr interessante, erfreulich frisch zu lesende Biographie geglückt, die den Eindruck hinterlässt, dass zu Grotewohl nun erst einmal alles gesagt ist." Solveig Simowitsch, Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 22. Jahrgang (2010) "Diese umfangreiche Arbeit baut auf dem aktuellen Forschungsstand auf und fügt durch die Auswertung umfangreicher Archivalien viel Neues hinzu. Ich habe sie mit Gewinn gelesen." Manfred Teresiak, JahrBuch für Forschung zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 2011/ II

Leseprobe
I. Grotewohl im späten Kaiserreich und in der Weimarer Republik (S. 17)

1. Kindheit und Jugend (1894 1914)

Otto Franz Emil Grotewohl wurde am 11. März 1894 in Braunschweig geboren1. Die familiären Verhältnisse waren unübersichtlich, jedoch nicht untypisch für die Arbeiterschaft der damaligen Zeit: Sein Vater Heinrich Friedrich Wilhelm Grotewohl war ungelernter Arbeiter, später auch Händler, und hatte am 12. September 1891 zum zweiten Mal geheiratet, nachdem die erste Ehe mit Mathilde Elise Meier geschieden worden war. Aus dieser ersten Beziehung stammte eine Tochter, Wilhelmine Margarete Mathilde, die am 12. Januar 1887 auf die Welt gekommen war.

Otto Grotewohls Mutter, Louise Wilhelmine (geborene Helwich), war Tochter eines Tischlermeisters und hatte den Beruf einer Schneiderin gelernt3. Bei der Geburt ihres Sohnes Otto war sie 23 Jahre alt. Der Altersunterschied zu ihrem Mann, Otto Grotewohls Vater, betrug fast 18 Jahre.

Die Ehe hielt offiziell knapp 21 Jahre und wurde am 17. Mai 1912 aufgelöst. Ein Blick auf die Meldekartei der Stadt Braunschweig zeigt allerdings, dass die Trennung der Eltern Ottos schon vorher begann. So war die Mutter 1893 und 1899 unter einem anderen Wohnsitz als der Vater gemeldet.

Otto Grotewohl hatte neben seiner Halbschwester noch einen älteren Bruder, der seit dem 3. Mai 1910 in Dessau registriert war, und vier jüngere Geschwister, die jedoch alle im Laufe des ersten bzw. zweiten Lebensjahres starben.

Laut Meldekartei bezogen die Eltern Otto Grotewohls erstmals am 1. Oktober 1895 eine gemeinsame Wohnung in Braunschweig, und zwar in der Kaiserstraße5. Dreimal wechselten sie mit den Kindern den Wohnsitz innerhalb der Braunschweiger Altstadt. Während Wilhelm Grotewohl bis zum 1. Oktober 1901 in der Weberstraße 47 wohnen blieb, hatte seine Frau seit dem 29. März 1899 eine eigene kleine Wohnung in der Langestraße 51.

Aber schon nach wenigen Tagen zog sie zu ihrem Mann zurück, erst dreieinhalb Jahre später trennte sie sich endgültig von ihm. Zu diesem Zeitpunkt war Otto Grotewohl zehn Jahre alt und lebte fortan bei seinem Vater, der schon bald eine neue Beziehung einging und am 31. Januar 1915 zum dritten Mal heiratete.

Louise Wilhelmine wechselte in Braunschweig noch mehrmals den Wohnsitz und zog 1911 nach Krefeld, wo sie 1919 wieder heiratete6. Ob Otto Grotewohl nach der Trennung der Eltern noch Kontakt zu seiner Mutter hatte, kann nicht geklärt werden. Entsprechende Aussagen seines Biographen Markus Jodl sind nach derzeitigem Kenntnisstand Spekulation.

Fest steht zumin- dest, dass Otto Grotewohl in nicht einfachen familiären Verhältnissen aufwuchs. Darauf weisen mehrere Indizien hin: Der häufige Wechsel des Wohnsitzes, der frühzeitige Auszug der Mutter aus der gemeinsamen Wohnung und die Tatsache, dass die vier jüngeren Geschwister die ersten beiden Lebensjahre nicht überlebten. Damit teilte Grotewohl das Schicksal von vielen Kindern aus Arbeiterfamilien am Ende des 19. Jahrhunderts.

Unter der Trennung der Eltern scheint Otto Grotewohl sehr gelitten zu haben. Während des Ersten Weltkriegs verfasste er einige tagebuchähnliche Notizen, in denen er seine zerrütteten Familienverhältnisse als persönliche Schande" bezeichnete7. Im Rückblick vermisste er ein geregeltes Familienleben und vor allem die liebende Hand einer Mutter".

Folgt man den knappen Ausführungen Grotewohls, so war sein Vater zwar bemüht, sich nicht unterkriegen zu lassen. Gleichwohl fehlte ihm der weitschauende beherrschende Blick des Mannes, von dem Ruhe und Kraftgefühl, Tatendrang und lebenswarme Liebe ausfließt".

Inhalt
1;Inhalt;6
2;Einleitung;10
3;I. Grotewohl im späten Kaiserreich und in der Weimarer Republik;26
3.1;1. Kindheit und Jugend (1894 1914);26
3.2;2. Erster Weltkrieg, Novemberrevolution und Gegenrevolution in Braunschweig (1914 1920);40
3.3;3. Grotewohls politischer Aufstieg (1920/21);60
3.4;4. Landesminister in Braunschweig: Im Volksbildungsministerium (1921/22);101
3.5;5. Erneut Landesminister in Braunschweig: Grotewohl als Justiz- und Innenminister (1923/24);114
3.6;6. Vom Landtagsabgeordneten zum Reichstagsabgeordneten (1924 1933);130
4;II. Verfolgung und Innere Emigration: Otto Grotewohl im Dritten Reich (1933 1945);174
4.1;1. Flucht aus Braunschweig;174
4.2;2. Ein politisch inszenierter Gerichtsprozess: Die Landesversicherungsanstalt Braunschweig gegen Otto Grotewohl;179
4.3;3. Beruflicher Wechsel von Hamburg nach Berlin;186
4.4;4. In den Fängen der Gestapo: Verhaftung und Vorbereitung eines Hochverratsprozesses 1938/39;190
4.5;5. Kriegsende in Berlin;199
5;III. Euphorischer Neuanfang und gewaltsame Umgestaltung (1945 1949);204
5.1;1. Auf dem Weg zur Zwangsvereinigung;204
5.2;2. Ko-Vorsitzender der SED;267
5.3;3. Auf dem Weg zur Staatsgründung;359
6;IV. An der Spitze der Regierung (1949 1964);398
6.1;1. Grotewohls Regierungsapparat in der frühen DDR;398
6.2;2. Von der bürgerlichen zur sozialistischen Kultur: Grotewohl und die SED-Kulturp…


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