Flectat cardinales ad velle suum? Clemens VI. und sein Kardinalskolleg

Flectat cardinales ad velle suum? Clemens VI. und sein Kardinalskolleg

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783486580945
Untertitel:
Ein Beitrag zur kurialen Politik in der Mitte des 14. Jahrhunderts
Genre:
Neuzeit bis 1918
Autor:
Ralf Lützelschwab
Herausgeber:
De Gruyter Oldenbourg
Anzahl Seiten:
509
Erscheinungsdatum:
13.08.2007
ISBN:
978-3-486-58094-5

Ralf Lützelschwab beleuchtet das spannungsreiche Verhältnis zwischen einem in der Forschung schlecht beleumundeten Papst Clemens VI. (1342-1352) und seinen engsten Mitarbeitern, den Kardinälen. Die Auswertung bisher unedierter Quellen, v.a. der Predigten Clemens VI., zeigt die Art und Weise, wie der Papst von Avignon aus Einfluss auf das politische Geschehen in ganz Europa auszuüben versuchte. Neben dem Einblick in die spätmittelalterliche Politik ergibt sich daraus ein neues Bild Clemens VI., der sich keineswegs als so schwach und verderbt erweist, wie in der Forschung bisher angenommen wurde. Friedrich-Meinecke-Preis der Freien Universität Berlin 2003 für die beste Dissertation im Bereich Geschichte und Kulturwissenschaften


Autorentext
Ralf Lützelschwab, geboren 1969, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin.

Zusammenfassung
"The author has given us a true handbook of its subject, complete, thoroughly documented, and ready to consult." Daniel Williman, Speculum. Journal of Medieval Studies 10 (2008) "Eine durchweg gelungene Arbeit" Karl Ubl, Historische Zeitschrift 287 (2008) "bewundernswert stilsicher und frisch geschrieben", "Das Werk, dem eine weite Verbreitung zu wünschen ist, wird nicht nur als Nachschlagewerk, sondern auch als Lesebuch seinen Platz finden und die Forschung bereichern. Ultra posse nemo obligatur." Klaus-Frédéric Johannes, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 126 (2009) ein "lesenswerter und sauber redigierter Band" Andreas Meyer, Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 27 (2008) "Lützelschwab gelingt es alles in allem, einen exzellenten Einblick in die päpstliche Diplomatie, in deren Alltag und auch in deren Widersprüchlichkeiten zu geben sowie die Rolle der Kardinäle und die an sie gestellten Anforderungen herauszustreichen. Ein besonderes Verdienst dieser Arbeit ist es jedoch, auf die Quellengattung der päpstlichen Predigten aufmerksam und diese auch nutzbar gemacht zu haben." Christian Hesse, Zeitschrift für Historische Forschung, 37. Bd., 2010, Heft 1

Leseprobe
6. SCHLUSSBETRACHTUNG (S. 321-322)

Als in der Forschung noch von der Abhängigkeit des Avignonesischen Papsttums vom König von Frankreich gesprochen wurde, erkannte C. Höfler 1871, daß "diese zwölf Lustren, ausgefüllt mit dem Pontificate von sechs Päpsten und selbst gipfelnd in der glanzvollen Regierung des dritten derselben, des Limousiners Clemens VI., nicht [...] ein Zustand der unfreiwilligen Sklaverei und der Knechtschaft der Päpste, sondern weit mehr ihres größten Absolutismus waren".

Daß diese Erkenntnis rund 100 Jahre benötigte, um sich durchzusetzen, wirft ein bezeichnendes Licht auf die vermeintliche Objektivität von Historiographie. Der von Birgitta von Schweden als harsche Aufforderung formulierten Bemerkung Flectat cardinales ad velle suum war Clemens VI. im Laufe seines Pontifikates nachgekommen. Beharrlich hatte er die Ergänzung des Kardinalskollegs betrieben und dabei erste Erfolge erzielt. Fast die Hälfte der Neukreierten stand in enger verwandtschaftlicher Bindung zu ihm, und von den übrigen war fundamentale Kritik an seiner Amtsführung nicht zu erwarten.

Dies galt auch für die durch Intervention Frankreichs dem Papst anempfohlenen Persönlichkeiten3. Auskunft über die Vorstellungen Clemens VI. vom Kardinalat geben seine anläßlich der Kreationen und der Rückkehr von Kardinallegaten gehaltenen Collationes. In ihnen finden sich bemerkenswerte Aussagen: Aufgeworfen wird die Frage, über welche Qualifikationen ein guter Kardinal bzw. Legat verfügen müsse, um nutzbringend zum Wohl des Papstes und der Kirche agieren zu können. Artikuliert werden also Idealvorstellungen, deren Aktualisierung im hic et nunc in einem zweiten Schritt ebenfalls Behandlung findet.

