Kein Berg ohne Täler

Kein Berg ohne Täler

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783921897829
Untertitel:
Rückschläge in der Stottertherapie neu bewerten und nutzen
Genre:
Ganzheitsmedizin
Autor:
Juliane Axt, Bert Bast, Dorothea Beckmann, Stephen Crawcour, Sven Döring, Susanne Gehrer, Vivian Herzog, Hans-Jürgen Kellner, Marc Knepper, Thilo Müller, Holger Prüß, Doris Reifarth, Robert Richter, Martin Sommer, Andreas Starke, Wolfgang Wendlandt, Martina Wiesmann, Hartmut Zückner
Herausgeber:
Bundesverb. Stotterer-Sel
Anzahl Seiten:
190
Erscheinungsdatum:
07.01.2016
ISBN:
978-3-921897-82-9

Ein Großteil aller Stotternden hat nach erfolgreicher Therapie bereits einen oder mehrere Rückfälle erlebt. Oftmals fühlen sich Betroffene in so einer Situation allein und ratlos, aber auch Angehörige und Therapeuten sehen sich häufig mit vielen Fragen konfrontiert. Bin ich schuld? Hätte ich etwas anders oder besser machen können? Wie geht es jetzt weiter? Ist eine andere Therapiemethode vielleicht besser oder muss man sich mit seinem Stottern einfach abfinden? Dieses Buch gibt Antworten auf diese und viele weitere Fragen zum Thema Stottertherapie und Rückschläge. Geschrieben von Stotternden und Therapeuten richtet es sich an alle, die sich für das Thema Stottern und Rückfall interessieren. Es klärt auf, macht Mut und beschreibt alltags- und praxistaugliche Wege, wie Rückfälle möglichst vermieden oder effektiv aufgefangen und verarbeitet werden können.

Autorentext
Hartmut Zückner studierte Germanistik und absolvierte nach mehrjähriger Lehrertätigkeit die Ausbildung zum Logopäden an der Lehranstalt für Logopädie des Universitätsklinikums in Aachen. Aktuell ist er Lehrlogopäde an der Schule für Logopädie in Aachen für die Bereiche Stottern, Poltern und Beratung. Er ist außerdem Lehrbeauftragter für Redeflussstörungen im Studiengang Lehr- und Forschungslogopädie an der RWTH Aachen. Darüber hinaus hat er die IMS-Therapie aus dem Van Riper/Sheehan-Therapiekonzept entwickelt und behandelt stotternde Patienten in ambulanter Einzel- und Gruppentherapie.

