Kritik der Hirnforschung

Kritik der Hirnforschung

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783050045016
Untertitel:
Neurophysiologie und Willensfreiheit
Genre:
Sonstige Philosophie-Bücher
Autor:
Christine Zunke
Herausgeber:
De Gruyter Akademie Forschung
Anzahl Seiten:
222
Erscheinungsdatum:
17.11.2008
ISBN:
978-3-05-004501-6

Da das Gehirn naturkausal determiniert ist, ist der Mensch in seinen Handlungen nicht frei. Das ist der populärste und umstrittenste Schluss der modernen Hirnforschung. Mit naturwissenschaftlichen Methoden soll so eine philosophische Grundfrage beantwortet sein. Das vorliegende Buch zeigt mit klaren Argumenten, dass die Prämisse vom naturkausal bestimmten Gehirn zwar richtig, aber der Schluss auf die menschliche Unfreiheit unzulässig ist. Christine Zunke lässt die Argumente von Hirnforschern an deren inneren Widersprüchen scheitern. Mit großer Sachkenntnis auf dem Gebiet der Neurophysiologie und auf einem soliden philosophischen Fundament, das sich vor allem auf Kant und Hegel stützt, wird die Ursache dieser Widersprüche deutlich: Jede Erkenntnis hat die Freiheit zur notwendigen Bedingung; ein Denken, das seine Freiheit leugnen will, entzieht sich darum sein eigenes Fundament. Hierbei wird der ideologische und gesellschaftspolitische Gehalt der modernen Hirnforschung sichtbar gemacht. Indem die Hirnforschung empirische Phänomene menschlicher Unfreiheit naturalisiert, produziert sie Blindheit angesichts der wahren Ursachen von Unfreiheit und Unterdrückung. Mit dieser Kritik entwickelt die Autorin zugleich eine klare Darstellung des Verhältnisses zwischen menschlicher Natur und Freiheit.

Autorentext
Christine Zunke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Philosophie der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Zusammenfassung
"[Eine] (philosophisch) brillante und überaus (politisch) wichtige Arbeit [...]" Hendrik Wallat in: Rote Ruhr Uni, Februar 2009 "What makes Zunke's book highly recommendable is the intention to show that [the experience of freedom] must not be affirmed but criticized: it is one of the few philosophical books about both the mind and the brain." Michael Städtler in: Ethical Theory and Moral Practice, (2010) 13, S. 473-475 (DOI: 10.1007/s10677-009-9216-0) "Christine Zunke hat "eine lesenswerte philosophische Dissertation verfasst, in der es ihr gelingt, klassische Theoreme der Willensfreiheit und des Selbstbewusstseins nicht nur gegen neue naturkausale Erklärungsmuster zu verteidigen, sondern diesen neuen Wissenschaften ihre Erkenntnisgrenzen und Erkenntnisvoraussetzungen aufzuzeigen." Henrike Lerch in: literaturkritik.de und Fixpoetry.de, September 2010 "Beim Buch von Christine Zunke handelt es sich "um ein eigenständiges, argumentativ kraftvolles Werk, das der Rezensentin beim Lesen viel Widerspruch, aber auch viel Zustimmung abnötigte und dessen starke Seiten vor allem im Aufweis der Selbstwidersprüche einer empirischen Beweisführung für oder gegen die Willensfreiheit und im Plädoyer für die Notwendigkeit eines transzendentalen Freiheitsbegriffs liegen." Karin Scheiber in: Theologische Literaturzeitung, 135 (2010) 3 "Christine Zunke legt mit ihrem Buch ein Standardwerk zur Kritik der gegenwärtigen Hirnforschung vor." In: Erinnyen - Zeitschrift für materialistische Ethik, Nr. 20/ 2009 (Juni) "Zunkes Studie stellt nicht weniger dar als eine philosophische Fundamentaldestruktion der den Boden der Natur verlassenden Hirnforschung. Als solche ist sie zugleich eine Explikation einer kritischen Theorie der Wissenschaft und eine grundsätzliche Ideologiekritik am herrschenden (wissenschaftlichen) Bewusstsein." Hendrik Wallat in: Rote Ruhr Uni (online), im Februar 2009

Leseprobe
5. Der Wille als Gefühl (S. 68-69)
Zur Architektonik einer funktionalen Lüge

