Projekt Körper

Projekt Körper

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783593389127
Untertitel:
Wie der Kult um die Schönheit unser Leben prägt
Genre:
Sachbücher Gesellschaft
Autor:
Waltraud Posch
Herausgeber:
Campus Verlag GmbH
Auflage:
1. Aufl. 05.2009
Anzahl Seiten:
261
Erscheinungsdatum:
11.05.2009
ISBN:
978-3-593-38912-7

Der moderne Mensch gestaltet nicht nur sein Leben, er gestaltet auch seinen Körper. Noch nie hatte die Perfektion des äußeren Erscheinungsbildes einen derartigen Stellenwert wie in der Gegenwart. Der Körper ist zu einem Projekt geworden und zu einer Baustelle der Selbstoptimierung. In diesem Wunsch nach Optimierung spielt die Suche nach Individualität und Freiheit eine große Rolle. Es geht um die Abgrenzung von anderen, gleichzeitig aber auch darum, nicht zu sehr aus dem Rahmen zu fallen. Für die Arbeit am eigenen Körper stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung. Der moderne Mensch kann seinen Körper selbst gestalten. Das heißt aber auch: Er ist selbst dafür verantwortlich und wird dafür verantwortlich gemacht, wie er aussieht. So steht der Einzelne unter dem Druck zur Schönheit, dem er sich nur scheinbar freiwillig unterwirft. Schönheit fungiert als Mittel zum Zweck, um sich sozial zu positionieren und die eigene Identität zu sichern und zu schaffen. Der Kult um die Schönheit ist in Wirklichkeit ein Ringen um die persönliche und soziale Positionierung in einer unsicher erscheinenden Welt. Es geht um Selbstverwirklichung zwischen Anpassung und Eigenständigkeit, zwischen Normalisierung und Extravaganz, zwischen Konsum und Authentizität.

Vorwort
Der Zwang zur Schönheit

Autorentext
Waltraud Posch, Jahrgang 1972, arbeitet hauptberuflich als Soziologin in der Gesundheitsförderung in Graz. Nebenberuflich forscht sie zu Körpersoziologie und Schönheitsideal und hat Lehraufträge an verschiedenen Universitäten in Österreich. Ihr 1999 im Campus-Verlag erschienenes Buch Körper machen Leute - Der Kult um die Schönheit wurde in mehrere Sprachen übersetzt und mit dem Preis der Dr. Maria Schaumayer-Stiftung ausgezeichnet.