Leseprobe
Von Zeitbomben und Bruchlandungen Einleitende Gedanken Thilo Müller Ich habe quasi schon sämtliche Therapieformen ausprobiert, und obwohl ich immer versucht habe, mich voll reinzuhängen, bin ich immer gescheitert. Dieser Satz war die Antwort auf die Frage meines letzten Therapeuten, ob ich wirklich daran glaube oder eher nur hoffe, in Sachen Stottern doch noch eine positive (und dauerhafte) Veränderung erreichen zu können. Wirklich beantworten wollte ich die Frage damals nicht, denn mein Glaube war nicht allzu groß, von der Hoffnung ganz zu schweigen. In den zahllosen Therapien, die ich in meiner Kindheit und Jugend durchlaufen habe, hatte ich nach vielen anfänglichen Erfolgen immer wieder Rückschläge, unzählige Frustmomente und Niederlagen erlebt. Die Therapeuten waren im besten Falle meist genauso rat- und hilflos wie ich. Nur wenige konnten mich aus meiner Enttäuschung wieder herausholen und mir neuen Mut geben. Im schlechtesten Falle haben sie es geschafft, mich mit ungerechtfertigten Vorwürfen (Du hast eben zu wenig geübt!) oder sinnlosen Durchhalteparolen à la Du muss nur gut und lange genug die Technik anwenden, dann geht es dir auch wieder besser! noch tiefer ins Tal hinabzustürzen. Anstatt meine ohnehin schon vorhandenen Schuldgefühle und Selbstvorwürfe noch zu verstärken, hätten sie mir lieber beibringen sollen, wie ich mit einem Rückfall konstruktiv umgehen kann. Wie ich mich aus dem Loch herausarbeiten kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben und ohne gleich wieder nach dem neuesten und vermeintlich besten Behandlungskonzept Ausschau halten zu müssen (denn weiter zu stottern geht ja mal gar nicht ...). Oder vielleicht hätten sie mir sagen und selbst erkennen müssen, dass zu hoch angesetzte Erwartungen und völlig unrealistische Therapieziele (z.B. immer und zu jeder Zeit absolut flüssig sprechen zu können) wie eine Zeitbombe wirken, es also nur eine Frage der Zeit ist, bis der hart erarbeitete Höhenflug wieder in einer sprachlichen und persönlichen Bruchlandung enden wird. Der Gedanke Schon wieder ein Rückfall! war für mich in Ermangelung einer passenden Bewältigungsstrategie stets verbunden mit der bitteren Erkenntnis des Versagens. Was kann es auch anderes sein, wenn starkes Stottern wieder durchkommt, die gelernte Technik nicht mehr funktioniert oder die altbekannten und zermürbenden Gefühle von Angst und Peinlichkeit in einem aufsteigen, wenn das Telefon klingelt und man sich wünscht, es wäre jemand da, der einem das bevorstehende Gespräch abnehmen könnte? Wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen werden im Gehirn nicht als bewusste Erinnerung abgespeichert sondern als spezifische Emotion1. (Immer wiederkehrende) Rückfallerlebnisse können beim Stotternden demnach starke negative Gefühle hervorrufen, mit denen er sich auseinandersetzen muss. Das ist keine leichte Aufgabe insbesondere wenn man darauf nicht vorbereitet ist und/oder nicht gelernt hat, damit umzugehen. Unzählige (wahrscheinlich alle?) Stotternde haben schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht und mehr oder weniger schmerzlich erlebt, dass es nach einer erfolgreichen Therapie auch wieder bergab gehen kann. Und auch Menschen, die mit einer anderen (evtl. unheilbaren) Problematik zu kämpfen haben, kennen den Zustand oder das Gefühl des Zurückgefallen-Seins nur allzu gut. Heute gelingt es mir, offen und konstruktiv mit den Berg- und Talfahrten umzugehen, die mit meiner eigenen Symptomatik einhergehen. Wie alle Stotternden bin ich vor Rückschlägen nicht gänzlich gefeit, muss mich ihnen stellen und mir überlegen, wie ich mit ihnen umgehe. Dabei lerne ich auch immer wieder etwas dazu, denn nicht jede negative Entwicklung in Sachen Stottern läuft gleich ab oder muss zwangsweise in einem schweren Rückfall enden. Als die BVSS mit der Idee für ein Buchprojekt zu diesem Themenbereich an mich herantrat, habe ich mir die Frage gestellt: Wenn ich einen Rückfall hätte, würde ich dann so ein Buch lesen? Würde ich einem stotternden Patienten, seinen Angehörigen oder einer stotternden Freundin empfehlen, dieses Buch zu lesen? Ich selbst war zu Anfang sehr skeptisch, auch weil einige meiner Freunde und Kollegen, denen ich von diesem Projekt erzählte, ähnliche Überlegungen anstellten. Heute fällt es mir sehr leicht, derartige Fragen zu beantworten. Denn das, was die insgesamt 18 Fachleute Therapeuten, Ärzte, Forscher und insbesondere auch Stotternde zu diesem Buch beigesteuert haben, ist keine Ansammlung von stumpfen Mutmach-Parolen und anderer Schönrederei. Vielmehr widmen sich die Autoren dem Thema Stottern und Rückfall aus ganz verschiedenen Blickwinkeln: Einige berichten von ihren therapeutischen Erfahrungen und beschreiben die Rückfälle ihrer Patienten, andere wiederum geben konkrete Hilfestellungen und berichten davon, was ihnen persönlich am besten aus einem Tief herausgeholfen hat. Welche Faktoren können zur Entstehung von Rückfällen beitragen? Gibt es Aspekte, die sich immer wieder beobachten lassen? Spielt der eine oder andere Faktor für mich persönlich auch eine Rolle? Was heißt das jetzt für mich? Wie sieht die Studienlage bezüglich Rückfällen aus? Bin ich schuld? Hätte ich mehr tun können oder hat mein Therapeut mich schlecht beraten? Warum funktioniert meine Technik nicht (mehr)? Geht es nur mir so? Habe ich überhaupt schon einen Rückfall oder bin ich grade nur schlecht drauf? Wenn ich (wieder) einen Rückfall habe, was nun? (1) Mich selbst herausarbeiten oder (2) Hilfe holen? Wenn (1), wie? Wenn (2), wo und bei wem? Ich würde ja nochmal eine Therapie machen, will aber nicht schon wieder enttäuscht werden. Wie kann ich seriöse von unseriösen Therapeuten unterscheiden? Oder reicht schon ein Besuch in der Selbsthilfegruppe? Was bringt mir die eigentlich? Welche Ziele will ich in Sachen Stottern überhaupt erreichen? Oder aus Therapeutensicht: Habe ich meinen Patienten gut auf Rückfälle vorbereitet? Habe ich ihm die richtigen Techniken vermittelt? Waren meine Ansprüche an ihn zu hoch oder strengt er sich nur nicht richtig an? Soll ich die Therapie beenden/abbrechen/aussetzen? Kommt ein Kollege vielleicht besser mit dem Fall zurecht? Eine oder mehrere dieser Fragen hat sich vermutlich jeder Stotternde, Angehörige oder Therapeut im Laufe seines Lebens gestellt. Obwohl das Thema Stottern und Rückfall im Grunde also sehr präsent in den Köpfen aller Beteiligten ist, wird erstaunlich wenig darüber geschrieben oder diskutiert. Dieses Buch möchte deshalb dazu anregen, mitzudiskutieren und sich Ge…


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