In Stalins Gefolgschaft

In Stalins Gefolgschaft

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783486582550
Untertitel:
Moskau und die KPD 1928-1933
Genre:
Zeitgeschichte (1946 bis 1989)
Autor:
Bert Hoppe
Herausgeber:
De Gruyter Oldenbourg
Anzahl Seiten:
395
Erscheinungsdatum:
18.06.2007
ISBN:
978-3-486-58255-0

Bislang galten die deutschen Kommunisten der Weimarer Republik als gehorsame Befehlsempfänger Moskaus, die peinlich darauf bedacht waren, nicht von der Linie der Komintern abzuweichen. Dass die Beziehungen zwischen KPD und Komintern jedoch sehr viel widersprüchlicher und komplexer waren, zeigt nun Bert Hoppe auf der Basis von jüngst zugänglich gewordenen Dokumenten aus osteuropäischen Archiven.

Hoppe schildert nicht nur, wie Stalin die Politik der KPD beeinflusste, indem er sein System persönlicher Gefolgschaft auf die deutsche Partei übertrug - er zeigt auch, dass das Verhältnis zwischen den deutschen und sowjetischen Kommunisten häufig von Missverständnissen und Argwohn, die aus ihrer unterschiedlichen politischen Sozialisation erwuchsen, geprägt war.

Diese Faktoren, so kann Hoppe nachweisen, führten schließlich zu dem paradoxen Ergebnis, dass der sowjetische Diktator seinen Willen in Streitfällen zwar stets gegen die KPD-Spitze durchsetzen konnte, die Moskauer Führung ihre Politik bezüglich der deutschen Partei letztlich aber als eine durchgehende Reihe von Misserfolgen betrachten musste.


In der Reihe werden fast ausschließlich Manuskripte veröffentlicht, die dem Institut von außerhalb angeboten werden. Eine Veröffentlichung erfolgt erst nach einem mehrstufigen positiv verlaufenen Begutachtungsverfahren. Zumeist werden pro Jahr zwei Monographien publiziert, deren Umfang 500 Seiten nicht überschreiten sollte. Die bisher erschienenen Arbeiten weisen ein breites Themenspektrum auf, wobei der Schwerpunkt bisher auf der NS-Forschung lag. Die Reihe beschränkt sich nicht auf Darstellungen über die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert, sondern rückt zunehmend auch geschichtliche Entwicklungen in anderen europäischen Staaten in den Blick. Für die redaktionelle Betreuung der Manuskripte ist Petra Weber zuständig.

Autorentext
Bert Hoppe, geboren 1970, 1999-2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin, Schwerpunkt Zeitgeschichte. Er lebt und arbeitet in Berlin.

Zusammenfassung
"aufwendige, interessante und überzeugende Arbeit" Osteuropa 12 (2007) "Man erhält durch das Buch eine umfassende, auch die individuellen Schicksale einzelner Protagonisten einbeziehende Vorstellung von der Geschichte der KPD in den Krisenjahren der Weimarer Republik und ihrem komplizierten Verhältnis zum `Vaterland aller Werktätigen´." Martin Voelkel, Sezession April 2008 "überaus anregendes Buch" Andreas Malycha, H-Soz-u-Kult, 25.2.2008 "With its meticulous research in former party archieves in Berlin and Moscow, "In Stalins Gefolgschaft" provides the best account yet of the interactions among the German Communist Party (KPD), the Comintern and the Soviet leadership." Michael David-Fox, The Russian Review, Juli 2008 issue (vol. 67, Nr. 3) "auf Grundlage vielfach erschlossener und umsichtig ausgewerteter Quellen aus russischen und deutschen Archiven dargestellt und analysiert." Max Bloch, webcritics.de "eine gut lesbare Arbeit" Harald Jentsch, JahrBuch für Forschung zur Geschichte der Arbeiterbewegung 2008 "Der flüssige Stil und die prägnanten Thesen machen die Lektüre zum Vergnügen." Jan C. Behrends Neue politische Literatur, 3/ 2008

Leseprobe
" IV. Die Krise der Sozialfaschismus""-Doktrin (S. 157-158)

Die Auseinandersetzungen zwischen den Kommunisten in Berlin und Moskau über die Frage der revolutionären Perspektive"" und der politischen Gewalt zeigen, wie schwer es der Komintern fiel, die KPD auf dem schmalen Grat zwischen Aufruhr und Aufstand zu halten. Weil den Kommunisten permanent Gewalt und Bürgerkrieg gepredigt wurden, hatte sich dieser Diskurs tief in die Mentalität vieler Funktionäre eingegraben und zudem Gruppen angezogen, die für diese Sprache der Gewalt besonders empfänglich waren und darauf drängten, sie auch in die Tat umzusetzen. Und nicht zuletzt waren die Bolschewiki selbst innerlich gespalten zwischen ihrer Sozialisation als Berufsrevolutionäre und der realpolitischen Erkenntnis, dass mit einem vorzeitigen"" Aufstand wie dem des Jahres 1923 weder der KPD noch der Sowjetunion gedient wäre.