Leseprobe
Schönheit als widersprüchliches Alltagsphänomen Schönheit ist eine alltägliche Herausforderung. Sie findet Ausdruck in Mode, Frisuren und Kosmetik, aber auch in grundlegenden Körpermerkmalen wie Gewicht, Größe, Körperbau, Gesichtszügen, Haut und Haaren. Und sie findet Ausdruck im vielfältigen Angebot an Verschönerungstechnologien, die der Markt bereit hält, wie auch in den individuellen Einstellungen zu diesen Technologien und den individuellen Schönheitshandlungen der Einzelnen. Was Schönheit eigentlich ist, wollten Mensch immer wieder herausfinden. Philosophen der alten Schule fanden weitreichende Definitionen für Schönheit. Das Schöne sei das, was ohne Begriffe allgemein gefällt (Kant), das Symbol des sittlich Guten (Schiller) oder gar das Versprechen des Glücks (Stendhal). Schönheit ist etwas Überdurchschnittliches, Herausragendes, Seltenes, etwas nicht für jeden Menschen Erreichbares, lautet eine häufige Definition. So besitzt sie auch eine ausschließende Funktion, denn die Minderheit, die über dieses Ungewöhnliche verfügt, wird von der Mehrheit, bei der das nicht der Fall ist, abgegrenzt. Wilhelm Trapp nennt angesichts der Bedeutungsvielfalt von Schönheit als kleinsten gemeinsamen Nenner, als "Minimaldefinition des Schönen", das Schöne sei "die Leerformel für das Begehrte - schön wird genannt, worauf sich die Wünsche des Menschen richten". "Schönheit" an sich ist schwer definierbar. Sie entzieht sich einer wissenschaftlich korrekten Definition, hat allerdings einen eindeutigen Gegenbegriff: die Hässlichkeit. Schönheit ist also relational. Denn Schönheit und Hässlichkeit sind aufeinander bezogene und nur in Beziehung zueinander definierbare Begriffe. Sie stehen in einem Spannungsbogen mit vielen Zwischentönen, welche sich im Lauf der Geschichte immer wieder veränderten und welche sich auch im Laufe einzelner Biografien verändern können. Soziobiologisch und evolutionstheoretisch orientierte Attraktivitätsforscher sehen das anders. Sie definieren Schönheit (allerdings bezogen vorwiegend auf das Gesicht) als in der Evolution begründetes, hartes, weitgehend objektivierbares Faktum mit wenig kulturellen und sozialen Einflüssen, welches darin begründet ist, dass "nur die Schönsten überleben". Sie beziehen sich dabei neben Vergleichen mit dem Tierreich auf empirische Studien mit Versuchspersonen. Zu bedenken bleibt allerdings, dass Versuchspersonen, auf deren Urteil die Soziobiologie ihre Attraktivitätsforschung gründet, sehr wohl in einem sozialen Umfeld leben und von diesem nicht unbeeinflusst sind. Daher darf in Frage gestellt werden, inwiefern ihre Urteile normativ und kulturell unabhängig erfolgen. Schönheit mag nicht ausschließlich subjektiv sein (vor allem, was Gesichtsproportionen betrifft), aber sie ist auch keine objektive, klar definierbare Größe (vor allem, was die Figur betrifft). Sie enthält besonders hinsichtlich der Figur ein Wandlungspotenzial. Dies erklärt auch die große Vielfalt an Schönheitsidealen, die es im Laufe der Geschichte gab. Nina Degele unterscheidet zwischen den Definitionen von "Schönheit", "Schönheitshandeln" und "Attraktivität". Schönheit definiert sie als "massenmedial produzierte und im Alltag relevante Auffassungen von dem, was Schönheit als hegemoniale Norm im medial-öffentlichen Diskurs in Abgrenzung zum Nicht-Schönen oder Hässlichen ist oder sein soll". Attraktivität hingegen enthält laut Degele auch die Kompontente der Darstellung. Sie sei "im Spannungsfeld von Körperschönheit und Darstellungskompetenz angesiedelt". Schönheitshandeln wiederum habe Prozesscharakter. Beim Schönheitshandeln steht laut Degele "nicht die Ästhetik im Vordergrund [], sondern die gelingende oder misslingende Anerkennung". Dies spricht einen Aspekt an, dem wir im vorliegenden Buch immer wieder begegnen werden: die Verknüpfung von Schönheit und sozialer Anerkennung. Schönheit ist widersprüchlich: Einerseits stellt sie ein erstrebenswertes, hohes Gut dar und ist eines der großen Objekte menschlichen Verlangens. Andererseits gilt sie als banal und äußerlich und gerade das Begehren nach ihr als oberflächlich. Sie wird zugleich als Fassade und als übernatürliche Kraft definiert. Sie kann mit Innerlichkeit oder mit Äußerlichkeit in Verbindung gebracht werden. Schönheit gilt sowohl (und gleichzeitig) als Hinweis auf einen oberflächlichen Charakter, dem es an nötigem Tiefgang fehle, als auch als geschickte soziale Positionierung. Schönheit wird sowohl mit Dummheit als auch mit Klugheit in Verbindung gebracht: Wer seinem Aussehen zu viel Aufmerksamkeit widme, mit dessen Intelligenz könne es wohl nicht weit her sein, lautet ein gängiges Vorurteil, welches unter anderem in der Verbindung von "blond" und "dumm" gipfelt. Gleichzeitig etabliert sich Schönheit zusehends als sozial anerkanntes, kluges Erfolgskalkül, welches - bewusst eingesetzt - größere Chancen im Leben ermögliche. Es gibt offizielle und inoffizielle, öffentliche und private Ausprägungen des Schönheitsideals. Beispielsweise bedeutet das schlanke Schönheitsideal nicht, dass ausschließlich schlanke Frauen als Sexualpartnerinnen attraktiv sein müssen. Pornofilme und Spielfilme verbreiten unterschiedliche Ideale. Maßgeblich für diese Unterschiede ist, in welchem sozialen Zusammenhang (beispielsweise Mode, Gesundheit, Sexualität, Unterhaltung) Schönheit und Körperlichkeit angesprochen werden. In unserer Kultur gilt Schönheit einerseits als natürliche, authentische Qualität, was sich beispielsweise in Diskursen über "innere Schönheit" und "Ausstrahlung" äußert. Andererseits ist sie jedoch immer besser herstellbar und manipulierbar, wodurch die Unterscheidung, ob Schönheit natürlich oder künstlich ist, auf Schwierigkeiten stößt. Schönheit hat zugleich Aspekte von Unterdrückung, aber auch Befreiung, von Individualität, aber auch der Anpassung an Gruppennormen. Das Gefühl, einem Schönheitsideal entsprechen zu müssen, kann frustrieren und krank machen. Die Annahme, durch Schönheit Identität und soziale Anerkennung zu erlangen, kann hingegen ein Gefühl von Macht und Selbstbestimmung verl…


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