Stammbäume der Kunst

Stammbäume der Kunst

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783050040660
Untertitel:
Zur Genealogie der Avantgarde
Genre:
Bildende Kunst
Autor:
Astrit Schmidt-Burkhardt
Herausgeber:
De Gruyter Akademie Forschung
Anzahl Seiten:
473
Erscheinungsdatum:
20.04.2005
ISBN:
978-3-05-004066-0

Astrit Schmidt-Burkhardt

Stammbäume der Kunst

Zur Genealogie der Avantgarde

2005. IX, 473 S., 202 schwarz-weiße Abbildungen, br.

ISBN 978-3-05-004066-0

Dieses Buch zerstört eine Legende: die vom radikalen Traditionsbruch, wie sie die Avantgarde des 20. Jahrhunderts von sich verbreitet hat. Die Akzeptanz dieser Erfindung schien so unumstößlich, dass die Denkfigur, die darin festgeschrieben ist, bis heute ohne kritischen Einwand blieb. Die Legende von der avantgardistischen Innovation zu analysieren, bedeutet folglich, sie zu zerstören. Den Anstoß dazu gab die Avantgarde selbst mit der Layoutierung ihrer eigenen Vorgeschichte. Geschichtsdiagramme, für die es bislang keinen rechten Begriff, geschweige denn ein bildwissenschaftliches Bewusstsein gab, die jedoch das latente Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Erneuerung vermitteln, bilden das Ausgangsmaterial für diese Untersuchung.

Gemeint sind Kunststammbäume. Bei dieser Bildgattung handelt es sich um genealogische Konstruktionen, mit denen Künstler wie Historiker unsere Ansicht und unser Urteilsvermögen über den Verlauf der Kunst nachhaltig prägten. Ihre ikonische Festschreibung von konsekutiven Epochen und ihre diagrammatische Verortung der Maler und Bildhauer brachten System in den Ablauf der Geschichte. Anhand von Verzweigungssystemen machten sie den Verlauf der Entwicklungen anschaulich und setzten zum besseren Verständnis abstrakte Schautafeln und Graphen ein. Mit dem Kunststammbaum als der übergeordneten Kategorie eines heterogenen Phänomens ist also einerseits ein historiographischer Ordnungstypus und andererseits ein Herleitungsmodel in der Art eines Filiationsnachweises gemeint. In den genealogischen Neuordnungen der Vergangenheit kommt das wechselnde Selbstverständnis der Moderne exemplarisch zum Ausdruck. Schon aus diesem Grund ist der Kunststammbaum ein bemerkenswertes Symptom für avanciertes Geschichtsbewusstsein.

How has the history of art been made visible, and how is it made visible today? Family trees, diagrams, tables-this book by Astrit Schmidt-Burkhardt looks at the subject from the nineteenth century to today. This book also destroys a legend: the legend of the radical break in tradition that the avantgarde of the twentieth century claimed for itself. This idea was so widely and unequivocally accepted that the category of thinking that it encapsulated has remained unchallenged to this day.

Art family trees are genealogical constructions by means of which artists and historians have exerted a lasting influence on the way we perceive and judge the history of art. Their iconical notation of consecutive epochs and diagrammatic positioning of artists brought order to the course of history. The use of a system of branches made it easier to consider complex issues, and so enabled new insights.

For these reasons the art genealogy is a remarkable sign of an advanced consciousness of history.


