Wunscherfüllungen

Zwischen 1930 und 1974 veröffentlichte der österreichische Schriftsteller Alexander Lernet-Holenia über vierzig Romane und Erzählbände. Seine Werke, wie etwa 'Die Standarte' (1934) oder 'Der Baron Bagge' (1936), erreichten hohe Auflagen und wurden zum Teil verfilmt. Erstmals wird mit diesem Band sein gesamtes Erzählwerk umfassend untersucht und ein Oeuvreübergreifendes Erzählmodell herausgearbeitet. Demzufolge zielen die narrativen Strategien seiner Texte auf eine Umdeutung und Bewältigung von individuellen und historischen Krisen wie Identitätsproblemen oder Werteverlusten ab. In Anlehnung an Freud deutet die Autorin die Funktion von Narration als Wunscherfüllung: ein Leben, das in der Realität nicht geführt werden kann, wird statt dessen erzählt. Hiermit verbindet Lernet-Holenia zudem ein fatalistisches Geschichtsmodell, das nurmehr eine nachträgliche Sinngebung für den Untergang des alten Österreich beschwört und nährt auf diese Weise mit seinen Erzählungen den Habsburg-Mythos in der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts.

Autorentext
Studium der Neueren deutschen Literaturwissenschaft, Theaterwissenschaft und Musikwissenschaft. Seit 2003 Lehrbeauftragte am Institut für Deutsche Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Aufsätze zu Heimito von Doderer, Martin Kessel und Paul Wühr.

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