Krieger ohne Waffen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz

Krieger ohne Waffen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz

Einband:
Leinen-Einband
EAN:
9783821845005
Untertitel:
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz
Genre:
Medizin-Lexika
Herausgeber:
Die andere Bibliothek
Auflage:
Lim. u. num. Ausg.
Anzahl Seiten:
340
Erscheinungsdatum:
30.04.2001
ISBN:
978-3-8218-4500-5

Am 24. Juni 1859 beobachtete Jean-Henri Dunant, ein reicher Genfer, der im Norden Italiens unterwegs war, von den Anhöhen um Castiglione, wie die Streitkräfte unter Kaiser Napoleon III. von Frankreich und Kaiser Franz Joseph von Österreich in den Weinbergen und Schluchten von Solferino miteinander kämpften. Den ganzen Tag über hörte Dunant den alles erschütternden Schlachtenlärm, der aus Wolken von Staub und Kanonenrauch drang. In der Abenddämmerung räumte der österreichische Kaiser schließlich das Feld, und seine geschlagenen Truppen liefen auseinander. In Die Kartause von Parma hatte Stendhal das Getümmel der Schlacht von Waterloo geschildert; in den Sewastopoler Erzählungen hatte Tolstoi die Kameradschaft in den russischen Feldschanzen während des Krimkrieges beschrieben. Aber es gibt wohl keine schonungslosere Darstellung als Jean-Henri Dunants Buch Eine Erinnerung an Solferino, in dem er schildert, wie es auf einem Schlachtfeld nach dem Gefecht wirklich aussieht: Die Erde ist schwarz von geronnenem Blut und übersät mit liegengelassenen Gewehren, Tornistern und Uniformen, überall abgetrennte Gliedmaßen, Knochensplitter, Kartuschen, reiterlose Pferde, die zwischen den Leichen herumstöbern, Gesichter, verzerrt zur Grimasse des Todes, Verwundete, die zu Pfützen blutigen Schlamms hinkriechen, um ihren Durst zu löschen, und gierige lombardische Bauern, die von Leiche zu Leiche eilen und den Toten die Stiefel von den Füßen zerren. Als er nach Castiglione hineinkam, fand Dunant dort mehrere Tausend verwundete Soldaten beider Mächte vor, die Seite an Seite in den Kirchen, auf den Plätzen und in den Gassen des Dorfes starben. Er ließ Verbandsmaterial und andere Hilfsgüter holen, rekrutierte Frauen aus dem Dorf und begann mit der Versorgung der Verwundeten, nur assistiert von zwei englischen Gentlemen, die sich gerade auf einer Urlaubsreise befanden. Dunant, damals Anfang dreißig, war absoluter Laie in diesen Dingen, eine Art Schlachtenbummler. Er hatte in seinem Leben noch nie irgend jemanden gepflegt. Im zunehmend blutbefleckten weißen Leinenanzug wanderte er zwischen den Toten und Sterbenden umher, die dichtgedrängt im Hauptschiff der Dorfkirche lagen, und verteilte Zigarren, weil er glaubte, der Duft einer guten Zigarre könne den Gestank der eiternden Wunden verringern. Außer Wasser, mit dem man die Wunden säubern konnte, und einigen wenigen Streifen Baumwollstoff für Notverbände gab es kaum etwas. Die zehnstündige Schlacht hatte sechstausend Menschenleben gefordert; in den Folgemonaten starben noch weitere tausend Soldaten an ihren Verwundungen.

Autorentext
Hans Magnus Enzensberger, geboren 1929 in Kaufbeuren, lebt in München. 1963 erhielt Hans Magnus Enzensberger den Georg-Büchner-Preis, im Jahr 2015 wurde ihm der Frank-Schirrmacher-Preis verliehen.

Klappentext
Als sich im Jahre 1863 ein paar Genfer Honoratioren trafen, konnte niemand ahnen, daß damit eine Institution auf den Plan trat, wie sie die Geschichte der Menschheit nie zuvor gekannt hat. Heute ist das IKRK ein weltumspannender humanitärer Konzern, der über ein Milliardenbudget verfügt. Seine einzigartige Stellung ist durch zahlreiche völkerrechtliche Konventionen verbürgt. Dieses Buch gibt Auskunft über den Ursprung, die Geschichte, die Erfahrungen und die Krisen des Komitees. Allzuoft wird es mit den nationalen Rotkreuz-Gesellschaften verwechselt, die allesamt unabhängig agieren und nicht nur in Deutschland immer wieder durch ihre Nähe zur Macht und durch Korruptionsgeschichten in Mißkredit geraten sind. Auch das Genfer Komitee ist von den Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts nicht verschont geblieben. Das ist kein Wunder; denn die Katastrophe ist seine raison d'etre. Dies gilt heute nicht weniger als zur Zeit seiner Gründung. Der Band beginnt und endet mit einem großen Essay von Michael Ignatieff, der die Geschichte des IKRK und seine heutige Problematik glänzend schildert und analysiert. Es folgen Berichte, Erinnerungen und Reportagen aus der Feldarbeit des Komitees in den Kriegen und Krisenregionen von Solferino bis Somalia und Sarajevo. Auch das Versagen des IKRK im Angesicht der Shoa wird nicht ausgespart. Erzählt wird dies alles aus der Perspektive von Helfern, die sich mit nüchterner Leidenschaft einer Mission verschrieben haben, von der sie wissen, daß sie nie ein gutes Ende nehmen wird. Insgesamt ist damit ein ebenso herzzerreißendes wie intelligentes Panorama der modernen Geschichte entstanden.


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