Die Rückkehr der deutschen Geschichtswissenschaft in die "Ökumene der Historiker"

Die Rückkehr der deutschen Geschichtswissenschaft in die "Ökumene der Historiker"

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783486587951
Untertitel:
Ein wissenschaftsgeschichtlicher Ansatz
Genre:
Regional- und Ländergeschichte
Herausgeber:
De Gruyter Oldenbourg
Anzahl Seiten:
343
Erscheinungsdatum:
06.10.2008
ISBN:
978-3-486-58795-1

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt es für die deutsche Historikerschaft, die eigene Position im Spannungsverhältnis zwischen nationalem Selbstverständnis und internationaler Wissenschaft neu zu justieren. Die Beiträge dieses Bandes verweisen dabei sowohl auf die Beharrungstendenzen als auch auf die Wandlungspotentiale, die die Reinstitutionalisierung der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft nach 1945 kennzeichneten.

Die Hindernisse, die gerade deutsche und französische Historiker zu überwinden hatten, um nach dem Krieg in eine wissenschaftliche Kommunikation einzutreten, durchziehen den Band wie ein roter Faden. Während es der deutschen Geschichtswissenschaft Schritt für Schritt gelang, sich wieder in die "Ökumene der Historiker" einzuflechten, brachen die Brücken zwischen den Historikern aus der Bundesrepublik und jenen aus der DDR allmählich ab.

Aus dem Inhalt:

Mit Beiträgen von Christoph Cornelißen, Corine Defrance, Heinz Duchhardt, Astrid Eckert, Thomas Etzemüller, Agnès Graceffa, Mario Kessler, Michael Matheus, Anne Christine Nagel, Ulrich Pfeil, Rainer Riemenschneider, Martin Sabrow, Axel Schildt, Peter Schöttler, Ernst Schulin, Winfried Schulze


Autorentext
Ulrich Pfeil, geboren 1966, ist Professor für Deutschlandstudien an der Universität Jean-Monnet in Saint-Étienne und Gastwissenschaftler am Deutschen Historischen Institut Paris.

Zusammenfassung
"Die im Vorwort formulierte Hoffnung des Hrsg.s, mit dem vorliegenden Band einen Beitrag zur kritischen Standortbestimmung der deutschen Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert zu leisten, ist zweifellos berechtigt." Dirk Brietzke, Historische Zeitschrift, 292 / 1 "Ein wichtiger Verdienst des Bandes liegt, wie der abschließende Beitrag von Ernst Schulin noch einmal unterstreicht, darin, dass hier die in den letzten Jahren erarbeiteten Forschungsergebnisse zu Einzelthemen zusammengestellt werden und sich zu einem Bild der Epoche fügen: zu einer Wissenschaftsgeschichte als Teil der allgemeinen Geschichte, abhängig von strukturellen Gegebenheiten, politischen Entwicklungen und geprägt von den Denkmustern und Intentionen der handelnden Personen." Neue Politische Literatur, Nr. 3/2009

Leseprobe
II. REINSTITUTIONALISIERUNG UND NEUORIENTIERUNG DER BUNDESDEUTSCHEN
GESCHICHTSWISSENSCHAFT NACH 1945 (S. 71-74)

ANNE CHR. NAGEL

"GIPFELTREFFEN DERMEDIÄVISTEN"

Der Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte

"Wenn die deutsche Geschichtswissenschaft europäisch denken soll, müssen die Historiker auch das Ausland einmal gesehen und kennengelernt haben. Dafür ist aber Paris nicht weniger bedeutsam als Rom". Es war der Mediävist Theodor Mayer, der dies im Oktober 1942 an Reichswissenschaftsminister Bernhard Rust schrieb, als er in einer Denkschrift die Errichtung eines weiteren historischen Auslandsinstituts neben dem in Rom anregte. Mayer stand damals im Zenit seiner Karriere. Als Präsident des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde, wie die Monumenta Germaniae Historica (MGH) während des "Dritten Reichs" offiziell hießen, hatte er kurz zuvor seine Professur für mittelalterliche Geschichte an der Universität Marburg aufgegeben und war in den Dienst des Reichs getreten. Mit seinem ausgeprägten Hang zum Organisieren machte sich der Mediävist sogleich weitreichende Gedanken über die Zukunft der traditionsreichen Einrichtung sowie über die deutsche Geschichtswissenschaft in einem vom Nationalsozialismus beherrschten Europa. Den Leistungen der französischen Geschichtswissenschaft gegenüber erwies er sich voller Respekt, dementsprechend sollte das geplante Institut in erster Linie der gegenseitigen wissenschaftlichen Verständigung und dem gemeinsamen vertieften Forschen dienen:

Dazu ist keine Institution so geeignet wie die MG, die von alters her in Frankreich großes Ansehen genießen und tatsächlich schon seit sehr langer Zeit in diesem Sinne gewirkt haben. Die Möglichkeit, aber auch die Notwendigkeit einer intensiven Zusammenarbeit mit den französischen Wissenschaftlern wird nach dem Friedensschluss noch stärker werden. Das Pariser Institut muß sehr leistungsfähig sein, damit es den Wettbewerb mit den französischen Historikern, besonders mit der vorzüglichen École des chartes aushalten kann.

Angesichts des Zeitpunkts, Herbst 1942, ist dies eine bemerkenswerte Äußerung, die den Akzent auf Wettbewerb um geistige Ressourcen, nicht auf Dominanz oder gar Vernichtung legte.
Bekanntlich wurde während der Präsidentschaft Mayers nichts mehr aus den Plänen für ein Deutsches Historisches Institut in Paris2. Dem kontinuierlichen Aufstieg des Österreichers in der deutschen Geschichtswissenschaft seit 1930 folgte 1945 der Sturz: Mit dem Untergang des Deutschen Reichs ging sein Beamtenstatus verloren, die Restitution der alten MGH-Strukturen brachte ihn um das Präsidentenamt. Einer Wiederverwendung im Hochschuldienst stand erst seine politische Belastung entgegen, dann sein fortgeschrittenes Alter. Zuletzt mögen auch handfeste Charaktermängel noch eine Rolle gespielt haben, denn Mayer war gefürchtet streitbar. So fand er notgedrungen zu dem, was ihn in der bundesdeutschen Mediävistik, ja in der deutschen Geschichtswissenschaft überhaupt bis heute unvergessen macht. Theodor Mayer begründete mit dem Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte ein eigenes Forschungsunternehmen, dies natürlich nicht allein, sondern unterstützt von einem illustren Kreis Gleichgesinnter. Um diesen Zirkel ranken sich bis heute die Geschichten. Man kann inzwischen manches über seine Entstehung und den Urheber nachlesen, darüber, wer dabei war und wer nicht. Der Arbeitskreis selbst hat sich zum 50jährigen Bestehen seine Geschichte geschrieben, und er wurde auch schon in den größeren Kontext bundesdeutscher Mittelalterforschung eingeordnet. So kann sich im Rahmen dieses Beitrags auf Weniges zu seiner Gründungs- und Entwicklungsgeschichte beschränkt werden.


Inhalt
Mit Beiträgen von Christoph Cornelißen, Corine Defrance, Heinz Duchhardt, Astrid Eckert, Thomas Etzemüller, Agnès Graceffa, Mario Kessler, Michael Matheus, Anne Christine Nagel, Ulrich Pfeil, Rainer Riemenschneider, Martin Sabrow, Axel Schildt, Peter Schöttler, Ernst Schulin, Winfried Schulze


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