Die letzten "Priester der Gerechtigkeit"

Die letzten "Priester der Gerechtigkeit"

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783050040905
Untertitel:
Die Auseinandersetzung der letzten Generation von Richtern des Reichskammergerichts mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
Genre:
Neuzeit bis 1918
Autor:
Eric-Oliver Mader
Herausgeber:
De Gruyter Akademie Forschung
Anzahl Seiten:
458
Erscheinungsdatum:
17.08.2005
ISBN:
978-3-05-004090-5

Nach gängiger Ansicht endet das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und mit ihm das Reichskammergericht am 6. August 1806, als Franz II. seine Würde als Reichsoberhaupt und die damit verbundene Kaiserkrone niederlegte. Aus der Sicht der im Kameralkollegium vereinigten Richter des Reichskammergerichts allerdings bedeutete diese einseitige, ohne Mitwirkung des Reichstages gefällte Entscheidung noch keineswegs das Ende des Gerichts. Auch als sich Kammerrichter, Präsidenten und Assessoren nach langen Debatten mit der Tatsache abgefunden hatten, dass das Reich nicht mehr existiere und die Rechtssprechungskompetenz des in Wetzlar angesiedelten Gerichts beendet sei, war das Kameralkollegium noch lange nicht aufgelöst: Es überlebte vielmehr so lange, bis 1817 die Pensionsansprüche der Kameralen durch die Deutsche Bundesversammlung anerkannt wurden. Eric-Oliver Mader zeichnet das Bild einer vom Geschehen zutiefst verunsicherten Gruppe, die der fundamentalen Zäsur von 1806 mit zukunftsweisenden staatstheoretischen Konzepten begegnete und legt erstmals eine umfassende Geschichte der Abwicklung des Reichskammergerichts vor. Die als Pensionäre in Wetzlar verbliebenen vormaligen Reichsrichter werden ebenso thematisiert wie jene, die im Dienst deutscher Souveräne hochrangige Nachkarrieren durchliefen. Am Beispiel Bayerns zeigt sich, dass die Sozialisation im Reich und am Reichskammergericht für die Durchsetzung von Reformen eine bedeutende und bislang unterschätzte Rolle spielen konnte. Allerdings gab es auch entgegengesetzte Entwicklungen, die in sich einer beharrenden oder sogar reaktionären Haltung äußern konnte.

Zusammenfassung
"[Das Buch] ist perspektivenreich, quellennah und ersichtlich mit Liebe zum Gegenstand geschrieben." Peter Oestmann in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte und koeblergerhard.de, Dezember 2006 "[...] die 'letzten Priester der Gerechtigkeit' [seien somit] all jenen, die sich für die Umbruchphase zu Beginn des 19.Jahrhunderts interessieren, zur Lektüre empfohlen." Martina Fuchs in: Frühneuzeit-Info, 17/2006 "Mader hat das Gespür für die Zeit, kann historische Situationen ebenso schildern wie Zusammenhänge analysieren." Nils Jörn in: H-Soz-u-Kult, Juni 2006 "Der Historiker, der sich mit der Endphase des Reiches und des reichskammergerichtlichen Wirkens beschäftigt, wird aus dieser Studie ebenso reichen Gewinn ziehen wie der an der Rheinbundzeit und den Reformdebatten der ersten Hälfte des 19. Jh.s Interessierte." Bernhard Diestelkamp in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Band 94, Heft 2 (2007) "[Dass] über das Reichspersonal der letzten Generation Vorstellungen und Inhalte des alten Reichsstaatsrechts in die deutsche Staatenwelt des 19. Jahrhunderts transportiert wurden [ist für den Rezensenten] das wichtigste Ergebnis der auf einer breiten Quellenbasis [...] sorgfältig erarbeiteten Studie. Eine breite Rezeption durch Frühneuzeithistoriker wie auch durch Spezialisten des 19. Jahrhunderts ist ihr zu wünschen." Matthias Schnettger in: sehepunkte, 7 (2007), Nr.9 "[Das Buch hinterlässt] einen sehr positiven Gesamteindruck. Es ist perspektivenreich, quellennah und ersichtlich mit Liebe zum Gegenstand geschrieben." Peter Oestmann in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, 124. Band (2007) "[E]in grundlegendes Werk zur Reichsgeschichte, welches als Standardwerk zum Thema gelten dürfte." Filippo Ranieri in: Zeitschrift für neue Rechtsgeschichte, 30 (2008), Heft 1/2 "Die Studie Maders ist eine glänzende Untersuchung zu den Funkionseliten des Alten Reiches im Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert. [...] Die Lektüre der Arbeit [sei abschließend] empfohlen: Sie ist teilweise fast unterhaltend geschrieben und zieht den Leser von Beginn an in ihr Interesse" Monika Neugebauer-Wölk in: Zeitschrift für Historische Forschung, 35 (2008) 34 "Mader's study elegantly masters the difficulties which arise when evaluating the importance of a turning point to contemporary society. [...] While the first part of Mader's book was able to benefit from published literature, the second part is based on his own new and important empirical findings." Torsten Riotte in: German Historical Institute London Bulletin, Vol. XXXII, No. 1, Mai 2010