Dieses Buch zerstört eine Legende: die vom radikalen Traditionsbruch, wie sie die Avantgarde des 20. Jahrhunderts von sich verbreitet hat. Die Akzeptanz dieser Erfindung schien so unumstößlich, dass die Denkfigur, die darin festgeschrieben ist, bis heute ohne kritischen Einwand blieb. Die Legende von der avantgardistischen Innovation zu analysieren, bedeutet folglich, sie zu zerstören. Den Anstoß dazu gab die Avantgarde selbst mit der Layoutierung ihrer eigenen Vorgeschichte. Geschichtsdiagramme, für die es bislang keinen rechten Begriff, geschweige denn ein bildwissenschaftliches Bewusstsein gab, die jedoch das latente Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Erneuerung vermitteln, bilden das Ausgangsmaterial für diese Untersuchung. Gemeint sind Kunststammbäume. Bei dieser Bildgattung handelt es sich um genealogische Konstruktionen, mit denen Künstler wie Historiker unsere Ansicht und unser Urteilsvermögen über den Verlauf der Kunst nachhaltig prägten. Ihre ikonische Festschreibung von konsekutiven Epochen und ihre diagrammatische Verortung der Maler und Bildhauer brachten System in den Ablauf der Geschichte. Anhand von Verzweigungssystemen machten sie den Verlauf der Entwicklungen anschaulich und setzten zum besseren Verständnis abstrakte Schautafeln und Graphen ein. Mit dem Kunststammbaum als der übergeordneten Kategorie eines heterogenen Phänomens ist also einerseits ein historiographischer Ordnungstypus und andererseits ein Herleitungsmodel in der Art eines Filiationsnachweises gemeint. In den genealogischen Neuordnungen der Vergangenheit kommt das wechselnde Selbstverständnis der Moderne exemplarisch zum Ausdruck. Schon aus diesem Grund ist der Kunststammbaum ein bemerkenswertes Symptom für avanciertes Geschichtsbewusstsein. How has the history of art been made visible, and how is it made visible today? Family trees, diagrams, tables-this book by Astrit Schmidt-Burkhardt looks at the subject from the nineteenth century to today. This book also destroys a legend: the legend of the radical break in tradition that the avantgarde of the twentieth century claimed for itself. This idea was so widely and unequivocally accepted that the category of thinking that it encapsulated has remained unchallenged to this day. Art family trees are genealogical constructions by means of which artists and historians have exerted a lasting influence on the way we perceive and judge the history of art. Their iconical notation of consecutive epochs and diagrammatic positioning of artists brought order to the course of history. The use of a system of branches made it easier to consider complex issues, and so enabled new insights. For these reasons the art genealogy is a remarkable sign of an advanced consciousness of history.

Zusammenfassung
"Astrit Schmidt-Burkhardt hat jetzt in einer herrlich üppigen Habilitation alle "Stammbäume der Kunst" aufgestöbert, die in den letzten Jahrhunderten entworfen wurden, um Ordnung ins Astgewirr der Kunst zu bringen." Monopol, Nr. 6/2005 "Doch hat Astrid Schmidt-Burkhardt mit dem Thema ihrer Habilitation einen Nerv gegenwärtiger künstlerischer Interessen getroffen." sehepunkte 5/2005, Nr. 9 "Als kunsthistorische Habilitationsschrift der Freien Universität Berlin entstanden, bietet das Buch eine höchst eindrucksvolle Rekonstruktion der Avantgarde als Doppelbewegung von Zeitriss und Kontinuität. [...] Dem vorzüglichen Text korrespondieren mehr als 200 Abbildungen von Baumdiagrammen, die ein veritables Kino der künstlerischen und kunsthistorischen Metaphernbildung vorführen." Horst Bredekamp in: Süddeutsche Zeitung, 31.08.2005

Leseprobe
I HISTORISCHE WURZELN IM 19. JAHRHUNDERT (S. 65-66)

"Der Baum ist bereits Bild der Welt,

oder besser: Die Wurzel ist Bild der Baumwelt."

Gilles Deleuze und Félix Guattari

Das Epochenwachstum in der französischen Kunst

In Frankreich wurde durch die Ereignisse von 1789 ein Bildersturm mit verheerenden Folgen ausgelöst. Der Antiquarianismus im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert führte in unmittelbarer Reaktion darauf zu einer historiographischen Gegenströmung. Auf den programmatischen Vandalismus der Französischen Revolution antwortete ein vom romantischen Zeitgeist bewegter Vergangenheitskult. Der Umstand, dass die alten Denkmäler zerstört oder vom Zerfall bedroht waren, erhöhte ihre Wertschätzung. Eine patriotisch aufgeladene Historiographie machte es sich zu ihrer vordringlichen Aufgabe, das nationale Erbe durch historische Spurensicherung und positivistische Bestandsaufnahme aller nur erdenklichen Artefakte zu bewahren. Die enteigneten Kunstschätze des Adels und der Kirche wurden gesammelt und ab 1793 im Louvre und ab 1795 im Musée des Monuments Français, zwei eigens zu diesem Zweck eröffneten Nationalmuseen, aufbewahrt und erstmals für jedermann zugänglich gemacht. Der Arbeitseifer, mit …


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