Der lange Schatten der NS-Diktatur

Der lange Schatten der NS-Diktatur

Einband:
Paperback
EAN:
9783897718012
Untertitel:
Texte zur Raubgolddebatte und zur Entschädigung
Genre:
Politische Soziologie
Autor:
Rolf Surmann, Dieter Schröder
Herausgeber:
Unrast Verlag
Anzahl Seiten:
205
Erscheinungsdatum:
1999
ISBN:
978-3-89771-801-2

Dieses Buch ist die erste umfassende Darstellung der NS-Raubgold-Debatte aus deutscher Sicht. Als das Thema noch für eine spezifisch schweizerische Angelegenheit gehalten wurde, arbeiteten die Autoren bereits in verschiedenen Veröffentlichungen die Verstrickung anderer neutraler Staaten heraus und verwiesen auf die problematische Nachkriegspolitik der Alliierten. Lange vor den Enthüllungen über die Deutsche und die Dredner Bank betonten sie dabei die Verantwortung Deutschlands. Ausführliche Chronik, Glossar, kommentierte Literaturliste und eine Übersicht über die Berichte der internationalen Untersuchungskommission erleichtern den LeserInnen den Einstieg in die Thematik.

Autorentext
Dieter Schröder, geboren 1931 in Berlin, von 1953-1963 Bonner Korrespondent der "SDZ", von 1964-1965 Reporter beim SPIEGEL, anschließend wieder außenpolitischer Korrespondent der "SDZ", deren Chefredakteur er später wurde. Von 1996-2001 Herausgeber der "BZ".

Leseprobe
"Die Vermarktung eines großen Teils des NS-Raubgoldes durch Schweizer Banken war und ist ein skandalträchtiges (Medien-)Thema. Es wird in der Regel unter der Schlagzeile abgehandelt: Biedere Bankiers waren Hehler des Holocaust. Doch verdeckt diese Skandalisierung nicht nur die Gesamtdimension der Problematik, sondern auch ihre Vielschichtigkeit. Jede Themenebene ist auf spezifische Weise interessant, hat ihre eigenen Fragestellungen und führt oft zu überraschenden Antworten. Natürlich ist die Selbstenthüllung der schweizerischen Bankiers nach Jahrzehnten des Schweigens und Leugnens spektakulär und stößt zurecht auf öffentliches Interesse. Denn hier brach eine Selbstdarstellung in sich zusammen, die mit den von Deutschen begangenen Verbrechen gegen die Menschheit nichts gemein zu haben schien. Sie zerbrach in zweifacher Hinsicht. Zum einen wurde die Zusammenarbeit der neutralen Schweiz mit dem nationalsozialistischen Deutschland in einem Umfang aufgedeckt, daß heute lediglich darüber gestritten wird, ob es sich dabei um eine durch den Zwang der Verhältnisse unausweichliche Zusammenarbeit oder um distanzlose Kollaboration gehandelt habe. Zum anderen wurde in der Öffentlichkeit bekannt, daß die Verantwortlichen von diesen Positionen selbst nach 1945 nicht abgerückt waren. Auf der Washingtoner Konferenz 1946 zur Rechenschaft aufgefordert, logen und täuschten sie, suchten nach Ausflüchten und unterliefen getroffene Vereinbarungen. So erreichten sie zum Beispiel, daß entgegen ursprünglichen alliierten Vorstellungen deutsches Auslandsvermögen in der Schweiz nicht zu Reparations- und Entschädigungszwecken einbehalten, sondern selbst rückverlangtes Raubgut an die Bundesrepublik gegen deren Bereitschaft, alte Kreditschulden weitgehend zu begleichen, übergeben wurde: ein guter Deal für beide Seiten. Als Konsequenz aus dem Zusammenbruch dieses forciert artikulierten Selbstverständnisses stellt sich natürlich auch die Frage nach der Scheidelinie zwischen bürgerlich-demokratischer Gesellschaft und Faschismus bzw. Nationalsozialismus. Sie ist nicht so strikt gezogen, wie dies nach 1945 behauptet wurde. Hierauf weist nicht zuletzt der Umstand hin, daß diese Problematik zwar am Beispiel der Schweiz am heftigsten diskutiert wurde, aber Formen von Interessengemeinschaft und Kooperation mittlerweile in vielfältiger Hinsicht zur Sprache kamen. Andere, im Krieg neutrale Staaten wie Schweden, Türkei oder Spanien sind hierin genau so einbezogen wie unterschiedliche gesellschaftliche Kreise selbst in den besetzten Ländern oder in den alliierten Staaten. Sie betrifft Kunsthändler in der Schweiz, in Frankreich oder in den Niederlanden ebenso wie US-amerikanische Autokonzerne oder niederländische Banken. Wie schwer es selbst heute fällt, eine eindeutige Abgrenzung zu den weniger beachteten NS-Verbrechen zu ziehen, zeigt eine Ende letzten Jahres getroffene Vereinbarung über die Rückerstattung von geraubten Kunstgegenständen, die bis heute nicht an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben worden sind. Angesichts einer Raubgeschichte, die in den letzten Jahrhunderten sowohl die Raubzüge der europäischen Nationalstaaten untereinander umfaßt wie deren kolonialistische Plünderung außereuropäischer Kulturen, konnte auf der Washingtoner Konferenz im November/Dezember 1998 keine strikte Regelung verabschiedet werden, die zur Rückführung von Kulturgegenständen nach international anerkannten Grundsätzen führen würde. Es blieb im wesentlichen bei nicht verbindlichen Absichtserklärungen. Ohne die Thematik verharmlosen zu wollen, erscheint der nationalsozialistische Kunstraub deshalb wie die Spitze eines Eisbergs. An ihm wird ein gesellschaftliches Versagen erkennbar, für dessen Überwindung selbst nach den Bemühungen der letzten Jahre keine systematischen Grundlagen geschaffen werden konnten. Auch hierin zeigt sich, daß die Schweizer Bankiers nur die Chiffre für eine grundsätzliche Problematik sind. "

