Soziologie des Wohlfahrtsstaates

Soziologie des Wohlfahrtsstaates

Einband:
Paperback
EAN:
9783593378930
Untertitel:
Eine Einführung
Genre:
Politik-Lexika
Autor:
Carsten G. Ullrich
Herausgeber:
Campus Verlag GmbH
Auflage:
1. Aufl. 11.2005
Anzahl Seiten:
262
Erscheinungsdatum:
30.11.2005
ISBN:
978-3-593-37893-0

Campus Studium

Sozialpolitik umfasst alle Regelungen, mit denen eine Gesellschaft versucht, die Lebensverhältnisse ihrer Mitglieder zu verbessern. Carsten G. Ullrich erläutert Sozialpolitik aus soziologischer Perspektive - es geht also nicht um die ökonomischen, sondern um die gesellschaftlichen Ursachen und Folgen des Wohlfahrtsstaates. Anhand zentraler Problemkreise wie Armut, Ungleichheit und soziale Sicherheit diskutiert er die wichtigsten gesellschaftlichen Wirkungen des Wohlfahrtsstaates und die Bedeutung der sozialen Sicherung für die "Sozialbürger". Dabei werden auch die Probleme, die mit der Ausgestaltung sozialer Sicherungssysteme verbunden sind, und die Zukunftschancen des Wohlfahrtsstaates erörtert.

Autorentext
Carsten G. Ullrich, Dr. rer. pol., ist Soziologe und wissenschaftlicher Assistent an der Universität Mannheim. Am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung leitet er ein Forschungsprojekt zur »Akzeptanz des Wohlfahrtsstaats «.