Die Erkenntnis, dass sich die KPD zunächst um eine Mehrheit in den ausschlaggebenden Schichten des Proletariats"" bemühen müsse, bevor sie daran denken könne, eine Revolution durchzuführen, machte der Komintern aber auch bewusst, dass sich dieses Ziel nicht erreichen ließ, wenn man große Teile der Arbeiterschaft als Sozialfaschisten"" diffamierte. Aus diesem Grunde wurde zur Jahreswende 1929/30 eine taktische Kursänderung vollzogen.

Diese Kursänderung wäre nur eine unter vielen anderen, wenn sich an ihr nicht zweierlei besonders deutlich zeigen ließe: Erstens führt dieses taktische Manöver vor Augen, welch großes Risiko offizielle Politikwechsel aus Moskauer Sicht darstellten, konnten sie doch missverstanden und vor allem in ihrer Tragweite überschätzt werden. Mit anderen Worten: Wie jeder Politikwechsel barg auch dieser die Gefahr, dass Funktionäre über das Ziel hinausschossen und zu Abweichlern"" wurden. Zweitens lässt sich an diesem Beispiel ein erster, ins Grundsätzliche zielender Konflikt zwischen der KPD-Spitze und den Bolschewiki ablesen.

Die Auseinandersetzung entstand, weil die deutschen Führungsfunktionäre damals daran zu zweifeln begannen, ob sich mit der Sozialfaschismus""-Doktrin die soziale Wirklichkeit in Deutschland angemessen beschreiben ließe. Diese Zweifel wurden durch den damaligen rasanten Aufstieg des Nationalsozialismus und das Ende der SPD-geführten Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller verstärkt. Zwischen deutschen Kommunisten und sowjetischen Bolschewiki war damals nicht nur umstritten, wie Sozialdemokratie und Nationalsozialismus zu bewerten seien, sondern auch, wodurch sich überhaupt eine faschistische Diktatur"" auszeichnete.

Diese Streitpunkte waren nicht bloß scholastischer Natur: Sie veranschaulichen, wie die Wahrnehmungen der Ereignisse in Deutschland in Berlin und Moskau zunehmend auseinander klafften. Wie schon das vorige Kapitel gezeigt hat, wäre es jedoch falsch, daraus zu folgern, die deutschen Kommunisten hätten eine durchgehend realistischere"" Sichtweise vertreten. Wie zu zeigen sein wird, bemühten sie sich, um diese Meinungsverschiedenheiten zu kompensieren, vielmehr weiterhin, sich von niemandem in ihrer Linientreue übertreffen zu lassen.

1. Der halbherzige Kampf gegen ultralinke"" Tendenzen Es war für die Moskauer Funktionäre eine anspruchsvolle Aufgabe, einen Kurswechsel einzuleiten, ohne die eigene Position öffentlich zu revidieren. Das EKKI suchte sich daher zunächst einen Sündenbock, an dem sich ein Exempel gegen die ultralinke"" Politik statuieren ließ. Dafür bot sich die Kommunistische Jugendinternationale (KJI) an, deren Plenum Ende November 1929 tagte, da in den Jugendorganisationen die radikaleren Kräfte besonders stark vertreten waren. In seiner Rede vor den Delegierten kritisierte Manuilskij nun die Tendenz vieler Funktionäre zum kleinbürgerlichen Radikalismus""."

Inhalt
1;Inhalt;6
2;Vorwort;10
3;Einleitung;12
3.1;Ein stalinistisches Marionettentheater?;12
3.2;Die deutschen Kommunisten, das bolschewistische Modell und die sowjetische Realit t;22
4;I. Seilschaften und Hierarchien;32
4.1;1. Thälmanns Sturz;33
4.2;2. Moralischer Fimmel versus bolschewistische Disziplin;40
4.3;3. Die unwillkommene Radikalisierung;45
4.4;4. Kommunikationsprobleme;51
4.5;5. Die Entmachtung der Versöhnler ;55
4.6;6. Ein Stellvertreterkrieg;60
4.7;7. Säuberungen ;65
4.8;8. Stalins personale Netze;70
4.9;9. Die Autorität Stalins und die Autoritätsprobl…


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