Frau, Musik und Männerherrschaft

Frau, Musik und Männerherrschaft

Einband:
Kartonierter Einband (Kt)
EAN:
9783980132688
Untertitel:
Zum Ausschluss der deutschen Frau aus der Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Musikausübung
Genre:
Musik, Film & Theater
Autor:
Eva Rieger
Herausgeber:
Furore
Auflage:
3. Aufl.
Anzahl Seiten:
302
ISBN:
978-3-9801326-8-8

Obwohl Frau, Musik und Männerherrschaft zuerst 1981 erschien und insofern von der heutigen Forschung in vielem überholt ist, bleibt das Buch als historische Positionierung und Einschnitt nach wie vor wichtig, so Eva Rieger im Vorwort zur 3. Auflage. Es markiert das Ende des Nichtwissens um die Lage der Musikerin im deutschen Kulturleben und den Beginn einer jahrzehntelangen Entwicklung von der ersten Suche nach Frauen, die sich mit Musik befassten, bis hin zur heutigen Gender- und Diversitätsforschung.

Autorentext
geb. 1940, studierte Schulmusik, Musikwissenschaft und Anglistik an der Hochschule für Musik, der Technischen Universität und der Freien Universität Berlin und lehrte als Akademische Rätin in Göttingen und Hildesheim. Von 1991 bis 2000 Professorin für Historische Musikwissenschaft (Schwerpunkt Sozialgeschichte der Musik) an der Universität Bremen. Ihre letzten Publikationen waren: 2019 erschien die überarbeitete 3. Aufl age von: Minna und Richard Wagner. Stationen einer Liebe (Hildesheim 2019). Des Weiteren sind erschienen: Frida Leider. Sängerin im Zwiespalt ihrer Zeit (Hildesheim 2017); Friedelind Wagner. Die rebellische Enkelin Richard Wagners (München 2012) (engl. Woodbridge 2013); Leuchtende Liebe, lachender Tod. Richard Wagners Bild der Frau im Spiegel seiner Musik (Düsseldorf 2009) (engl. Woodbridge 2011); zus. mit Hiltrud Schroeder: Ein Platz für Götter. Richard Wagners Wanderungen in der Schweiz (Köln 2009). Eine Biografie der Tochter Cosima und Richard Wagners, Isolde Beidler, ist in Vorbereitung.