Inhalt
Helga Ring, Dieter Schröder, Rolf Surmann Die Schweizer 'Malaise' Dimensionen des Themas 15 Rolf Surmann, Dieter Schröder Die Londoner Raubgold-Konferenz Eine mißlungene Inszenierung 27 Rolf Surmann, Dieter Schröder Opfergold und Deutungsmacht Die verschwundenen Reichsbankakten 33 Dokument37 Rolf Surmann Die Schuld bleibt deutsch Die Rolle der deutschen Banken 39 Dokumente46 Rolf Surmann, Dieter Schröder Vom NS-Goldräuber zum führenden Wirtschaftskriminologen der Bundesrepublik Die Karriere des Dr. Walter Zirpins 51 Dokument 54 Rolf Surmann 'Wiedergutmachung': 1 Deutschland zahlt heim Reparationen, Restitution und Entschädigung von NS-Opfern im historischen Aufriß 61 Rolf Surmann Hamburg vorn? Die 'Wiedergutmachungs'-Debatten in der Hamburger Bürgerschaft 73 Rolf Surmann 'Ein Krankenhaus für Israel' Der Loskauf von den NS-Verbrechen 83 Rolf Surmann Normalitätsversicherung Das Zwei+Vier-Abkommen und die Entschädigung der osteuropäischen NS-Opfer 91 Dokument 96 Rolf Surmann Autoritärer Staat Der Bundestag urteilt über die Wehrmachtsdeserteure 99 Rolf Surmann Filbinger, NS-Militärjustiz und deutsche Kontinuitäten 103 Dokumente112 Rolf Surmann, Dieter Schröder Betr.: 'Wiedergutmachung' Konzerne, Banken und die Entschädigung der NS-Opfer 115 Dokumente 120 Rolf Surmann, Dieter Schröder Entschädigung im Jahrhunderttakt 127 Die Washingtoner Konferenz und deutsche Positionen Dokumente 132 Rolf Surmann '.zum Schweigen gebracht' Das Beispiel Griechenland 135 Dokument 142 Rolf Surmann Kleine Geschichte der 'Wiedergutmachung' 145 Dokument 156 Rolf Surmann, Dieter Schröder NS-Raubgold: Die Rolle der Schweiz 159 Rolf Surmann, Dieter Schröder Schweizer Positionen 167 Jan Oltmanns 'Arisierung': Raubpolitik und Antisemitismus 173 Rolf Surmann, Dieter Schröder Gesellschaftsgeschichte des Kriegs: NS-Kunstraub 179 Anhang Dieter Schröder Auswahlbibliographie: Reparationen, Restitution und Entschädigung 185 Dieter Schröder Untersuchungskommissionen und Berichte: Internationale Übersicht 190 Dieter Schröder Chronologie 19451999 195 Personenregister 203 Drucknachweis 206


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