Daidalische Diskurse

Daidalische Diskurse

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783050041407
Untertitel:
Antike-Rezeption im Zeitalter der High Techne
Genre:
Sonstige Philosophie-Bücher
Autor:
Michael Franz
Herausgeber:
De Gruyter Akademie Forschung
Anzahl Seiten:
312
Erscheinungsdatum:
12.10.2005
ISBN:
978-3-05-004140-7

Michael Franz

Daidalische Diskurse

Antike-Rezeption im Zeitalter der High Techne

LiteraturForschung

Wandlungen im Charakter der literarischen Antike-Rezeption bezeugen ebenso wie die Bestandsaufnahme und Problematisierung der philosophischen Tradition, archäologische und kulturwissenschaftliche Neuansätze, daß die Antike auch im gegenwärtigen Stadium der Selbstrevision der Moderne eine gewichtige Rolle spielt – als historischer Referenzpunkt der Neuorientierung angesichts der Herausforderungen der Gegenwart.

Die auffällige Renaissance und zentrale Bedeutung der Antike steht nicht im Zeichen einer Reetablierung der Tradition, sondern einer an Bruchstellen orientierten Genealogie von Problematisierungsweisen und einer Vielzahl von neuen Fragen, die an die Antike gerichtet werden.

Als "Daidalische Diskurse" werden im vorliegenden Buch zeitgenössische Debatten über das Verhältnis von Technik, Wissenschaft und Kunst, über die Grenzen von Kunst und Nichtkunst, über die "Zwei Kulturen" und über die Möglichkeitsbedingungen für eine "dritte Kultur" verhandelt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß sie sich vielfach mit einer erneuten Befragung des griechischen Techne-Begriffs verbinden. Dieser wird neu bewertet: nicht als Ungeschiedenheit des noch nicht Ausdifferenzierten, sondern als Modell eines kulturellen Feldes, in dem Differenzierungsprozesse nicht notwendig zu Dichotomien und Ausschlüssen führen müssen.

Aus dem Inhalt:

Statuen

1. Monument und Performance

2. Michel Serres und die "Urszene" der Statue

3. Platons Gyges und das historische Lydien

4. Kroisos und Theseus

5. Antike Schamkultur

6. Gyges und der Immoralismus: Die Wiederkehr des Gyges-Problems in der Moraltheorie Grabungen

7. Von der New Archaeology zur Contextual Archaeology. Ian Hodder und die Peirce-Rezeption in der Archäologie

8. Charles Peirce und Heinrich Schliemann. Historische Voraussetzungen der Peirce-Rezeption in der Archäologie

9. Mommsens Block

Figuren

10. Personalfigur oder Selbst ohne Eigenschaften? Zur Rezeption antiker Personalitätsmodelle in der Gegenwart

11. "Aber was will mein liebes Herz das alles erwägen?" Homer im Widerstreit zwischen archäologischer Inszenierung und indizieller Lektüre


Wandlungen im Charakter der literarischen Antike-Rezeption bezeugen ebenso wie die Bestandsaufnahme und Problematisierung der philosophischen Tradition, archäologische und kulturwissenschaftliche Neuansätze, daß die Antike auch im gegenwärtigen Stadium der Selbstrevision der Moderne eine gewichtige Rolle spielt als historischer Referenzpunkt der Neuorientierung angesichts der Herausforderungen der Gegenwart. Die auffällige Renaissance und zentrale Bedeutung der Antike steht nicht im Zeichen einer Reetablierung der Tradition, sondern einer an Bruchstellen orientierten Genealogie von Problematisierungsweisen und einer Vielzahl von neuen Fragen, die an die Antike gerichtet werden. Als "Daidalische Diskurse" werden im vorliegenden Buch zeitgenössische Debatten über das Verhältnis von Technik, Wissenschaft und Kunst, über die Grenzen von Kunst und Nichtkunst, über die "Zwei Kulturen" und über die Möglichkeitsbedingungen für eine "dritte Kultur" verhandelt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß sie sich vielfach mit einer erneuten Befragung des griechischen Techne-Begriffs verbinden. Dieser wird neu bewertet: nicht als Ungeschiedenheit des noch nicht Ausdifferenzierten, sondern als Modell eines kulturellen Feldes, in dem Differenzierungsprozesse nicht notwendig zu Dichotomien und Ausschlüssen führen müssen.

