Geschichte im Dienst der Stadt

Geschichte im Dienst der Stadt

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783034009287
Untertitel:
Amtliche Historie und Politik im Spätmittelalter
Genre:
Mittelalter
Autor:
Regula Schmid Keeling
Herausgeber:
Chronos Verlag
Auflage:
2009
Anzahl Seiten:
358
Erscheinungsdatum:
01.10.2009
ISBN:
978-3-0340-0928-7

Im Spätmittelalter wurde Geschichte zum festen Bestandteil der Politik. Gerade kommunale Regierungen im süddeutschen Raum integrierten Historie, die 'wahre Erzählung geschehener Ereignisse',routiniert in ihr politisches Handeln. Die Autorin nimmt den Bestand aller Geschichtswerke auf, welche die Städte Freiburg, Bern, Luzern, Zürich und Basel zwischen 1350 und 1550 finanzierten. Neben den bekannten Chroniken etwa von Conrad Justinger in Bern oder von Diebold Schilling in Luzern zählen dazu Einträge in den Stadtbüchern, Lieder, Inschriften und Historienbilder. Die systematische Erhebung ermöglicht die Identifikation der Grundlagen, auf denen Historie ihre politische Wirkung zu entfalten vermochte. Zentral sind dabei die Wahrheitsbehauptung der Gattung und das Verhältnis zwischen Autoren und Obrigkeit. Dies zeigt die detaillierte Rekonstruktion der Entstehung der amtlichen Berner Chronik von Valerius Anshelm. Die Wechselwirkungen von Politik und Historie lassen sich paradigmatisch in der frühen Reformationszeit aufzeigen. Die Waffengänge von 1528 bis 1531, vom Zug der Unterwaldner in Berner Gebiet bis zum zweiten Kappelerkrieg, und die anschliessenden rechtlichen Auseinandersetzungen wurden von einem intellektuellen Kampf begleitet, der entscheidend auf den Gebrauch von Historie abstützte. Die Ableitung der politischen Funktionen von Geschichte aus dem Ineinandergreifen von Gattungsspezifika, Produzenten, Rezipienten und Ereignissen öffnet die Perspektive auf die longue durée staatlicher Geschichtspolitik, in der das Spätmittelalter von entscheidender Bedeutung ist.

Autorentext
Regula Schmid, Assoziierte Professorin für Geschichte des Mittelalters an der Universität Freiburg/CH. Forschungsgebiete: Politische Kulturen im Mittelalter: Bündnissysteme, kommunale politische Verfahren, Herrschaftsritual und -zeremoniell, Sozialgeschichte der politischen Führungsgruppen und Experten. Geschichte der historischen Ausdrucksformen, Geschichtspolitik in Mittelalter und Neuzeit.

Klappentext
Im Spätmittelalter wird der gezielte Einsatz von Historie ? in der zeitgenössischen Definition die «wahre Erzählung geschehener Ereignisse» in Wort oder Bild ? zum routiniert angewandten Bestandteil politischen Handelns kommunaler Regierungen.

«Geschichte im Dienst der Stadt» untersucht die Parameter, welche diese Entwicklung antrieben und bestimmten. Die regionale Bestandesaufnahme aller Geschichtswerke, die zwischen 1350 und 1550 aus den Kassen der Städte Freiburg, Bern, Luzern, Zürich und Basel finanziert wurden, und ihr Vergleich mit den amtlichen Historien Unterwaldens zeigen die Vielfalt der Formen und die auf unterschiedliche politische Kulturen verweisenden Entwicklungslinien. Gleichzeitig wird deutlich, dass sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts keine Stadt den Vorteilen dieser vormodernen «Geschichtspolitik» zu entziehen vermochte. Chronik, Einträge im Stadtbuch und Ereignislied, Historienbilder, Inschriften und szenische Darstellungen führten die Vergangenheit als wahres Geschehen den Nachfahren vor Augen und forderten sie zur Nachahmung auf. Erzählt wurde diese Geschichte von Männern, die sich so in den Dienst der jeweiligen Kommune zu stellen suchten. Zur vorläufigen Kulmination gelangte der politische Einsatz amtlicher Historien während der frühen Phase der Reformation in der Eidgenossenschaft. Die Waffengänge von 1528 bis 1531 wurden vorbereitet und begleitet von einem intellektuellen Kampf, der mit Hilfe aller im Lauf des Spätmittelalters entwickelten Darstellungsformen von Geschichte geführt wurde. Die Untersuchung nähert sich der «longue durée» staatlicher Geschichtspolitik an. Deren Wurzeln liegen ebenso wenig im 19. Jahrhundert allein wie die Wurzeln des «modernen» Staats. In beiden Fällen steht das ausgehende Mittelalter gleichberechtigt neben den Umbruchsphasen des 18. und 19. Jahrhunderts.


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