Ostpreußisches Tagebuch

Ostpreußisches Tagebuch

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783423300940
Untertitel:
Aufzeichnungen eines Arztes aus den Jahren 1945 - 1947
Genre:
Romanhafte Biografien
Autor:
Hans Graf von Lehndorff
Herausgeber:
DTV
Auflage:
37. Auflage
Anzahl Seiten:
290
Erscheinungsdatum:
06.02.2001
ISBN:
978-3-423-30094-0

Lehndorff leitet Anfang 1945 ein Lazarett in Köngisberg. Er erlebt die Einnahme der Stadt durch die Russen. Tagebuchaufzeichnungen eines Arztes aus den Jahren 1945 bis 1947.

»Dieser Bericht ist 1947 niedergeschrieben worden, teils nach herübergeretteten Tagebuchaufzeichnungen, teils aus der noch überwachen Erinnerung.« Hans Graf von Lehndorff

Hans Graf von Lehndorff leitete Anfang 1945 ein Lazarett in Köngisberg. Er erlebt die Einnahme der Stadt durch die Russen. Am 9. April 1945 schreibt er in sein Tagebuch: »Was ist das eigentlich, so fragte ich mich, was wir hier erleben? Hat das noch etwas mit natürlicher Wildheit zu tun oder mit Rache? Mit Rache vielleicht, aber in einem anderen Sinn. Rächt sich hier nicht in einer und derselben Person das Geschöpf am Menschen, das Fleisch am Geist, den amn ihm aufgezwungen hat? Woher kommen diese Typen, Menschen wie wir, im Banne von Trieben, die zu ihrer äußeren Erscheinung in einem grauenvollen Mißverhältnis stehen? Welch ein Bemühen, das Chaos zur Schau tragen! ... Das hat nichts mit Rußland zu tun, nichts mit einem bestimmten Volk oder einer Rasse - das ist der Mensch ohne Gott, die Fratze des Menschen.«

Allein sein starker Glaube läßt Lehndorff an diesem Chaos nicht irre werden. Er weiß, daß nur eine starke helfende Hand die Not lindern kann, und er findet Gleichgesinnte, die mit ihm zusammen Beispielhaftes leisten. Durch die feste Haltung geben sie vielen Menschen die Kraft zu überleben. Erst 1947 verläßt Lehndorff - zögernd - seine Heimat.

Autorentext
Hans Graf von Lehndorff, geboren 1910, ist der dritte Sohn des ehemaligen Landstallmeisters und Majors Siegfried Lehndorff und der Tochter des Kammerherrn Elard von Oldenburg-Januschau. Seine Mutter wurde von den Nationalsozialisten 1944 wegen ihrer standhaften Haltung zu einem befreundeten Pastor in Haft gesetzt und kam 1945 zusammen mit ihrem ältesten Sohn auf der Flucht nach dem Westen um. Zwei weitere Brüder Lehndorffs fielen im Kriege. Sein Vetter, Heinrich Graf Lehndorff auf Steinort, wurde als Widerstandskämpfer nach dem 20. Juli gehenkt. Hans von Lehndorff lebte bis zu seinem Tode 1987 in Bad Godesberg.

Leseprobe
Insterburg - Sommer 1944 bis 20. Januar 1945 Noch einmal, ehe die Kriegswalze darüber hinging, entfaltete sich meine ostpreußische Heimat in ihrer ganzen rätselvollen Pracht. Wer die letzten Monate mit offenen Sinnen erlebte, dem schien es, als sei noch nie vorher das Licht so stark, der Himmel so hoch, die Ferne so mächtig gewesen. Und all das Ungreifbare, das aus der Landschaft heraus die Seele zum Schwingen bringt, nahm in einer Weise Gestalt an, wie es nur in der Abschiedsstunde Ereignis zu werden vermag.
Die Vorboten der Katastrophe machten sich bereits in den letzten Junitagen 1944 bemerkbar - leichte, kaum ins Bewußtsein dringende Stöße, die das sonnendurchglühte Land wie von fernem Erdbeben erzittern ließen. Und dann waren die Straßen auf einmal überfüllt mit Flüchtlingen aus Litauen, und herrenloses Vieh streifte quer durch die erntereifen Felder, dem gleichen unwiderstehlichen Drang nach Westen folgend.
Noch war es schwer zu begreifen, was da geschah, und niemand durfte es wagen, seinen geheimen Befürchtungen offen Ausdruck zu geben. Aber als der Sommer ging und die Störche zum Abflug rüsteten, ließ sich das bessere Wissen von dem, was bevorstand, nicht länger verborgen halten. Überall in den Dörfern sah man Menschen stehen und zum Himmel starren, wo die großen vertrauten Vögel ihre Kreise zogen, so als sollte es diesmal der letzte Abschied sein. Und jeder mochte bei ihrem Anblick etwa das gleiche empfinden: "Ja, ihr fliegt nun fort! Und wir? Was soll aus uns und unserem Land werden?"
Nicht lange danach kamen riesige Viehherden an den Flußläufen entlang und sammelten sich in dem flachen Tal, das vom Pregel in vielen Windungen durchflossen wird. Sie waren aus dem östlichsten Teil der Provinz äbgetrieben worden und standen nun, einen


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