Leseprobe
1. Monument und Performance (S. 3-4)

Schmarsows Begriff des Monuments als gemeinsamer Ausgangspunkt von Architektur und Plastik

Die Statue gilt in der europäischen Tradition als ein Paradigma der bildnerischen Kunst der Griechen. So bei Hegel und auch noch bei Heine, aber schon nicht mehr bei Baudelaire, der auf karibische Idole/Fetische zurückgeht: Vorläufer des Primitivismus als avancierter Kunstrichtung der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts. Schon Heine hat den Widerstreit von Form und Fleisch, Marmor und Tanz, Statue und Musik in vielfältigen Brechungen und wechselseitigen Spiegelungen motivisch verarbeitet.1 Michel Serres hat das Thema erneut aufgegriffen und obsessiv besetzt, allerdings bezieht er sich nicht auf Heine, sondern auf Balzac.2 Heute ist vielfach vom Tod der Statue, von ihrer Auflösung in die Performance-Kunst die Rede. Stirbt mit dem Tod der Plastik auch die Antike? Oder wird eine andere Antike konstruiert, ohne die Statue?

Auf der anderen Seite gehört die "skulpturale Architektur" zu den Tendenzen der Zeit, und das Verhältnis von Architektur und Skulptur ist ein vieldiskutiertes Thema, wie jüngst auch die große Baseler Ausstellung Archiskulptur. Dialoge zwischen Architektur und Plastik vom 18. Jahrhundert bis heute belegt. Kehren in solchen und anderen Tendenzen und Neuansätzen Plastik und Architektur an ihren gemeinsamen Ausgangspunkt zurück – das Monument?

Die Frage läßt die auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt von Plastik und Architektur bezogene Hypothese August Schmarsows wieder aktuell werden, fordert zu neuerlicher Diskussion heraus. August Schmarsow hat die kultur- und siedlungsgeschichtliche Bedeutung der frühgesellschaftlichen Setzung eines freistehenden Mals (Stele, Obelisk usw.) nachgezeichnet, das in einem widerstandsfähigen, dauerhaften Material zum unverrückbaren Monument wird. Schmarsow hat die Genealogie des Monuments aus dem frühgesellschaftlichen Weltverhalten des Anthropismus abgeleitet, darunter verstand er die menschliche Raumorientierung in Analogie zur eigenen körperlichen Organisation. Die aufrechte Vertikalachse des Mals, als Analogmodell zur eigenen hochragenden Gestalt des Menschen, bezeichnet zugleich die Stelle, wo die Wege der beiden "monumentalsten Künste" 3 – Architektur und Plastik – auseinandergehen. Die Monumentalität der Plastik zeichnet sich nach Schmarsow durch eine spezifische Spannung aus: "Von unserer eigenen Organisation ausgehend, faßt sie auch andere ähnlich organisierte Geschöpfe [...] auf, während die monumentaleTektonik den kristallinischen Körpern der anorganischen Natur nachstrebt."4 Die Plastik etabliere sich als "Körperbildnerin", die Architektur als "Raumbildnerin".

Schmarsow demonstriert dies am Obelisken, von dem ein Weg zum plastischen Gebilde führt, der andere zur Pyramide: "Die Pyramide schon unterscheidet sich vom Obelisken, denn sie ist nicht allein kompakte Körpermasse, sondern beherbergt ein oder mehrere Hohlräume, gehört also schon deshalb notwendig zur Architektur. Mag die Grabkammer für die Mumie des Königs auch noch so klein, das Wohngemach für den abgeschiedenen Geist noch so bescheiden sein im Vergleich zu dem Umfang und der Masse des Ganzen: die Bedeutung der Person steigert auch den Wert des Raumgebildes, das sie umschließt. Der Obelisk dagegen ist ein massiver Körper, ohne Innenraum darin, mag er als Wahrzeichen auch hinreichende Kraft besitzen. [...] Er stellt sozusagen den Auszug aus der aufrechten Menschengestalt dar, mit Abstreifung aller organischen Gliederung und Rundung der Formen, gibt deren wesentlichen Inhalt, unter das Gesetz kristallinischer

Inhalt
Statuen 1. Monument und Performance 2. Michel Serres und die "Urszene" der Statue 3. Platons Gyges und das historische Lydien 4. Kroisos und Theseus 5. Antike Schamkultur 6. Gyges und der Immoralismus: Die Wiederkehr des Gyges-Problems in der Moraltheorie Grabungen 7. Von der New Archaeology zur Contextual Archaeology. Ian H…


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