Leseprobe
1. Einleitung »The welfare state is here to stay« so lautet das schlichte Resümee einer Studie zur Akzeptanz des Wohlfahrtsstaates in den USA.1 Aber wer wollte selbst jenseits des Atlantiks ernsthaft daran zweifeln? Nach einer über hundertjährigen Geschichte staatlicher Sozialpolitik lässt sich das System der sozialen Sicherung aus unserem modernen Leben kaum noch fortdenken. Insofern ist der Wohlfahrtsstaat, so könnte man meinen, unverzichtbar (geworden). Andererseits ist das »wohlfahrtsstaatliche Projekt« wohl noch nie so sehr unter Druck geraten wie heute, auch wenn die oft scharfe Kritik an der Sozialpolitik schon von Beginn an zu ihren ständigen Begleitern gehörte. Nun werden jedoch Fragen nach der Wirksamkeit und Finanzierbarkeit wohlfahrtsstaatlicher Leistungen immer lauter und immer häufiger werden sie verneint. Dennoch steht wohl kaum die Abschaffung des Wohlfahrtsstaates oder der Verzicht auf jegliche staatliche Sozialpolitik bevor. Die entscheidende Frage lautet nicht, ob es in modernen Gesellschaften einer Sozialpolitik bedarf, sondern wie diese »richtig« auszugestalten ist. Dieses »Wie« der Sozialpolitik bezieht sich jedoch nicht nur auf die Höhe der Sozialleistungen, sondern auch auf die Definition von Problemlagen als »sozialpolitisch« und vor allem auf die Form der sozialpolitischen Intervention. Dieser Einführungsband will ein besseres Verständnis der Gründe und Wirkungsweisen von Sozialpolitik ermöglichen. Hierzu vermittelt er einen Überblick über die allgemeinen Leistungen und die Leistungsfähigkeit von Wohlfahrtsstaaten sowie über die Probleme, die sich aus der wohlfahrtsstaatlichen Absicherung ergeben. Das Ziel dieses Bandes besteht dabei in der soziologischen Einführung in den Gegenstandsbereich der Sozialpolitik. Es werden daher Aspekte des Wohlfahrtsstaates bzw. der Sozialpolitik in den Mittelpunkt gestellt, die in einer soziologischen Perspektive als interessant, bedeutsam und erklärungsbedürftig erscheinen. Worin unterscheidet sich aber eine soziologische von anderen Betrachtungsweisen der Sozialpolitik? Soziologen sind vor allem an gesellschaftlichen oder sozialen Verhältnissen interessiert und daran, wie sich diese auf die Lebenssituation der Menschen auswirken. Eine negative Antwort könnte daher lauten, dass eine »Soziologie des Wohlfahrtsstaates« sich dadurch von anderen Fachperspektiven unterscheidet, dass sie weniger an wirtschaftlichen, rechtswissenschaftlichen, politischen usw. Aspekten des Wohlfahrtsstaates interessiert ist. Die positive Antwort lautet entsprechend, dass sich die »Soziologie des Wohlfahrtsstaates« vor allem mit zwei Aspekten befasst: Zum einen sind dies die sozialen Ursachen des Wohlfahrtsstaates wie die Auflösung traditionaler Sicherungsformen und die zunehmende Bedeutung von Erwerbsarbeit. Im weiteren Sinne sind hierzu auch allgemeinere soziale Voraussetzungen zu zählen wie spezifische kulturelle Muster und nationale Traditionen, Diffusionsprozesse und institutionelle Vorläufer. Sozialpolitik bzw. Wohlfahrtsstaaten sind hier »abhängige Variablen«. Der andere Aspekt, bei dem der Wohlfahrtsstaat die »unabhängige Variable« bildet, sind die sozialen Auswirkungen oder Folgen von Sozialpolitik. Bei den sozialpolitischen Auswirkungen können wiederum allgemeine Ziele (z. B. Sicherheit) und konkrete Zielsetzungen (z. B. Gesundheitsversorgung), intendierte und nicht-intendierte Folgen sowie konkrete Leistungen oder »outputs« und mittel- und langfristige Wirkungen unterschieden werden. Diese soziologische Einführung konzentriert sich also auf die sozialen Ursachen und Folgen von Sozialpolitik, ohne dabei andere, vor allem politische und wirtschaftliche, Aspekte völlig zu vernachlässigen. Besonderes Gewicht wird auf die allgemeinen sozialen Auswirkungen gelegt, die nur zu einem Teil auf die konkreten sozialpolitischen Leistungen zurückgeführt werden können und den jeweiligen Zielsetzungen nur zu oft nicht in der gewünschten Weise entsprechen. Dabei soll gleichermaßen verdeutlicht und diskutiert werden, welche Bedeutung wohlfahrtsstaatliche Leistungen für die Gesamtge- sellschaft haben und wie sie sich auf die Lebensverhältnisse einzelner Bevölkerungsgruppen auswirken. »Referenzobjekt« aller Ausführungen ist der deutsche Wohlfahrtsstaat und hier wiederum die oft als sozialpolitischer Kernbereich geltenden Sicherungsleistungen (Sozialversicherungen, Sozialhilfe und Leistungen für Familien). Das Ziel dieses Bandes besteht jedoch nicht in einer umfassenden Darstellung des deutschen Wohlfahrtsstaates mit allen seinen Institutionen und Leistungen, sondern in der allgemeinen Einführung in zentrale Bereiche der sozialwissenschaftlichen Wohlfahrtsstaatstheorie und -forschung. Die Konzentration auf die sozialen Ursachen und Wirkungen von Sozialpolitik impliziert notwendig, dass andere Aspekte nicht oder in einem eher geringen Umfang berücksichtigt werden können. So bietet diese Einführung keine ausführliche oder gar vollständige Darstellung wohlfahrtsstaatlicher Institutionen. Sie ist kein sozialpolitisches Kompendium für die Praxis. Vergleichsweise wenig Raum wird hier auch für historische Entwicklungen und nationale Besonderheiten sowie für die Diskussion aktueller Probleme und Reformoptionen eingeräumt. Das folgende Kapitel (2) befasst sich mit den Ursachen von Sozialpolitik bzw. Wohlfahrtsstaatlichkeit. Zunächst werden in einer groben Skizze die historischen Entstehungsbedingungen und die weitere Entwicklung der Wohlfahrtsstaaten (mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung) nachgezeichnet (2.1). In einem zweiten Abschnitt werden dann die insgesamt sehr zahlreichen Paradigmen und Theorien zur Entstehung und Entwicklung von Wohlfahrtsstaaten vorgestellt (2.2). Die hohe Variabilität wohlfahrtsstaatlicher Sicherungsformen wird anhand typologischer Unterscheidungen und an Ergebnissen der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung verdeutlicht (2.3). In diesem Zusammenhang werden auch einige Besonderheiten des deutschen Wohlfahrtsstaates herausgestellt. Die Kapitel 3 bis 5 stellen in mancher Hinsicht den Kern dieser Einführung in die Sozialpolitik dar. Sie befassen sich mit den wichtigsten sozialen Wirkungen wohlfahrtsstaatlicher Leistungen. Das dritte Kapitel untersucht die Bedeutung von Sozialpolitik für die Gewährleistung sozialer Sicherheit. Nach einer Klärung, was man unter sozialer Sicherheit versteht und wie sich Sicherungsbedürfnisse 12 SOZIOLOGIE DES WOHLFAHRTSSTAATES herausgebildet haben (3.1 und 3.2), werden die Argumente dargelegt, mit denen sozialpolitische Interventionen zur Erreichung sozialer Sicherheit begründet werden (3.3). Im Hauptteil dieses Kapitels (3.4) wird untersucht, wie mit sozialpolitischen Leistungen mehr soziale Sicherheit erreicht wird und wie sich Wohlfahrtsstaaten dabei in ihrer Wirkung unterscheiden. Abschließend wird der Frage nachgegangen, ob es einen Konflikt zwischen den Zielen Sicherheit und Freiheit gibt und wie sich die soziale Sicherung auf die i…


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