An den inneren Ufern Indiens

An den inneren Ufern Indiens

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783446202290
Untertitel:
Eine Reise entlang des Ganges
Genre:
Reiseberichte Asien
Autor:
Ilija Trojanow
Herausgeber:
Hanser C.
Auflage:
4. Auflage
Anzahl Seiten:
200
Erscheinungsdatum:
04.08.2003
ISBN:
978-3-446-20229-0

Der Ganges ist die Lebensader Indiens. Ilija Trojanow hat den großen Fluss von der Mündung, wo er aus dem ewigen Eis bricht, bis in die großen Städte bereist, mit dem Boot, dem Bus, in überfüllten Bahnen. Eine farbige Reportage und Erzählung über ein Land zwischen einer uralten Tradition und einer höchst ungewissen Moderne und über den heiligen Fluss, der es über Hunderte von Kilometern durchzieht.

"Diese Reise hätte man auch gerne unternommen, am liebsten mit dem Autor selbst, denn so interessant Indien allein schon sein kann - um wie viel informativer, lustiger und aufregender ist es mit jemandem, der schon so viel von der Welt gesehen und sowohl mit dem Herzen wie mit dem Verstand so viel von ihr begriffen hat, ohne dabei das Staunen verlernt zu haben.... Trojanow (erzählt) in passend wundersamer Weise." René Zucker, taz, 26.08.03

Autorentext
Ilija Trojanow, 1965 in Sofia geboren, lebte in Nairobi, München, Mumbai und Kapstadt. Heute wohnt er in Wien. Bei Hanser erschienen u.a. An den inneren Ufern Indiens (Eine Reise entlang des Ganges, 2003), Der Weltensammler (Roman, 2006), Der entfesselte Globus (Reportagen, 2008), EisTau (Roman, 2011) und die Fotoreportage Wo Orpheus begraben liegt (mit Fotografien von Christian Muhrbeck, 2013). Er wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 2007 mit dem Berliner Literaturpreis.

Klappentext
Der Ganges ist die Lebensader Indiens. Ilija Trojanow hat den großen Fluss von der Mündung, wo er aus dem ewigen Eis bricht, bis in die großen Städte bereist, mit dem Boot, dem Bus, in überfüllten Bahnen. Eine farbige Reportage und Erzählung über ein Land zwischen einer uralten Tradition und einer höchst ungewissen Moderne und über den heiligen Fluss, der es über Hunderte von Kilometern durchzieht.

Leseprobe
Der Ganges wird in Indien Ganga genannt, in respektvoller Anrede Gangaji, in liebevoller Hinwendung Ganga Mataji (Mutter Ganges). Sadhus (Eremiten) und Pujaris (Priester) kennen weitere 108 oder gar 1000 Namen des Ganges. Es gilt ihnen alsSünde, Ganga "Fluß" oder "Wasser" zu nennen.
I.
Tropfen von der Locke Gottes
Der Mann zieht die Ziege in den Ganges hinein, bis ihr das Wasser gegen den Mutterleib schwappt. Mit nassen Händen streicht er ihr über den prallen Bauch. Er bespritzt sie, er flüstert ihr ins Ohr. Dann führt er sie aus dem Wasser, und die Ziege wirft kaum spürt sie Ufer unter den Hufen zwei Zicklein. Der Hirte schneidet die Nabelschnur ab, nimmt die Neugeborenen auf seinen Arm und macht sich auf den Weg ins nahe gelegene Dorf. Der Fluß strömt bedächtig weiter, Fährmänner decken mit ruhigen Pinselstrichen die Kiele der umgedrehten Boote mit Teer ab. Zwei Sadhus füllen ihre Gefäße und grüßen in Gottes Namen. Einige Kühe schlappen lustvoll Wasser. Die Geburt erscheint so selbstverständlich wie das Brummen einer Fliege, wie die Hornhaut auf der Ferse des Fischers. Sie hinterläßt nur ein Stück Nabelschnur auf dem hellbraunen Sand und die Erinnerung an die Entnabelung.
Nicht alles kommt so leise zur Welt. Ganga bricht mit einem anhaltenden Schrei aus dem Gletscher, fällt zur Erde und läuft los, ungestüm, halsüberkopf, um sich schlagend. Shiva hat seinen Kopf hingehalten, Ganga hat sich seines Hauptes bemächtigt; hart beim Aufprall, sanft beim Abfließen stürzt sie von seiner Stirn hinunter, perlt von seinen Locken herab. Ihr stürmisches Rauschen, sein starres Schweigen, unbeweglich bis in die letzte Furche seines Antlitzes. Die Kaskaden schütteln sein Haupt, rütteln ihn aus seiner Versenkung.Shiva kann nicht mehr an sich halten, richtet sich auf und schwingt seine Damru-Trommel. Es klingt wie Eis, das splittert, sich unentwegt spaltet, bis es nur noch aus Tropfen besteht, die von seinen Lippen fallen. Ganga ergreift Shivas Hände, die beiden wirbeln um den Augenblick der Schmelze herum. Der Takt vieler Tropfen wird zu einem Sturzbach.Der Sog schluckt alles, das Echo der Selbstvergessenheit, die eingeschlafenen Felsen, die zwei Hörner, die über demGletscher ragen, als sei dieser die faltige Stirn einer altehrwürdigen Kuh.
Nicht so schnell, haucht die atemlose Ganga.
Schneller, ruft der erregteShiva.
Sie wirbeln weiter.
Ich lag schon Stunden wach, mit Kopfschmerzen, von der Ekstase der Geburt um den Schlaf gebracht. Früh am Morgen waren wir in Gangotri aufgebrochen zu einem langwierigen Aufstieg von zwanzig Kilometern und tausend Höhenmetern. Den Gletscher hatten wir kurz vorSonnenuntergang erreicht und sogleich unser Zelt aufgeschlagen zu nahe am Wasser, wie sich herausstellte. Meine Begleiterin Pac, eine Fotografin, deren Augen im Laufe der Reise alle Schattierungen zwischen Grün und Braun durchwanderten, schlief, ungestört von dem unablässigen Rauschen. Der Mund des Gletschers war nur einige hundert Meter entfernt. Von der dünnen Luft an der Nase herumgeführt, bildete ich mir ein, den Gletscher stöhnen zu hören. Ich trat aus dem Zelt, in die Kälte von viertausend Metern Höhe.
LeuchtendeEisstücke trieben vorbei, Sturzbäche trommelten gegen Felsbrocken, mitten imStrudel tanzte Shiva wie ein Schamane in Trance, ein Medizinmann bei der Beschwörung der Fruchtbarkeit den Tanz von Entstehen und Vergehen. Seiner Trommel entsprangen tausende Töne: die schmatzenden Lippen des Pujaris, dasGlockenspiel des Ganga-Tempels in Gangotri, das Flattern orangener Wimpel, die hupenden Busse bei Uttarkashi, das Ratte


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