Ostzeit - Westzeit

Ostzeit - Westzeit

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783630879864
Untertitel:
Aufbrüche einer neuen Kultur
Genre:
Geisteswissenschaften allgemein
Autor:
Helmut Böttiger
Herausgeber:
Luchterhand
Anzahl Seiten:
156
Erscheinungsdatum:
01.10.1996
ISBN:
978-3-630-87986-4

Autorentext
Helmut Böttiger, geboren 1956, war viele Jahre Kulturredakteur bei großen Tageszeitungen und lebt als freier Autor und Kritiker in Berlin. Der promovierte Germanist hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und kuratierte mehrere Literatur-Ausstellungen. 1996 erhielt er den Ernst-Robert-Curtius-Förderpreis für Essayistik. Er lehrte als Gastprofessor für Literaturkritik an der Georg-August-Universität Göttingen und gehört verschiedenen Jurys an, unter anderm der SWR-Bestenliste mit Buch-Empfehlungen. 2012 wurde er mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet.

Klappentext
Seit 1989 hat sich vieles verändert in Deutschland, aber anders, als uns die gängigen Klischees weismachen wollen. Helmut Böttiger streift als Flaneur durch die Republik und registriert an konkreten Erscheinungen des Alltags deutliche Anzeichen einer neuen Mentalität in Ost und West. Vor allem in Berlin, abseits des offiziellen Hauptstadtaktivismus, wird das Neue faßbar: im Wandel der Kulturszene, in der Wahrnehmung der Vergangenheit, im Umgang miteinander. Ostzeit - Westzeit liefert Ausblicke in eine überraschende Gegenwart.

Leseprobe
Brandmauern und Ramsch Als Flaneur in der Hauptstadt AM SCHIFFBAUERDAMM war es, als hätte Brecht eine große Kulisse geschoben. Alles war schwarzweiß - ein fahles, düsteres Schwarzweiß, das Schraffuren von Nebel und Dunst zeigen konnte; und vom Bahnhof Friedrichstraße wehte immer etwas Metallenes herüber, etwas aus den zwanziger Jahren, mit Industrieromantik und Ruß. Man konnte sich im »Trichter« ans Fenster setzen und sich mit dem Ellbogen an der Lehne aufstützen: durch die verhangenen Gardinen hindurch, durch die staubigen Zimmerpflanzen und deren gummiartige Geduld war die S-Bahn-Brücke über die Spree im Bild, ihre gelassene, geschwungene Eisenkonstruktion. Eine Fotografie, ein Standbild, das ewig zu währen schien, man brauchte nicht einmal zu knipsen. Ab und zu kam ein Kellner vorbei und stellte wortlos das nächste Bier hin, so wie es der Brauch war. Eine Weltstadt war das nicht, dazu kannte man sich zu gut und lief sich ständig über den Weg, aber man saß in den Kulissen einer Weltstadt. Die Geschichte war recht ansprechend aufgebaut und mit ein paar Schnörkeln und schütteren Fahnen drapiert, eisig und rot, und wenn man in die Brecht-Buchhandlung im Haus an der Chausseestraße ging, hatte man sofort den Überblick über das, was gerade von Brecht zu kriegen war. Wenn man eine Beziehung zu einer der Buchhändlerinnen aufgebaut hatte, manchmal auch über das, was sonst noch gedruckt wurde. Es war eine eigenartige Stimmigkeit in der alten Friedrich-Wilhelm-Stadt jenseits der Weidendammer Brücke. Die Wohnungen korrespondierten untereinander mit ihren Holzvertäfelungen und Stoffbezügen in warmen Tönen. Und das Kachelofenhafte legte sein besonderes Timbre über die Verrichtungen des Alltags: man konnte sich in seinem Sessel verkriechen und


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