Eine kritische Analyse der Äußerungen Gerhard Roths über die Bedeutung der Gefühle des Menschen für die Verhaltenssteuerung kann die gesellschaftspolitischen Implikationen der Darstellung von Forschungsresultaten aus der modernen Hirnforschung stärker beleuchten. Wird der Wille nicht (auch) als Vernunftvermögen, sondern ausschließlich als ein Affekt des Begehrens verstanden, liegt alle Moralität nicht im Einzelnen, sondern – wenn überhaupt – in der Art der gesellschaftlichen Organisation und ist damit dem einzelnen Menschen und seinem Wollen äußerlich. Der anscheinende Konflikt zwischen Gefühl und Vernunft wird aus dem einzelnen Bewusstsein heraus verlagert in das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und den an ihn gerichteten gesellschaftlichen Anforderungen. Dass letztere ,vernünftig' seien und das Primat gegenüber den Begehrungen des Einzelnen haben sollen, kann dabei jedoch nicht durch die menschliche Vernunft begründet sein, sondern nur durch die menschliche Natur, die ihren überindividuellen Ausdruck in der Art der Organisation der Gesellschaft finden soll. Zu einer Organisation von Zwecken, die auf die Verwertung des Wertes gerichtet sind, passt die Annahme der Unfreiheit des Einzelnen, weil jene Verwertung ihn als bloßes Mittel braucht. Der von der Hirnforschung wissenschaftlich unterfütterte Glaube an eine natürliche Unfreiheit affirmiert so einen gesellschaftlichen Zustand der Unfreiheit.

Hirnforschung erklärt die menschliche Natur (als) der kapitalistischen Produktionsweise gemäß

Die Annahme, der Mensch habe keinen freien Willen, hat, unabhängig von den persönlichen politischen Haltungen der Hirnforscher selbst, einen gesellschaftspolitischen Gehalt. Aber dieser Gehalt wird in den Veröffentlichungen zum Thema oft nicht direkt ausgesprochen, etwa dann nicht, wenn die politischen Äußerungen mit der dargelegten Theorie im Widerspruch stehen, wie es im vorigen Kapitel bei Wolf Singer gezeigt wurde. Um zwischen Populismus, Provokation und den tatsäch- lichen gesellschaftspolitischen Implikationen des cerebral fokussierten Bildes vom Menschen ohne Freiheit zu unterscheiden ist es wichtig, zu trennen zwischen bloßen Meinungen einerseits und andererseits Thesen, die inhaltlich aus der Annahme es gebe keinen freien Willen direkt folgen. Dass das nicht immer leicht ist, weil die verschiedenen Aspekte sich oft überschneiden und vermischen, soll an folgendem Satz von Gerhard Roth exemplarisch gezeigt werden: "Die gesellschaftliche Natur des Menschen ergibt sich aus seiner (neuro)biologischen Natur und nicht umgekehrt, und deshalb ist die gesellschaftliche Natur des Menschen ohne die (neuro)biologische nicht verständlich."

Dieser Satz findet sich im Buch Fühlen, Denken, Handeln von Roth nicht nur im Text, sondern ist zudem als Klappentext für die Taschenbuchausgabe gewählt. Daher erscheint es als zulässig, ihn hier auf die Goldwaage zu legen. Der erste Teil: "Die gesellschaftliche Natur des Menschen ergibt sich aus seiner (neuro)biologischen Natur" ist die provokative These, die Roth in seinem Buch belegen will. "[...] ergibt sich aus" bezeichnet einen z u r e i c h e n d e n Grund. Das bedeutet, dass die Art und Weise, in der Menschen sich in Gesellschaften organisieren, vollständig aus der (neuro-) biologischen Natur des Menschen zu erklären und so die Gesellschaft in allen Ausformungen durch diese Natur determiniert sei "[...] und nicht umgekehrt". Umgekehrt würde bedeuten: Die (neuro)biologische Natur des Menschen ergebe sich aus seiner g

Inhalt
1;Inhalt;6
2;Vorsatz;9
3;Einleitung: Das Gehirn ein symbolisch kontaminiertes Organ;10
4;1. Es gibt keinen empirischen Beweis der Freiheit;16
4.1;Weder im empirischen Material ...;17
4.2;... noch in der empirischen Subjektivität;22
5;2. Vom Problem der Neurobiologie, das Phänomen Bewusstsein zu erfassen;33
5.1;Samuel Thomas Soemmerring, Ueber das Organ der Seele;34
5.2;Die Bestimmungen von Ich und Bewusstsein bei Gerhard Roth;38
6;3. Das Subjekt unserer Handlungen;45
6.1;Das Gehirn Subjekt ohne Subjekt;48
7;4. There s more to the picture Than meets the eye : Der prinzipielle Fehler eines Menschenbildes;57
7.1;Umwelt und Anlage;60
7.2;Die Würde des Menschen ist nicht Erscheinung;62
7.3;Demuts- und Machbarkeitsphan…


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