Leseprobe
Vorwort zur dritten Auflage Obwohl Frau, Musik und Männerherrschaft zuerst 1981 erschien und insofern von der heutigen Forschung in vielem überholt ist, bleibt das Buch als historische Positionierung und Einschnitt nach wie vor wichtig. Es markiert das Ende des Nichtwissens um die Lage der Musikerin im deutschen Kulturleben und den Beginn einer jahrzehntelangen Ent­wicklung von der ersten Suche nach Frauen, die sich mit Musik befassten, bis hin zur heutigen Gender- und Diver­sitätsforschung. Das Buch hatte eine klare gesellschaftspolitische Ziel­setzung. Das Methodenrepertoire war relativ einseitig. Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Ungleichheit hielt sich an der von Simone de Beauvoir vertretenen Position, wonach die allgemeine Konzeption des Menschen in Westeuropa vom Mann ausging und die Frau als An­hängsel fungierte. Es wurde zunehmend klar, dass der Mann in der Kultur als das handelnde Subjekt feststand und die Frau stets als das Andere ausgegrenzt wurde. Der Mann galt als der alleinige Schöpfer von Kultur und die Frau wurde nicht nur an der Kreativität gehindert, sondern selbst dann, wenn sie sich durchgekämpft hatte, als exo­tischen Einzelfall behandelt. Meine Aufgabe sah ich daher zunächst darin, aufzuzeigen, wo in der Musikkultur die Defizite waren. Seit dem Erscheinen des Buches wurde jedoch sehr schnell klar, dass die Sicht auf die Frau als Opfer nicht ausreichen konnte und der Begriff des musikalischen Handelns kam auf, der die Tätigkeiten von Frauen in der Musikkultur auffächerte. In den 1990er-Jahren erschien Gender Trouble von Judith Butler und schlug hohe Wellen. Ihr Buch veränderte das Denken von GeschlechterforscherInnen. Es entstand ein Denkmodell, das zur Genderforschung führte. Butler begreift die Geschlechtsidentitäten als eine performative Praxis, die durch Handlungen entstehen, durch gesell­schaftliche Bedingungen oft eingegrenzt und durch soziale und kulturelle Diskurse eingeübt und verstärkt werden. Das führte wiederum zur Diversitätsdebatte: Eine Frau ist niemals nur eine Frau, sondern sie entstammt einer Nation, einer Schicht, sie trägt eine bestimmte Hautfarbe und wird durch diese Faktoren entweder privilegiert oder benachteiligt. Die Strukturkategorie Geschlecht kann nicht ausreichen. Sie wird auch verflüssigt, denn die her­kömmlichen Geschlechteridentitäten sind zur Diskussion gestellt. Den WissenschaftlerInnen steht also weiterhin viel Arbeit bevor, um das alles theoretisch zu verarbeiten! Das kann aber nur gut sein, denn das Ziel ist eine bessere Welt mit fairen Chancen für alle, und die Wege dorthin sind komplex. Dieser Band folgte damals der musikwissen­schaftlichen Konzeption, wonach es sich nur lohnt, sich mit der klassischen Musik zu befassen. Popular- oder Volks­musik galten als sekundär. Das ist inzwischen längst korrigiert worden. In der Welt, die uns vorschwebt, sind Menschen vereint. Das ist auch der Sinn von Diversität. Wie oft wurden durch unsere kolonial getrübte Brille arabische oder afrikanische Kulturen als exotisch, primitiv und zweitrangig betrachtet, ebenso wie die Musik von Frauen. Der Aufbau eines Kanons von Frauenwerken wäre eine sogenannte weiße Geschichtsschreibung, die den ethnischen Bezug und den von EmigrantInnen aussparen würde, die eine reiche musikalische Tradition nach Deutschland mitbringen. Dennoch müssen Frauen auch für ihre eigenen weiblichen Belange kämpfen. Die Orchester haben zwar Frauen aufgenommen, aber je höher das Prestige, umso weniger findet man sie dort. Der männlich dominierte Kanon ist festgeschrieben und institutionalisiert; das Publikum möchte Bekanntes immer wieder hören und die Sinfonien, Messen sind nun mal in großer Zahl von Männern geschrieben worden. Die Musik von weißen, westlichen Männern behauptet sich weiterhin in unseren Konzertsälen und Opernhäusern. Bekanntlich sind psycho­logische Barrieren zu durchbrechen, wenn man Neues einführen will. Hier müssen attraktive Ideen her, um die männerlastigen Konzertprogramme aufzubrechen. Eine neue Art der Präsentation muss gefunden werden, nicht nur ein Frauenname mit einem Werk, das der political correctness dienen soll und rasch wieder verschwindet. Noch immer hinkt die gesellschaftliche Realität den rechtlichen Entwicklungen hinterher, nicht nur in Deutsch­land. In dem Gender-Gap-Report des Weltwirt­schaftsforums WEF stagniert die Gleichberechtigung seit einiger Zeit weltweit. Vielleicht kann dieser Band zu Vergleichen auf­fordern zwischen dem, was 1981 vorlag, als dieses Buch erstmals erschien, und dem, was 2021 erreicht wurde. Es wird sich zeigen, dass noch viel zu tun ist. Dank gebührt dem Furore Verlag, der 1988 so mutig war, die Zweitauflage zu publizieren und nach vierzig Jahren des ersten Erscheinens die dritte Auflage herausgibt. Januar 2021 Eva Rieger


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