Das Individuum im Widerspruch

Das Individuum im Widerspruch

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783865960894
Untertitel:
Zur Theoriegeschichte des modernen Individualismus
Genre:
Sonstige Philosophie-Bücher
Autor:
Hans-Ernst Schiller
Herausgeber:
Frank und Timme GmbH
Anzahl Seiten:
362
Erscheinungsdatum:
2006
ISBN:
978-3-86596-089-4

Schriftenreihe des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften der Fachhochschule Düsseldorf

Die vorliegende Arbeit ist ein sozialphilosophischer Beitrag zur Diskussion über Individualisierung im Spannungsfeld von Eigeninteresse, moralischer Autonomie und Selbstverwirklichung. Untersucht werden Widersprüche des modernen Individuums: das Ineinander von Selbstverantwortung und Ohnmacht, von Emanzipation und Selbstpreisgabe, von Subjektivismus und Konformismus. Die Einleitung vermisst den Rahmen des Themas und skizziert die begriffliche Entwicklung bis zu Leibniz und Herder. Es folgen in vier Teilen die Darstellung und Diskussion moderner Theoretiker des Individuums wie Kant, Fichte und Hegel; Humboldt, Marx und Mill; Horkheimer, Adorno und Fromm, schließlich Bloch, Mead und Sartre. Den Abschluss bilden Überlegungen zum Individualismus als Ideologie, z.B. in der Medizinethik oder in der aktuellen Sozialgesetzgebung.

Der Autor

Hans-Ernst Schiller, geb. 1952, studierte Philosophie, Soziologie und Geschichte in Erlangen und Frankfurt/M. Promotion 1981 mit einer Arbeit über Ernst Bloch, Habilitation 1997 in Kassel mit einer Untersuchung zu Wilhelm von Humboldt. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Philosophie und Gesellschaftstheorie. Seit 1996 Professor für Sozialphilosophie und Ethik an der Fachhochschule Düsseldorf.


Die vorliegende Arbeit ist ein sozialphilosophischer Beitrag zur Diskussion über Individualisierung im Spannungsfeld von Eigeninteresse, moralischer Autonomie und Selbstverwirklichung. Untersucht werden Widersprüche des modernen Individuums: das Ineinander von Selbstverantwortung und Ohnmacht, von Emanzipation und Selbstpreisgabe, von Subjektivismus und Konformismus. Die Einleitung vermisst den Rahmen des Themas und skizziert die begriffliche Entwicklung bis zu Leibniz und Herder. Es folgen in vier Teilen die Darstellung und Diskussion moderner Theoretiker des Individuums wie Kant, Fichte und Hegel; Humboldt, Marx und Mill; Horkheimer, Adorno und Fromm, schließlich Bloch, Mead und Sartre. Den Abschluss bilden Überlegungen zum Individualismus als Ideologie, z.B. in der Medizinethik oder in der aktuellen Sozialgesetzgebung.

Autorentext
Hans-Ernst Schiller, Jahrgang 1952, studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie in Erlangen und Frankfurt am Main. Er promovierte über Bloch und habilitierte sich in Kassel mit einer Arbeit über Wilhelm von Humboldt. Seit 1996 ist er Professor für Sozialphilosophie und Sozialethik an der FH Düsseldorf.

Leseprobe
2.Kapitel Individuelles und transzendentales Ich bei Fichte (S. 79-80)

"Wer bin ich denn eigentlich, d.i. was für ein Individuum? Und welches ist der Grund, dass ich der bin? Ich antworte: ich bin von dem Augenblicke an, da ich zum Bewusstsein gekommen, derjenige, zu welchem ich mich mit Freiheit mache, und bin es darum, weil ich mich dazu mache." Fichtes Platz in der Theoriegeschichte des modernen Individuums – und in der Philosophiegeschichte überhaupt – ist durch die Idee gesichert, das transzendentale Ich, das Kant als den höchsten Vereinigungspunkt des Wissens ausgezeichnet hatte, zum Ausgangspunkt einer "Deduktion" zu nehmen, in der sich die Einheit der Vernunft unter dem Primat des Praktischen vollziehen sollte. Aber schon bevor diese Idee Fichte klar vor Augen getreten war, hatte er in seiner Rechtfertigung der französischen Revolution eine Theorie individueller Emanzipation entwickelt, die bereits Züge der späteren Philosophie aufweist und deren Widersprüche ahnen lässt.