In einem dritten Schritt erfolgt die Rückbindung der solcherart realisierten Eigenschaften an die Person des Papstes. Insbesondere im Fall der Legationscollationes wird deutlich, daß Clemens VI. seine Kardinallegaten nur selten kritisierte, daß er sich vielmehr eines rhetorischen Vorgehens bediente, das auf Nennung von Kritik verzichtete und durch inhaltliche Leerstellen ersetzte: Wichtig war damit nicht nur das, was gesagt, sondern auch das, was verschwiegen bzw. worauf durch versteckte Andeutungen hingewiesen wurde4.

So kann auch scheinbar positiv konnotierten Collationes ein kritischer Subtext unterlegt sein. Direkte Hinweise auf einzelne kardinalizische Persönlichkeiten sind selten und finden sich zumeist in den humoristisch gefärbten Schlußpassagen, durch die der hochoffiziellen, den Vorgaben des päpstlichen Zeremoniells gehorchenden Redesituation etwas von ihrer Strenge genommen wird6. Aussagen über das, was die Kardinäle tatsächlich dachten oder empfanden, finden sich hier jedoch genausowenig wie in den anderen Quellengattungen.

Das Petrusamt erscheint in den Collationes ekklesiologisch korrekt als Gipfelpunkt der Hierarchie, als Amt, das Rechte und Vollmachten umfaßt, die diejenigen anderer Würdenträger übersteigen und unter dem Begriff plenitudo potestatis subsumiert werden können. Für Clemens VI. stellte das Konzept der plenitudo potestatis eine conditio sine qua non für das Amt des Pontifex dar. Er sah sich als Fels, auf dem auch die Kardinäle gegründet seien. Die konkreten Auswirkungen päpstlicher Vollgewalt wurden von ihm in der anläßlich der Bestätigung Karls IV. als römisch-deutscher Kaiser gehaltenen Ansprache eindrucksvoll artikuliert.

Päpstliche eminentia und auctoritas erscheinen als Ausfluß dreier exklusiv dem Papst vorbehaltener Funktionen: approbare, iudicare, regulare9. Selbst die Stellung der legati a latere, die "aus der Seite" des Papstes heraus entsandt gleichsam als pars corporis pape handeln, wurde von ihm nicht in dem Sinne interpretiert, daß Kardinallegaten von den ihnen übertragenen Vollmachten selbständig Gebrauch machen könnten, ihnen also ein Freibrief für eigenes Handeln ausgestellt worden wäre. Die päpstliche Vollgewalt war unteilbar und

Inhalt
1;INHALT;6
2;VORWORT;8
3;1. FORSCHUNGSSTAND, QUELLENLAGE UND FRAGESTELLUNG;10
4;2. DIE STELLUNG DER KARDINÄLE UNTER CLEMENS VI.;26
5;3. DER PONTIFEX;54
5.1;3.1. Clemens VI.: Biographischer Abri ;54
5.2;3.2. Clemens VI. als maximus sermocinator verbi Dei;70
6;4. DAS VERHÄLTNIS CLEMENSÌ VI. ZU SEINEN KARDINÄLEN: KARDINALSKREATIONEN;86
6.1;4.1. Die Kreationstätigkeit des Papstes;86
6.2;4.2. Collatio Obsecro vos (1342): Kreation von Guillaume de la Jugée;94
6.3;4.3. Collatio Assumpsi michi duas virgas (1344): Kreation von Pierre Bertrand junior und Nicolas de Besse;100
6.4;4.4. Collatio Loquere tu et audiemus (1344/1351): Kreation von Nicolas de Besse oder Pierre de Cros;107
6.5;4.5. Collatio Fecit in domo (1348): Promotion der Kardinalpresbyter Élie Talleyrand de Périgord und Bertrand de Deux zu Kardinalbischöfen;113
6.6;4.6. Collatio Videntibus illis elevatus est (1348): Kreation von Pierre Roger de Beaufort;121
6.7;4.7. Collatio Super montem excelsum ascende (1350): Promotion des Kardinalpresbyters Guillaume Court zum Kardinalbischof;132
7;5. CLEMENSÌ VERHÄLTNIS ZU SEINEN KARDINÄLEN: KARDINALSLEGATIONEN;140
7.1;5.1. Die päpstliche Diplomatie in den Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich;140
7.2;5.2. Die päpstliche Diplomatie in Oberitalien und im Königreich Neapel;240
8;6. SCHLUSSBETRACHTUNG;330
9;7. ABKÜRZUNGEN;340
10;8. BIBLIOGRAPHIE;342
10.1;8.1. Handschriften;342
10.2;8.2. Quellen und Nachschlagewerke;342
10.3;8.3. Monographien und Artikel;349
11;9. APPENDICES;386
11.1;Inhalt;388
11.2;9.1. Edition der Collationes anl lich von Kardinalskreationen;390


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