Aus der Reihe gedrängt

Aus der Reihe gedrängt

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783833437588
Untertitel:
Wie Priester vom Nationalsozialismus gesellschaftlich zerstört wurden
Genre:
Geschichte
Autor:
Justus Just
Herausgeber:
Books On Demand
Auflage:
2. Auflage
Anzahl Seiten:
360
Erscheinungsdatum:
2014
ISBN:
978-3-8334-3758-8

Der 1964 verstorbene Pfarrer Konrad Just ist in der nördlichen Umgebung von Linz als "Don Camillo" auch heute noch im Gespräch. Berühmt sind die vielen Anekdoten über ihn, doch seine wahre Geschichte und sein Leiden in den KZs sind auch seinen ehemals eng Vertrauten noch nicht zur Gänze bekannt. Anhand der Klageschrift seines Onkels, des Paters Konrad Just, zeichnet Justus Just dessen Leben und siebenjährige Gefangenschaft in den Konzentrationslager Dachau und Buchenwald nach. Erstmals wird in einem Buch das schwierige Verhältnis zwischen Gesellschaft und KZ-Priester dargestellt, denn die Rückkehrer wurden keineswegs überall mit offenen Armen empfangen und mussten teils eine neue Ausgrenzung erleben. Darüber hinaus erfahren die Leserinnen und Leser über die Vertreibung der Bourgeoisie aus der Tschechoslowakei nach dem Ersten Weltkrieg, von den Streitigkeiten der Christlich Sozialen mit den Sozialdemokraten in der Ersten Republik und von der Begeisterung des österreichischen Volkes für einen Adolf Hitler.

Autorentext
Justus Just, geboren in Linz 1950, kam kurz vor Beginn des neuen Jahrtausends an umfangreiche Aufschreibungen seines Onkels heran, stellte bald mit Erstaunen fest, dass es noch immer gravierende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem KZ-Priester Konrad Just und den Zeitzeugen gibt. In einer langwierigen Forschungsarbeit anderer Art tastete der Autor bis zur untersten Grundstufe der zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen vor und kam zur Erkenntnis, dass eigentlich unsere Sichtweite nicht immer bis zur Vernunft reicht. Durch diesen Mangel verspüren wir andere Gepflogenheiten als etwas Fremdes und bilden uns dabei allzu leicht Vorurteile. Anhand von Beobachtungen der Klassengesellschaften in Tschechien und in Polen stellte der Autor fest, dass eine Gemeinschaft nur an verschiedenartige Tätigkeitsabläufe gewöhnt ist und unter Umständen auch einer Verbrecherorganisation angehören kann. Und bei all diesen Vorkommnissen empfindet der einzelne Bürger in seiner Mentalität seine eigene Gruppe in jeder Form gut oder schlecht, je nachdem, ob er dabei als Bevorzugter oder als Benachteiligter mitwirkt. Justus Just hat sich völlig in die Gedankenwelt seiner Vorfahren hineingewühlt und diese niedergeschrieben. Das Ergebnis war auch für den Schreiber verblüffend, weil vieles von dem Stattgefundenen auch gegenwärtige Ereignisse sein können. Der Autor garantiert dafür, dass sein Niedergeschriebenes trotz Ähnlichkeiten keineswegs dem neuen Zeitgeist angepasst ist.

Leseprobe
Pater Konrad wurde mit zwölf weiteren Häftlingen in einem Arrestwagen nach München gefahren. Auch der Kooperator Kagerer aus Ried war dabei. Natürlich bekamen die Häftlinge kein Frühstück, nachdem die Fahrt ohne Verzögerung um fünf Uhr früh losging. In Salzburg wurde ein kurzer Aufenthalt eingelegt. Ein begleitender Gestapo-Beamter bot den Gefangenen an, auf ihre Rechnung Lebensmittel an der Reichsautobahn nach München zu kaufen. Konrad lehnte dieses Angebot dankend ab, denn er glaubte noch immer an die Worte des Wachpersonals in Linz, das ihm zusicherte, er bekäme in Dachau eine bekömmliche Verpflegung.
Die Gefangenen kamen in der Mittagsstunde in Dachau an. Die Verköstigung blieb aus; stattdessen ergriff die Angekommenen ein Schauder, als sie die Lagerinsassen aus der Nähe sahen. Diese trugen an ihren abgemagerten Körpern erbärmliche Häftlingskleider mit Streifenmuster. Konrad nannte deshalb die Gefangenen"Zebras". Obendrein waren die Bedauernswerten ohne Kopfbedeckung der prallen Mittagssonne ausgesetzt, weshalb ihre Gesichter nahezu schwarz gebrannt waren. Angst und Not hatte ihren Gesichtsausdruck eigentümlich verformt. Dem Pater Just waren die Köpfe der KZ-Häftlinge wie Habichtgesichter erschienen, und interessanterweise sahen alle gleich aus. Jeder frische Ankömmling hatte das Gefühl, er befände sich mitten unter Verbrechern und lichtscheuem Gesindel. Die SS-Aufsicht des Konzentrationslagers bemühte sich besonders, dass für Außenstehende dieser Eindruck bestünde.
Der Empfang der Häftlinge in Dachau war brutal. Pater Konrad war mit guter Hoffnung nach Dachau gekommen, umso bitterer war sein Erwachen vor der rauen Wirklichkeit in einem Konzentrationslager. Konrads Gesicht war vom Schrecken gezeichnet, als seine traurigen Augen Unmenschlichkeit, trostlose Wachtürme und grässliche Stacheldrahtumzäunungen sahen. Das Auto fuhr die österreichischen Gefangenen bis zum zweistöckigen Wachhaus der SS, dem bewachten Durchgang in das Lager, was auch als"Jourhaus"bezeichnet worden war. Barsch befahl die Wache den Häftlingen, rasch auszusteigen. Konrad stieg als Letzter aus dem Auto und hörte schon die rauen Töne:"Komm her, du verfluchter Schlawiner, auf dich haben wir noch gewartet! So schaust du aus - ihr Österreicher - ihr ginget uns gerade noch ab, ihr Fresser. Was anderes könnt ihr ja doch nicht. Euch haben wir noch gebraucht."In diesem Ton ging es in Dachau pausenlos weiter. In Österreich brüllten die nationalsozialistischen Unentwegten:"Heim ins Reich! Anschluss an Deutschland! Ein Volk von Brüdern."- Dem Pater Konrad fuhr der verrückte Gegensatz zu seiner Heimat richtig unter die Haut. In seinem Gedächtnis tauchten die tolldreisten Erlebnisse in seiner Heimat auf, als Mitbürger energisch den Anschluss ans Deutsche Reich forderten. Die Österreicher gaben sich dabei einem wüsten Taumel der Freude hin. Und nun hörte Konrad die Meinungen der deutschen Nazis über Österreich. So dachte Pater Just an das alte Sprichwort:"Die dümmsten Kälber wählen sich den Metzger selber!"- Und das österreichische Volk hatte es getan.


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