Fichte geht es in seinem Beitrag zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die Französische Revolution zunächst darum, die Rechtmäßigkeit einer Revolution, verstanden als Abänderung der Staatsverfassung, im allgemeinen zu prüfen. Dazu bedarf es eines Maßstabs, der nach Fichte nur im Ich des Denkenden selbst gefunden werden kann. Dies ist zunächst eine formelle Aussage, die den Anspruch auf die Selbständigkeit des eigenen Urteils eines jeden erhebt, und somit Manifestation dessen, was wir den moralischen Individualismus genannt haben.

Das individuelle Ich ist aber nicht nur das Prüfende, sondern zugleich auch der Prüfstein, insofern nämlich, als seine Freiheit "Endzweck jedes Einzelnen" ist. Dieser Freiheit dienen Bildung und Kultur, die selbsttätige Bearbeitung der inneren und äußeren Natur. Die Förderung der Kultur (als Tauglichmachung des Natürlichen zur Freiheit eines jeden), oder m.a.W. der Fortschritt, ist auch der Endzweck des Staates: "der Staat (muss) den höchsten Endzweck jedes einzelnen befördern." Nach diesem Maßstab ergibt sich mühelos, unter welchen Bedingungen eine Revolution gerechtfertigt ist.

"Dass, wenn wirklich Kultur zur Freiheit der einzige Endzweck der Staatsverbindung sein kann, alle Staatsverfassungen, die den völlig entgegen gesetzten Zweck der Sklaverei Aller, und der Freiheit eines Einzigen (...) zum Endzwecke haben, der Abänderung nicht nur fähig seien, sondern auch wirklich abgeändert werden müssen, ist nun erwiesen (...)."

Neben dieser material-praktischen gibt es im Beitrag auch eine formale, vertragstheoretische Begründung für die Auflösbarkeit jeder Staatsverfassung. Fichte meint, dass jeder Verrag widerrufbar sei und kein Wille sich auf seine Unabänderlichkeit festlegen könne. Dies gilt natürlich auch für den "Bürgervertrag", mit dem sich einzelne zu einem Staat zusammenschließen. Aus dem Recht jedes Einzelnen, aus dem Staat gleichsam "auszutreten", folgt das kollektive Recht mehrerer zu einer Revolution. Weder verliere der Einzelne sein Recht zum Aufenthalt auf einem bestimmten Gebiet noch sein Eigentum, das nicht erst durch den Staat verliehen werde, sondern welches– ganz im Geiste Lockes – auf seiner Tätigkeit und dem Eigentum an sich selbst beruht. Menschenrechte, zu denen das Eigentum in diesem Sinne gehört, sind völlig unabhängig vom Bürgervertrag – und müssen folglich, wie Fichte explizit erwähnt, auch für die Juden gelten, denen er das Bürgerrecht abzuerkennen empfiehlt. Zur generell staatskritischen Einstellung des jungen Fichte

Inhalt
1;Vorbemerkung;6
2;Inhalt;8
3;Einleitung: Vorüberlegungen und Vorgeschichte;10
3.1;I Triumph des Individuums und Individualismus;10
3.2;II Dimensionen des Begriffs Individuum;16
3.2.1;1. Individualität als raumzeitliche Singularität;16
3.2.2;2. Biologische Individualität;17
3.2.3;3. Menschliche Individualität: Selbstbewusstsein;17
3.2.4;4. Menschliche Individualität: Selbstbestimmung;23
3.2.5;5. Die historische Dimension;28
3.3;III Zur Vorgeschichte der modernen Theorien;30
4;Erster Teil Deutscher Idealismus;40
4.1;1.Kapitel Der Mensch als Selbstzweck. Recht, Moral und Kultur bei Kant;42
4.1.1;I Das Individuum als Prinzip von Recht und Moral;42
4.1.2;II Willensfreiheit und Charakter, moralische Revolution;53
4.1.3;III "Reich der Zwecke" und "höchstes Gut". Die Selbstverwirklichung in der Geschichte;68
4.2;2.Kapitel Individuelles und transzendentales Ich bei Fichte;80
4.3;3.Kapitel Prinzip der modernen Welt, der substantiellen Sitte untergeordnet. Das individuelle Selbst bei Hegel;91
4.3.1;I Das Recht des Individuums in der "Philosophie des Rechts";91
4.3.2;II Kritik des Individualismus in der "Phänomenologie";101
4.3.3;III Anerkennung und der Kampf auf Leben und Tod;115
4.3.4;IV Das Individuum in der Geschichte;125
5;Zweiter Teil Liberalismus und Sozialismus;128
5.1;4.Kapitel Bildung, Gesellschaft, Sprache: Der Individualismus der Selbstverwirklichung bei Wilhelm von Humboldt;130
5.2;5.Kapitel Klassenindividuum, Marktsubjekt und Person in der Marxschen Theorie;144
5.2.1;I Gesellschaftliche Antagonismen und die Ohnmacht der P…


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