Leseprobe
Teil I: Voraussetzungen: Annäherungen an die Gruppe (S. 37-38)

Welche Auswirkungen hatte das Ende des Alten Reichs auf die Richter des RKG? Wie verarbeiteten sie die Zäsur von 1806, die nicht nur den Verlust ihrer Stellen bedeutete, sondern zugleich die bisher gültigen Wissensbestände in Frage stellte? Was wurde aus ihnen nach der Auflösung des Reichs und wie fanden sie sich unter den Bedingungen der neu geschaffenen politischen Ordnung während der Zeit des Rheinbundes und des Deutschen Bundes zurecht?

Um die Leitfragen dieser Studie zu beantworten, ist es nötig, sich über die Beschaffenheit der Gruppe zu vergewissern und zunächst einige für die Bewältigung der Auflösung des Reichs wichtige Rahmenbedingungen zu klären. Dies ist das Thema des ersten Teils dieser Studie, dessen Ausgangspunkt ein Blick auf die Konjunkturen der Beschäftigung mit den hier im Mittelpunkt stehenden Personen bildet. Erkenntnis leitend ist die Frage, ob der hier untersuchten Gruppe bereits eine Kontur verliehen worden ist und wenn ja welche. Im Anschluss daran folgt die Klärung eines methodischen Problems, das sich aus dem Design des Ansatzes ergibt. Wer ist weshalb zur letzten Generation von Richtern des RKG zu rechnen?

Ist damit die Gruppe konstituiert, so widmen sich die folgenden Kapitel der Analyse des letzten Kameraljahrganges. Zuerst steht die besondere Zusammensetzung im Vordergrund: Das Kollegium wird als Produkt des unter Beteiligung von Kaiser, Kurfürsten und Reichskreisen ausgeklügelten Vorschlagsverfahrens zu den Assessoraten betrachtet. Dem Anpassungsdruck, dem das Präsentationssystem in den letzten Jahren der Existenz des Reichs ausgesetzt war, wird Rechnung getragen.1 Darüber hinaus ist es nötig, auf die Finanzverfassung des Gerichts einzugehen, da beides wichtig ist, um die Bewältigung der Auflösung des Reichs zu verstehen.

Im Anschluss daran steht das Problem der am Kammergericht bestehenden personellen Netzwerke im Vordergrund.2 Sie werden anhand von zwei Fragenkomplexen thematisiert: (1) Im Kontext einer Analyse von Faktoren, die für die Wege der Assessoren ans RKG eine Rolle spielten. Dieser Zugriff ist deshalb be- sonders aussagekräftig für die Frage der personellen Netzwerke, weil nach den Reichsgesetzen Juristen aus allen Teilen des Reichs am RKG tätig sein sollten und die ans RKG präsentierten Juristen darauf angewiesen waren, Nähe zu ihrem Präsentanten herzustellen, wofür ein ganzes Bündel von Faktoren, vor allem auch verwandtschaftliche Verflechtungen, eine Rolle spielten. (2) Während dieser erste Schritt Aufschluss über die vor der Tätigkeit am RKG bestehenden Verbindungen gibt und im Hinblick auf das Gesamtthema dieser Studie für die Frage der Kontinuität von Netzwerken über die Zäsur von 1806 hinaus relevant ist, werden im zweiten Schritt gesellschaftliche Verbindungen und Abgrenzungen zu anderen Kameralgruppen in den Blick genommen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage nach der Zugehörigkeit von Angehörigen des Kameralkollegiums zu aufgeklärten Gesellschaften und insbesondere zum Geheimbund der Illuminaten, die in den letzten Jahren von der RKG-Forschung intensiv diskutiert wurde.3 Insgesamt geht es also in diesem Kapitel darum, einen Überblick über die am RKG bestehenden Verbindungen und Netzwerke zu gewinnen, die für die Bewältigung der Auflösung des Reichs eine zentrale Rolle spielten.

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit dem geistigen Profil der Gruppe und spürt den Wissensinhalten nach, welche die Reichsjuristen im Rahmen von Ausbildung und V…


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